Auf der Suche nach fast vergessenen Gewächsen – die einen Gärtner schwören darauf, die anderen winken gelangweilt ab und blättern weiter im bunten Katalog mit kindskopfgroßen Himbeeren. Wer hat Recht? Wie immer gibt es keine eindeutige Antwort, der Kenner schweigt zur Debatte und sucht sich die Gewächse heraus, die in seinem Garten problemlos gedeihen und dazu noch Mehrfachnutzen bringen, was bei Obstbaumsorten mit langer Geschichte wie der Felsenbirne recht häufig ist.
Was ist eigentlich eine Felsenbirne?
Die Felsenbirnen stellen eine ganze eigene Pflanzengattung mit botanischem Namen Amelanchier, zu der insgesamt 25 verschiedene Arten von Felsenbirnen gehören. Diese Pflanzengattung gehört wie unsere Äpfel und Birnen zu den Kernobstgewächsen. Darauf deutet der schöne botanische Gattungsname „Amelanchier“ auch bereits hin: Den Anfang bildet die französische (provencalische) Bezeichnung „amelanche“ für die Früchte der Felsenbirne, das bedeutet ganz simpel „Äpfelchen“ und kommt aus dem keltisch-gallischen Sprachbereich – wahrscheinlich wuchs die Felsenbirne auch schon bei den alten Galliern, die erste schriftliche Erwähnung, die gefunden wurde, stammt von 1549. Dazu kommt der französische Anhang für Baum, das „ier“, so wie aus dem „pomme“ (Apfel) ein „pommier“ (Apfelbaum) entsteht.
Die Felsenbirnen haben also in Bezug auf ihre Popularität schon bessere Zeiten gesehen, unverständlicherweise, denn unsere Vorfahren haben mit ihrer Wertschätzung der Felsenbirnen guten Geschmack bewiesen. Es wird also höchste Zeit, dass sich das ändert, die Felsenbirnen haben nämlich eine ganze Menge zu bieten:
Die Felsenbirne – ein Gehölz mit mehrfachem Nutzen
Felsenbirnen wachsen als verholzende Sträucher, die sich zunächst einmal im Frühjahr mit einer wahren Flut bezaubernd filigraner weißen Blüten fast komplett bedecken. Aus diesen Blüten reifen Früchte heran, klein wie Blaubeeren, aber noch dunkler, purpur-schwarz könnte man sagen. Diese Früchte sind Anfang August voll von süßem, köstlichen Aroma, sie können frisch vom Strauch gepflückt und gegessen werden, sind aber auch getrocknet ausgesprochen lecker, ähnlich den Rosinen. Im Herbst hat der Baum dann nochmals reiche Dekoration zu bieten: Seine Blätter färben sich aufregend orange-rot, so wird die Felsenbirne zu einem echten Eye-Catcher.
Von den verschiedenen Arten der Felsenbirne ist der Großteil in Nordamerika heimisch und noch heute verbreitet. Zwei Arten kommen aus Asien, und nur die oben erwähnte Gewöhnliche Felsenbirne (Amelanchier ovalis) der Kelten und Gallier hat ihre Heimat in Mitteleuropa. Was aber nicht bedeutet, dass sich nicht andere Felsenbirnen auch schon seit langer Zeit bei uns wohlfühlen, bereits 1782 beschrieb ein Schweizer Botaniker die Amelanchier lamarckii in seiner Heimat, Anfang des 19. Jahrhunderts hatte sie Teile Nordwest-Europas als Obstgehölz erobert und kam mit den klimatischen Bedingungen so gut zurecht, dass sie auswilderte. Ebenso wohl fühlt sich die nordamerikanische Kahle Felsenbirne (Amelanchier laevis) bei uns, und es gibt noch andere Felsenbirnen aus Nordamerika und Kanada, die auch bei uns gedeihen.
