Junge Pflanzen stellen andere Ansprüche an das Substrat, als adulte Exemplare. Wer darauf bereits bei der Zusammensetzung der Aussaaterde Rücksicht nimmt, wird belohnt mit vitalen, widerstandsfähigen Keimlingen, die sich prächtig entwickeln. Herkömmliche Blumenerde ist für die Anzucht vollkommen ungeeignet. Spezielle Anzuchterde kommt den Erwartungen schon eher entgegen. Doch wer weiß wirklich, was sich darin so alles verbirgt? Geübte Hobbygärtner gehen lieber kein Risiko ein, und mischen ihre Aussaaterde selbst. Auf diese Weise stellen sie alle Komponenten exakt in einer adäquaten Dosierung zusammen. Wie Sie mustergültige Anzuchterde ab sofort selbst herstellen und sterilisieren, verraten die folgenden Zeilen.
Aussaaterde ist nicht gleich Blumenerde
In der Anzucht von Jungpflanzen übernimmt das Substrat spezifische Aufgaben, die längst erfüllt sind, wenn Blumenerde ins Spiel kommt. Kommen Samen in die Erde, versetzt der Hobbygärtner sie mit einer gezielten Pflege unter geeigneten Standortbedingungen in Keimlaune. Die Keimblätter zeigen sich und das Wachstum beginnt. Damit die sehr zarten Wurzeln sich bestens entwickeln, ist demzufolge ein gewisses Maß an Motivation erforderlich, die bei etablierten Pflanzen in dieser Form nicht mehr gefragt ist. Während bei Blumenerde die Nährstoffversorgung im Vordergrund steht, liegt der Fokus bei Anzuchterde auf folgenden Aspekten:
- Nährstoffarm, ohne mineralische Salze
- Locker, reich besetzt mit Mikroorganismen
- Frisch, nicht zu trocken, nicht zu nass
- Gut durchlässig und trotzdem fähig zur Wasserspeicherung
Diese Erwartungen an die Aussaaterde signalisieren auf den ersten Blick, dass Blumenerde sie nicht erfüllen kann. Bereits der darin enthaltene Dünger würde jeglichen Versuch einer Anzucht erheblich behindern, wenn nicht gar zunichte machen. Die mineralischen Salze sind für feine Keimlingswurzeln viel zu scharf. Darüber hinaus würden sich die Jungpflanzen kaum noch um eine Ausbildung ihres Wurzelsystems kümmern, mit einem Berg von Nährstoffen unmittelbar vor jeder Wurzelspitze.
Klassische Mischung auf der Basis von Torf
Ein einfaches Gemenge, das immer passt, setzt auf Torf als die zentrale Komponente.
- 3 Teile Torf
- 2 Teile Quarzsand
- 1 Teil Algenkalk
Aufgrund seiner luftigen Konsistenz gilt Torf als das ideale Medium für Aussaaterde. Torf ist in der Lage, bis zu 75 Prozent seines Eigengewichtes in Form von Wasser zu speichern. Zugleich ist das Material nährstoffarm und sauer, sodass Hobbygärtner jede Menge Spielraum haben, weitere Zutaten beizugeben.
Anzuchterde ohne Torf
Der jahrzehntelange Raubbau an Mooren führt dazu, dass in wenigen Jahren kein Torf mehr in der Natur vorhanden sein wird. Demzufolge orientieren sich umweltbewusste Hobbygärtner um und entscheiden sich für Torf-freie Aussaaterde. Ein singuläres Torf-Äquivalent konnte bislang nicht entdeckt werden. Bewährt hat sich vielmehr eine Kombination aus natürlichen Füllstoffen und Gartenerde.
Kompost
Grünschnitt, Gartenabfälle, Küchenrest und anderer Bioabfall werden von fleißigen Regenwürmern und Mikroorganismen in gehaltvollen Humus verwandelt. Das Resultat ist ein wertvoller Torfersatz und Bodenhilfsstoff, der zugleich Stickstoff, Kalium, Phosphor und Magnesium enthält.
Rindenhumus
Werden Nadelholzrinden von Kiefern und Fichten über Jahre hinweg kompostiert, entsteht ein begehrtes Material für hochwertige Aussaaterde. Rindenhumus wirkt sich stabilisierend aus auf die Struktur eines jeden Substrats, ohne die Durchlässigkeit zu behindern. Darüber hinaus tummeln sich auch hier jede Menge nützlicher Mikroorganismen.
Kokosfasern
Die Hüllen von Kokosnüssen werden zu Fasern verarbeitet und ergeben ein luftig, leichtes Basismaterial für qualitätsvolle Anzuchterde. Arm an Nährstoffen, verhindern sie in der Kombination mit anderen Torfersatzstoffen eine unerwünschte Kumulation von Stickstoff & Co. Kokosfasern tragen somit wesentlich zur unverzichtbaren Auflockerung jeglichen Substrats bei. Der Fachhandel bietet das Material in handlichen Blöcken an, die in Wasser aufgelöst werden und sich um das sechsfache Volumen ausdehnen.
