Streuobstwiesen sind altes Kulturgut, jedoch immer seltener zu finden. Zu unserem Schaden: Der Dorfbewohner kann sich nicht mehr am Dorfrand mit Frischobst versorgen, der Stadtbewohner kommt von der Landpartie nicht mehr mit neuen Erfahrungen und köstlicher Ernte heim, im Supermarkt sind von ein paar Tausend Apfelsorten noch eine Handvoll erhältlich, während viele alte Sorten vom Aussterben bedroht sind. Hier erfahren Sie, wie Sie eine Streuobstwiese anlegen und ob es dafür eine Förderung gibt.
Die Planung der Streuobstwiese – gibt es Förderung?
Zunächst steht ein wenig Planung an, zum Beispiel sollten Sie genügend Freizeit einplanen, um das ganze Unternehmen „Anlage einer Streuobstwiese“ ohne Hetze genießen zu können. Sie brauchen Zeit, um die geeignete Fläche auszuwählen, jedenfalls wenn die Streuobstwiese nicht vor Ihrer Haustür liegen soll – bei richtiger Disposition werden das einfach ein paar wunderbare Ausflüge in die Umgebung.
Sie sollten sich bei der Planung im Vorfeld auch schon mit dem regelmäßigen Zeitaufwand beschäftigen, denn eine Streuobstwiese braucht etwas Pflege, damit die Obstbäume einen befriedigenden Ertrag bringen. Am besten legen Sie sich nach Auswahl der Sorten einen vorläufigen Pflegeplan an, der Ihnen einen ersten Überblick über den Zeitaufwand gibt. Der Baumschnitt wird wohl die meiste Zeit in Anspruch nehmen, dann sind regelmäßige Kontrollen erforderlich (Wildverbiss, Baumpflege, Schädlingssuche), eventuell Bewässerung und weitere Gestaltung (z. B. Nistkästen anbringen), und die schöne Zeit der Ernte ist natürlich zeitlich einzurechnen.
Dann sollten Sie schon vorher ergründen, ob Sie für die Anlage Ihrer Streuobstwiese eine Förderung bekommen können, wie es in vielen Bundesländern der Fall ist. Die Förderung kann sogar aus mehreren Töpfen kommen, hier die Regelungen in Bayern als Beispiel:
- Eine Streuobstwiesen-Neuanlage kann nach den Landschaftspflege- und Naturparkrichtlinien Bayerns gefördert werden, bis zu 70% Kosten für Material und Bäume
- Bestehende Streuobstwiesen werden vom Bayerischen Vertrags-Naturschutzprogramm gefördert, wenn der Betreiber auf Rindenkalkung und Pflanzenschutzmittel verzichtet und Totholz nicht entfernt. Informationen gibt es hier beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten des jeweiligen Regierungsbezirkes.
- Dann gibt es noch ein Kulturlandschaftsprogramm, das eventuell auch Streuobstwiesen fördert, Informationen sind beim Bayerischen Staatsministeriums erhältlich.
- Das Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat in Bayern die Aktion „Mehr Grün durch ländliche Entwicklung“ ins Leben gerufen, wenn Sie Glück haben, werden 100 % der Kosten der Neuanlage einer Streuobstwiese übernommen.
Das war nur ein Exempel für die Vielfältigkeit der Förderung, für Ihr Bundesland finden Sie die Fördermöglichkeiten schnell über das Internet heraus. Oder Sie gehen einfach zu Ihrem örtlichen Umweltamt bzw. Naturschutzamt, dort wird man Ihnen sicher auch gerne weiterhelfen.
Wenn Sie die Planung hinter sich haben, geht die Erstellung eines Pflanzplans schon viel besser von der Hand, die Anlage der Streuobstwiese startet mit der Suche nach dem richtigen Standort in ihre erste Phase. Darauf kommt es an:
Standort und Größe der Streuobstwiese
Eine Streuobstwiese wird sich gut entwickeln, wenn Sie auf einen tiefgründigen, humusreichen und gut durchlüfteten Boden achten, und auf eine windgeschützte und sonnige Lage. Gerne darf der Boden lehmig sein, gerne lassen sich die Obstbäume an einem leichten Hang anpflanzen.