Die Pflege der Felsenbirne
Über die Pflege einer Felsenbirne gibt es eigentlich nicht sehr viel zu erzählen, was erfahrene Gärtner sofort begeistert, es deutet nämlich darauf hin, dass es sich um eine eher anspruchslose Pflanze handelt. Genügsam ist die Felsenbirne wirklich, hier ihre Ansprüche in Stichpunkten:
- Felsenbirnen wachsen so ziemlich überall, im Hausgarten oder auf einem felsigen Untergrund, wenn nur der Boden locker und wasserdurchlässig ist.
- Sie mögen einen Standort in der Sonne, gedeihen aber auch im Halbschatten, nur im Schatten lässt die Blüte nach.
- Weder Dünger noch zusätzliche Wassergaben sind bei einer gut eingewurzelten Felsenbirne unbedingt erforderlich.
- Die Jungpflanze freut sich jedoch über eine gleichmäßige Bewässerung während ihrer ersten Wochen am Standort.
- Dabei sollte Überwässerung vermieden werden, auch merkbarer Staunässe sollte die Jungpflanze nicht länger ausgesetzt werden.
- Wenn die Felsenbirne ihren Standort erst einmal angenommen hat, ist nur noch in längeren Hitzeperioden eine zusätzliche Bewässerung gefragt.
- Die Felsenbirne überwintert auch als Jungpflanze ohne jedes Problem im Freien, auch die Arten aus Nordamerika sind einiges an Kälte gewohnt.
- Gepflanzt werden können die Felsenbirnen im Frühjahr und im Herbst, in einen gut aufgelockerten Boden, mit etwas Angießen.
- Wenn eine ältere Pflanze etwas nachlässt, können Sie ihr mit etwas Kompost und Kalk eine zurückhaltende Düngung zukommen lassen.
Wie leicht eine Felsenbirne zu pflegen ist, kommt jedoch im Wesentlichen darauf an, wie nachhaltig sie gezogen wurde. Wenn Sie irgendeine Felsenbirne übers Internet bestellen oder im nächsten Garten-Discount erwerben, haben Sie keine Möglichkeit, die Aufzuchtbedingungen und die schädlingsfreie Auslieferung zu überprüfen. Es gibt sogar immer wieder Erfahrungsberichte zu lesen, dass bei solchen Käufen noch nicht einmal die ausgewiesene Sorte im Topf war.
Schneiden der Felsenbirnen
Auch hier zeigt sich die Felsenbirne erfreulich genügsam, sie braucht nämlich im Zweifelsfall überhaupt keinen Schnitt. Es tut der Felsenbirne sogar ausgesprochen gut, nicht beschnitten zu werden, da sie so ihren vollen Blütenreichtum ausbilden kann. Die Felsenbirne gehört zu den wenigen Gehölzen, die ganz von alleine eine sehr dekorative und für einen Hausgarten ausreichend kompakte natürliche Form entwickelt, deshalb muss sie noch nicht einmal in den ersten Wachstumsjahren in eine Grundform geschnitten werden.
Nur wenn Ihre Felsenbirne irgendwann einmal viele Jahre „auf dem Buckel“ hat, könnte sie langsam ein wenig unförmig werden. Dann können Sie sie durch Rückschnitt wieder in Form bringen, es schadet auch nicht, wenn Sie schon vorher regelmäßig die ältesten Triebe herausnehmen. Sie können die Felsenbirne aber auch völlig unbeschnitten altern lassen und ihr dann irgendwann einen Verjüngungsschnitt gönnen: In diesem Fall kürzen Sie im ersten Frühjahr etwa die halbe Zweigmasse auf die Hälfte, im nächsten Jahr ist dann die andere Hälfte dran.