Holzfasern
Vergleichbar mit Holzhäcksel, sind Holzfasern die verfeinerte Version davon. Wie Kokosfasern, tragen sie zur luftigen Konsistenz von Aussaaterde bei, wobei sie sich rascher zersetzen. Darüber hinaus punktet das Material mit einem niedrigen pH-Wert und minimalen Nährstoffen. Beim Kauf von Holzfasern sollten Sie darauf achten, dass es ausschließlich unbehandeltem Sägeholz entstammt.
Sand
Eine gute Aussaaterde kann auf Sand als mineralischen Zuschlagstoff nicht verzichten. Er enthält keine Nährstoffe, verrottet nicht, beugt Staunässe vor, verleiht dem Substrat insgesamt Struktur und dem Topf Standfestigkeit.
Es ist nicht zwingend erforderlich, sämtliche vorgestellten Komponenten einer Anzuchterde beizugeben. Einen Einfluss auf die Zusammenstellung nimmt natürlich die Art der Pflanze, die herangezogen wird. Handelt es sich beispielsweise um einen Starkzehrer für den Nutzgarten, wie Paprika oder Rosenkohl, sollte ein kleiner Anteil Kompost Nährstoffe liefern. Für die Aussaat von Kresse oder anderen Schwachzehrern, werden Sie auf Nährstoffe eher verzichten wollen.
Anzuchterde selber mischen
Anzuchterde für Starkzehrer
- Kompost (30 %)
- Gartenerde (10 %)
- Holz- oder Kokosfasern (40 %)
- Rindenhumus (10 %)
- Sand (10 %)
Anzuchterde für Mittelzehrer
- Kompost (20 %)
- Rindenhumus (10 %)
- Holz- oder Kokosfasern (55 %)
- Sand (15 %)
Anzuchterde für Schwachzehrer
- Rindenhumus (5 %)
- Holzfasern (40 %)
- Kokosfasern (40 %)
- Sand (15 %)
Wahlweise kann allen Mischungen noch ein wenig Algenkalk, Gesteinsmehl oder Holzkohleasche zugegeben werden, als Prophylaxe gegen einen Pilzbefall.
Pikiererde ein wenig aufdüngen
Die Vereinzelung stellt bei der Anzucht der großen Mehrheit aller Pflanzen eine Etappe dar zwischen der Aussaat und der endgültigen Auspflanzung in Beet oder Kübel. Während die feine Struktur der Erde unbedingt beibehalten werden sollte, damit die nach wie sehr zarten Wurzeln der Keimlinge gut anwachsen, dürfen nun gerne verschiedene Nährstoffe hinzugefügt werden. Bewährt haben sich für diesen Bedarf Hornspäne und Hornmehl als wichtige Stickstofflieferanten, weil diese sich gut dosieren lassen. Gründlich durchgesiebter Kompost bietet sich ebenfalls an. Ansonsten ändert sich für die Herstellung von Pikiererde nichts gegenüber der bis dahin verwendeten Aussaaterde.
Spezialmischungen für exotische Pflanzen
Wer sich in der Hobbygärtnerei der Kultivierung ausgefallener Pflanzen aus fremden Erdteilen widmet, gibt sich in der Regel nicht zufrieden mit Anzuchterde für einheimische Gewächse. Je detaillierter die Substratmischung die exotischen Ansprüche fremdländischer Pflanzen trifft, desto größer sind die Erfolgsaussichten für die Anzucht. Die folgenden Beispiele liefern einen ersten Überblick:
Karnivoren
Fleischfressende Pflanzen, wie die Venusfliegenfalle, entnehmen ihrem Substrat keine Nährstoffe. Sie verwerten ausschließlich lebende Beute, um sich zu ernähren.
- Weißtorf (70 bis 80 %)
- Quarzsand (5 bis 10 %)
- Perlite (5 bis 10 %)
- Sphagnum (5 bis 10 %)
In Aussaaterde für Karnivoren darf nicht der geringste Anteil an Humus oder Nährstoffen enthalten sein. Darüber hinaus ist die Keimfreiheit von essenzieller Bedeutung.
Kakteen
Für die Anzucht von extrem schwach zehrenden Kakteen bietet sich eine sehr preisgünstige Variante für das Substrat an, das Katzenbesitzer ohnehin bereits im Haus haben.