Sehr gut kann eine Streuobstwiese auf Grünland angelegt werden, Sie können aber auch Obstbäume entlang eines Feldwegs oder sogar einer kleinen Straße anpflanzen (bei der Straße müssen Sie dann aber einen Mindestabstand von 3 Metern zum Rand der Fahrbahn einhalten).
Wenn Sie bedrohte Arten wie den Gartenrotschwanz oder Gesangsstars wie den Neuntöter auf Ihrer Streuobstwiese sehen möchten, sollte die Wiese mindestens 3 Hektar groß werden (für Nicht-Landwirte: 30.000 Quadratmeter, also z. B. 250 x 120 Meter). Wertvollen neuen Lebensraum bietet jedoch jede Fläche, die mit Obstbäumen bepflanzt wird, auch kleinere Flächen bieten Wildtieren ein neues Zuhause und machen die Landschaft ein wenig attraktiver.
Auf der Fläche werden nun im Pflanzplan die Bäume verteilt: Zwetschgen, Sauerkirschen und die meisten Wildobstbäume im Abstand von mindestens acht Metern; Äpfel, Birnen und Walnüsse sollten mindestens 15 Meter Abstand zum nächsten Baum einhalten. Sie können die Bäume in Reihe pflanzen, dann aber bitte mit variablen Abständen, sonst könnte es sein, dass der eine Baum den nächsten beschattet bzw. ihm das Wasser nimmt. Natürlich können die Bäume auch einfach auf der Fläche verstreut werden, sicher die attraktivere Version, wenn Sie mit Ihrer Streuobstwiese „ein wenig mehr Natur“ in Ihre Umgebung bringen möchten.
Auf Flächen mit sehr trockenen Sandböden oder sehr schweren, verdichteten und dauerfeuchten Böden werden sich die Obstbäume wahrscheinlich nicht so wohl fühlen, schattige Mulden und windige Höhenlagen sind ebenfalls nicht sehr gut geeignet. Wenn Ihnen aber nur solche Flächen zur Verfügung stehen, können Standortnachteile ein wenig durch die Auswahl bestimmter Obstbaumarten bzw. Obstsorten ausgeglichen werden, dazu siehe gleich unten:
Die Obstbäume auf der Streuobstwiese
Grundsätzlich: Auf jeden Fall Äpfel, und niemals nie nur eine Obstbaumart in nur einer Obstsorte, die bunteste Streuobstwiese ist die ökologisch wertvollste (und leckerste) Obstwiese. Diese Kombinationen bieten sich an:
- Möglichst 60 bis 80 Prozent Apfelbäume, weil sie fast überall wachsen und besonders vielen Tieren nutzen.
- Eine typische Streuobstwiese wird mit anderem Obst ergänzt, am besten auch mit einigen Wildobstbäumen, folgende Sorten mit folgenden Besonderheiten stehen zur Auswahl:
- Das erste empfehlenswerte Wildobst ist der Holzapfel, Baum des Jahres 2013 und Ur-Apfel, ebenso genügsam wie seine Nachfahren.
- Zwetschgen wachsen wie Äpfel fast überall, sogar auf feuchten Böden (nach meldepflichtiger Schrakakrankheit erkundigen, in betroffenen Regionen dürfen nur tolerante/resistente Sorten gepflanzt werden).
- Birnen gedeihen gut in warmen Lagen, sollten in Stadtnähe wegen der Gefahr eines Gitterrostbefalls (auf Obstwiesen kaum zu bekämpfen) jedoch nicht gewählt werden.
- Die Wildform ist die Holzbirne, die neben hohem ökologischen Nutzen heilende Tees und (in vielen Jahren) ausgesprochen kostbares Holz liefert.
- Kirschen können Standortnachteile ausgleichen, weil sie auch magere Kalkböden und kühle Höhenlagen tolerieren, kommen dafür aber nicht mit Staunässe zurecht.