Die Radikalität dieses Verjüngungsschnittes zeigt sehr gut, dass die Felsenbirne zwar nicht beschnitten werden muss, aber sehr gut beschnitten werden kann, wenn Sie es möchten. Ob Sie es möchten, hängt natürlich auch davon ab, wo die Felsenbirne steht und welche Funktion sie in Ihrem Garten hat:
Felsenbirnen für Hecken und Vogelschutzhecken
Wie gesagt, gibt es auch im hiesigen Handel einige Arten Felsenbirnen zu erwerben, und jede hat ihre eigenen Vorzüge. Für die ihr Grundstück begrenzende Hecke bzw. Vogelschutzhecke sind am besten die Kupferfelsenbirnen bzw. die Gewöhnlichen Felsenbirnen geeignet:
- Wenn Sie Ihr Grundstück mit einer Schnitthecke umgrenzen möchten und sich für eine Kupfer-Felsenbirne entscheiden, haben Sie im Frühjahr eine wunderschön blühende Hecke rund ums Grundstück und im Herbst eine leuchtende Farbenpracht. Allerdings sollten Sie sich nur für eine Felsenbirne entscheiden, wenn Sie mit einer etwas freier wachsenden Hecke leben können bzw. möchten, für einen militärischen Quadratschnitt wäre die Felsenbirne zwar an sich geeignet, Sie würden aber jeweils den Großteil der Blütentriebe kürzen und damit einen der Hauptvorteile, die zur Auswahl der Felsenbirne geführt haben, einfach wegschneiden. Je freier die Kupfer-Felsenbirne ihre Triebe entwickeln kann, desto reichlicher werden die BBBB und damit auch die Ernte der süßen Früchte werden. Wenn Ihre Hecke eher niedrig bleiben soll, könnten Sie sich auch für eine Ähren-Felsenbirne (Amelanchier spicata) entscheiden, die nicht höher als 2 Meter wird.
- Deshalb ist die Kupfer-Felsenbirne auch ein hervorragendes Gewächs für eine Vogelschutzhecke rund um Ihr Grundstück, wenn Sie auch selbst Früchte ernten möchten. Eine Vogelhecke setzt sich zusammen aus verschiedenen früchtetragenden Heckenpflanzen, die als einheimische Gehölze in das ökologische System vor Ort eingebunden sind. Sie stellen einheimischen Vögeln und Insekten Astwerk und Blätter, Blüten und Früchte zur Verfügung, die von diesen als Nahrung und/oder Brutstätte genutzt werden. Damit der Nestbau erleichtert wird und die Gehölze Vögeln und Insekten genügend Schutz bieten, dürfen Vogelschutzhecken frei wachsen, und diese Wuchsform kommt einer Kupfer-Felsenbirne sehr entgegen.
Wenn Sie die Früchte edelmütig ganz den Vögeln überlassen möchten, sollten Sie sich für eine Gewöhnliche oder Gemeine Felsenbirne (Amelanchier ovalis) entscheiden: Diese einzige aus Europa stammende Felsenbirne ist auch die, die von unserer einheimischen Tierwelt am besten angenommen wird – Es soll gleich 21 Vogelarten geben, die sich von dieser Felsenbirne ernähren.
Die Felsenbirne als Solitär
Eine Felsenbirne macht sich aber auch sehr gut als Einzelstrauch im Garten, am richtigen Standort und bei richtiger Aufzucht wird sie zum aufregenden Blickfang heranwachsen. Für die Aufzucht am Einzelstandort eignen sich im Grunde alle bei uns angebotenen Felsenbirnen, jede hat Ihre eigenen Vorzüge in Bezug auf Blütenreichtum und -färbung, Wohlgeschmack und Größe der Früchte, Wüchsigkeit und Gesamtgröße anzubieten, Sie können sich aus dem unten gegebenen Überblick über die Sorten Ihren Liebling heraussuchen.
Wichtig ist bei der Pflanzung als Solitär nur, dass Sie sich in der Baumschule eine Felsenbirne aussuchen, die bereits bei der Aufzucht als Solitärstrauch gezogen wurde. Eine solche Solitärpflanze bekommt schon in der Baumschule ausreichend Platz, wird also mit beträchtlichem Abstand zu ihren Nachbarpflanzen aufgezogen. Bei einer als Solitärstrauch einzusetzenden Felsenbirne wurde weiter darauf geachtet, dass das Gehölz ausreichend viele Triebe in Bodennähe ausbildet hat, die sich nebeneinander und gleichmäßig entwickeln. Nur so wächst diese Felsenbirne bei Ihnen im Garten als prächtiger, ausgewogener Strauch heran, der sich nach allen Seiten üppig ausbreitet.