- Katzenstreu auf mineralischer Basis
- Perlite
- Bimskies
Die besondere Fähigkeit zur Speicherung von Wasser qualifiziert Katzenstreu (kein Klumpstreu) zur Verwendung als Aussaaterde. Es kann als alleiniges Substrat verwendet werden oder vermischt mit Perlite bzw. Bimskies. Wichtig ist die Abwesenheit jeglicher Nährstoffe, weil sich andernfalls die genügsamen Wurzeln eines Kaktus erst gar nicht auf die Suche begeben nach Nahrung.
Orchideen
Wer die Kunst beherrscht, seinen Orchideen reife Samen zu entlocken, wird diese zweifellos nicht mit handelsüblicher Aussaaterde konfrontieren. Insbesondere für die Anzucht der so beliebten Epiphyten dürfte sich die Entscheidung für eigenhändig hergestelltes Substrat auszahlen. Zwei Komponenten stehen hierbei im Vordergrund. Pinienrinde ist ausgesprochen nährstoffarm und bietet den Wurzeln der Keimlinge von Beginn an Halt. Darüber hinaus ist das natürliche Material im späteren Verlauf der Kultivierung problemlos mit Düngemitteln anzureichern. Sphagnum, das populäre Torfmoos, nimmt in der Pflege von Orchideen breiten Raum ein und hat sich in der Anzucht bestens bewährt. Beide Materialien ergänzen sich ganz ausgezeichnet für die Anzucht der meisten Orchideenarten. Durch die Zugabe von ein wenig Holzkohleasche beugen Sie einer Pilzinfektion effektiv vor.
Protea – Zuckerbüsche
Hobbygärtner, die sich der Herausforderung einer Protea stellen, werden bereits bei der Wahl geeigneter Anzuchterde nichts dem Zufall überlassen wollen. Die in Südafrika beheimateten Silberbaumgewächse bewegen sich in der Kultivierung zweifellos auf dem Schwierigkeitsniveau von Orchideen. Erfahrene Hobbygärtner, die Aussaaterde selbst herstellen, plädieren für die Verwendung von Vermiculit, einem Tonmineral, das kombiniert wird mit Lavagranulat und einem Hauch von Nährstoffen.
- Vermiculit (40 bis 50 %)
- Rindenhumus (20 bis 30 %)
- Lavagranulat (20 % bis 30 %)
Sterilisieren ohne viel Aufwand
Selbst hergestellte Anzuchterde sollte vor der Verwendung unbedingt noch sterilisiert werden, um eine Verseuchung durch Pilzsporen, Insekteneier oder Viren sicher auszuschließen. Das gilt gleichfalls für fertig gekauftes Substrat. Zu diesem Zweck ist kein umständlicher Aufwand erforderlich, denn die erforderlichen Geräte befinden sich bereits in Ihrer Küche in Form des Backofens, der Mikrowelle oder eines Schnellkochtopfes.
- Eine feuerfeste Form mit Anzuchterde füllen
- Den Deckel nur locker darüber legen
- Für 30 Minuten in den Backofen bei 180 Grad Celsius
- Alternativ für 10 Minuten bei 800 Watt in die Mikrowelle
- Im Schnellkochtopf für ca. 60 Minuten dämpfen
Im Anschluss an die Abkühlung sollte die Erde sogleich für die Aussaat verwendet werden. Andernfalls ist es ratsam, sie luftdicht aufzubewahren, damit sich doch noch Insekten oder Sporen einschleichen.
Stehen Sie vor der Aufgabe, eine größere Menge an Anzuchterde zu verarbeiten, liefert Ihnen ein einfacher Test Aufschluss darüber, ob die Sterilisierung überhaupt erforderlich ist. Sie entnehmen dem Substrat eine Probe und säen darauf Kresse aus. In gesunder Aussaaterde keimt die Kresse innerhalb von 3 Tagen und entwickelt in einer Woche weiße, gesunde Wurzeln. Ist das nicht der Fall, kommen Sie um eine Sterilisation im Backofen oder der Mikrowelle nicht herum.
Fazit
Einzig Anzuchterde in bester Qualität bietet Samen und Keimlingen einen guten Start ins Leben. Statt die Unwägbarkeiten handelsüblicher Produkte in Kauf zu nehmen, stellen erfahrene Hobbygärtner Aussaaterde selbst her. Bereits eine einfache Torf-Sand-Mischung mit ein wenig Algenkalk liefert gute Ergebnisse. Umweltbewusste Freizeitgärtner meiden die Verwendung von Torf zugunsten nachwachsender Füllstoffe und werten die Aussaaterde bei Bedarf mit einer kleinen Dosis Nährstoffe auf. Diese Methode bietet zugleich reichlich Spielraum, um eine individuelle Hausmischung zu entwickeln, abgestimmt auf die Bedürfnisse der kultivierten Pflanzenart. Wer die abschließende Sterilisierung im Backofen oder der Mikrowelle nicht versäumt, wird belohnt mit selbst hergestellter Anzuchterde in Premium-Qualität.