- Quitten sind nur für warme Lagen geeignet, da sie besonders im Herbst frostempfindlich sind, sie mögen keine Staunässe und sollten in Regionen mit Feuerbrand nicht gepflanzt werden.
- Walnüsse mögen ebenfalls nur warme Standorte, weil sie empfindlich gegen Spätfröste sind.
- Die vom Aussterben bedrohten Speierlinge fühlen sich fast überall wohl, sogar bei Trockenheit, nur nasse Standorte mögen sie nicht. Interessanter Baum mit mehrfachen Nutzungsmöglichkeiten.
- Elsbeeren sind ebenfalls bedroht und ebenfalls spannend, sie mögen Sonne und Wärme und eher trockene Böden, die Früchte können gegart verwertet werden.
Die Auswahl der Obstsorten und der Baumschule
Die Ernte alter und seltener Obstsorten ist natürlich der eigentliche Gewinn, den Ihnen die Streuobstwiese bringt. Die Auswahl der gewünschten Sorten ist also das eigentliche Kernstück bei der Planung einer Obstwiese, und Sie sollten hier eine Menge Zeit einplanen, denn Sie werden sich sicher wundern, aus wie vielen Sorten Sie hier eine Auswahl treffen können: Von den einst 4.500 deutschen Apfelsorten können Sie rund 2.000 Sorten noch heute auf Ihrer Obstwiese anpflanzen! Zwetschgen, Birnen, Kirschen, Walnüsse, Quitten werden auch beileibe nicht nur in einer Sorte angeboten, und sogar bei den Speierlingen und den Elsbeeren können Sie aus mehreren Sorten wählen.
Die Auswahl sollte zunächst mit Blick auf die Standortbedingungen eingegrenzt werden, dann können Sie durch Auswahl und Kombination der Sorten Erntezeit und -länge bestimmen. Sie können vor allem Früchte auswählen, die frisch verzehrt werden, oder Früchte, die guten Saft ergeben. Die Mostobstsorten sind übrigens meist leichter zu pflegen als Sorten für den Frischverzehr. Wenn Sie jetzt noch nach Pollenzahl und -fruchtbarkeit und Blütezeit abgrenzen, und erkunden, ob es in Ihrer Region bestimmte erhaltenswerte regionale Sorten gibt, haben Sie alle wesentlichen Auswahlkriterien abgedeckt.
Sie finden im Internet umfangreiche Obstsorten-Datendanken mit alten Obstsorten, die von Naturschutzverbänden oder Obstbau-Zentren zur Verfügung gestellt werden, wie die Streuobstapfel-Datenbank des NABU (www.streuobstapfel.de) oder die Obstsortenblätter der Arche Noah, zum Download unter www.arche-noah.at/etomite/index.php. Ihre örtliche Umwelt-/Naturschutzbehörde kann Ihnen sicher Kontakte zu Streuobstbauern und Baumschulen, die alte Obstsorten verkaufen, vermitteln.
Anleitung zur Anlage der Streuobstwiese
Wenn all diese Vorbereitungen und Vorarbeiten erledigt sind, geht es endlich ans Pflanzen der Bäume. Hier Ihr Arbeitsplan, kurz in Einzelpunkten dargestellt:
- Der richtige Zeitpunkt zum Baumpflanzen ist der Herbst, bei gemäßigten Temperaturen, Sie sollten Ihre Obstbäume also dementsprechend bestellen. Im Herbst ist die Erde noch nicht gefroren, aber schön feucht, und die Bäume haben den ganzen Winter über Zeit, um anzuwachsen. Sie müssten nur beachten, dass die wurzelnackten Bäume weder bei Temperaturen unter 0 noch bei Wärme über 20 Grad transportiert werden möchten. Notfalls können Sie die Bäume nach der Abholung/Lieferung kurz lagern, an einem schattigen, kühlen Ort (denken Sie an Bewässerung!).
- Wenn die Bäume „griffbereit“ sind, können Sie das Einpflanzen vorbereiten. Sie brauchen für jeden Baum einen (naturbelassenen) Anbindepfahl, der so lang ist, dass er unterhalb des Kronenansatzes endet.