Die Felsenbirne als Hausbaum
Die Felsenbirne wird auch gerne als Hausbaum gesetzt, auch hier können Sie sich aus dem Überblick unten die Sorte heraussuchen, die mit der zu erwartenden Gesamthöhe und -breite und von ihrem sonstigen Wuchsmerkmalen her am besten in Ihren Garten passt. Hier suchen Sie entweder gleich in der Baumschule nach einem Heister, oder ziehen sich eine junge Felsenbirne selbst zu einem Baum mit Krone.
Die Felsenbirne als Obstspender
Wie gesagt gehören die Felsenbirne zu den Kernobstgewächsen, ebenso wie Äpfel und Birnen, und damit in die Gruppe der so richtig urwüchsigen Obstgehölze in unseren Breiten. Das gilt umso mehr, wenn man sich einmal vor Augen hält, dass es so viele Kernobstgewächse überhaupt nicht gibt, die bei uns geerntet werden können: Neben den genannten zählen nur die Quitten (Cydonia) und inzwischen vielleicht noch die Apfelbeeren (Aronia) zu den bekannteren Kernobstgewächsen. Mispeln (Mespilus) und Ebereschen (Sorbus) gehören zwar auch zum einheimischen Kernobst, bereichern aber kaum mehr einen Obstteller oder ein Marmeladenglas (hier gibt es für Obst-Fans also noch mehr zu entdecken).
Von einem Apfel vermuten die Wissenschaftler heute, dass er eine wahre Unmenge (die Zahlen ändern sich laufend, um mehrere Hundert geht es wohl auf jeden Fall) sekundäre Pflanzenstoffe enthält, bei den Birnen sieht es ähnlich aus, und deshalb ist es sicher nicht vermessen zu vermuten, dass auch die Felsenbirnen einige dieser wundersamen Stoffe entwickelt haben – die zwar noch nicht erforscht sind, aber immerhin als derart nützlich gelten, dass nach einem englischen Sprichwort „ein Apfel am Tag den Doktor aus dem Haus hält“.
Auf jedem Fall zählen Äpfel und Birnen zu den Geschmäckern, zu denen wir eine Art Urvertrauen haben, und wenn es Felsenbirnen bei uns auch schon ewig gibt, müsste uns dieser Geschmack instinktiv eigentlich auch vertraut sein. Auch wenn das nicht so sein sollte (die Quittenmarmelade mussten viele Menschen auch ganz neu entdecken) – es ist sicher keine schlechte Idee, die Obstauswahl um eine Felsenbirne zu erweitern. Wenn Sie Wert auf eine reiche Ernte legen, ist die Felsenbirne Amelanchier „Ballerina“ die beste Wahl.
Überblick über die angebotenen Sorten der Felsenbirne
In gut sortierten Baumschulen finden Sie mehrere Sorgen Felsenbirnen:
- Ähren-Felsenbirne (Amelanchier spicata)
- Kupfer-Felsenbirne (Amelanchier lamarckii)
- Kahle Felsenbirne (Amelanchier laevis)
- Einheimische Gemeine Felsenbirne (Amelanchier ovalis)
- Felsenbirne Amelanchier „Ballerina“: Hybride aus A. laevis + A. lamarckii
- Kanadische Felsenbirne (Amelanchier alnifolia): Verschiedene Hybriden
- Baumfelsenbirne (Amelanchier arborea „Robin Hill)
Jede dieser Sorten hat eigene Vorzüge, nur die Früchte schmecken bei fast allen gut.
Fazit
Was immer Sie von einer Felsenbirne in Ihrem Garten erwarten, sie wird es mitmachen, Sie müssen sich nur die richtige Sorte aussuchen. Die Früchte sind bei den meisten Sorten so köstlich, dass Sie sich beeilen müssen, um den Vögeln bei der Ernte zuvorzukommen, und kenntnisreiche Heilkundige machen nicht nur Fruchtjoghurt oder Marmelade aus den Früchten, sondern setzen sie zur Blutdrucksenkung, gegen Entzündungen oder als Schlafregulator ein.