- Markieren Sie die Pflanzabstände und die Anordnung der Bäume auf dem Grundstück durch Holzpflöcke, wie Sie sie im Pflanzplan eingetragen haben.
- Heben Sie die Pflanzlöcher aus, mit Schaufel und kräftigen Muskeln oder mit einem Traktor mit Erdbohrer und Frontlader. Auch beim Einsatz eines Traktors muss der Spaten griffbereit sein, denn mit ihm stechen Sie zunächst den Grasoden aus, der zur Seite gelegt wird. Wie Sie im Einzelnen vorgehen, können Sie in Anleitungen zum Ausheben von Pflanzlöchern erfahren.
- Anschließend wird der Anbindepfahl gesetzt, auf der Seite, wo der meiste Wind auftrifft, und eventuell ein Wühlmauskorb angebracht. Wenn Sie den ganzen Baum mit einem Schutzgatter umgeben möchten (z. B. auf beweideten Wiesen), müssen Sie drei oder vier Pfähle setzen.
- Nun können Sie die Obstbäume pflanzen: Die Baumwurzeln werden auf das Einpflanzen vorbereitet, der Baum wird eingepflanzt und gleich beim Pflanzen zum ersten Mal gedüngt. Das Pflanzloch wird gefüllt, unter Erstellung eines Gießrands, und mit einem Eimer Wasser eingeschlämmt.
- Die Grasoden werden wieder aufgelegt, direkt am Stamm verkehrt herum, um das Graswachstum zurückzudrängen, außen mit der richtigen Seite nach oben. Sie werden festgetreten und gewässert.
- Der Baum kann nun mit einem Gurt oder einem Kokosstrick am Stützpfahl befestigt werden, der ihm die nächsten fünf Jahre zur Seite stehen sollte.
- Wenn das nicht schon in der Baumschule erledigt wurde, muss nun die Krone mit einem Pflanzschnitt versehen werden.
- Eventuell werden nun weitere Vorrichtungen zum Schutz der Bäume vervollständigt: Das Gatter zum Schutz vor Weidevieh wird fertig gebaut, wenn die Streuobstwiese als Viehweide genutzt werden soll, die Drahtumhüllung zum Schutz vor Wildverbiss wird angebracht, wenn das Grundstück nicht eingezäunt ist.
- Der Entwicklung einer übermäßigen Mäusepopulation, die das neu entstandene Obstparadies zur Aufzucht erstaunlicher Zahlen von Jungmäusen nutzt, beugen Sie durch Anbringung einiger Ansitzstangen für Greifvögel vor.
- Einem Schädlingsbefall durch Insekten können Sie vorbeugen, indem Sie nah an der/in der Streuobstwiese eine Vogelschutzhecke anlegen – die Vögel fressen die Schädlinge einfach auf, bevor diese an Ihr Obst gelangen. Wenn kein Platz für eine Hecke ist, ist die Anbringung von Nistkästen und Insektenhotels (Bestäuber!) eine Alternative.
- Völlig zu Recht triff der Punkt, ob man eine Streuobstwiese einzäunen kann/darf, auf die „‚Unglückszahl“ 13: Natürlich dürfen Sie Ihre Grundstücke im Allgemeinen mit einem Zaun versehen, aber eine Streuobstwiese eben nicht unbedingt, zumindest nicht, wenn Sie Förderung bekommen haben. Denn in der Mehrzahl der Förderungen ist in den Bedingungen vorgesehen, dass die Streuobstwiese öffentlich zugänglich ist, und wenn da auf einmal ein Zaun steht, könnte es schon sein, dass Sie Fördergelder zurückzahlen dürfen …
Fazit
Eine Streuobstwiese ist ein unbedingter Gewinn: Für Sie, für die Attraktivität Ihres Wohnortes, für die regionale Tierwelt. Wenn Sie noch mehr Argumente brauchen, denken Sie einfach nur daran, wie viel schöner unsere gesamte monotone Landwirtschaft durch viele blütenreiche Streuobstwiesen werden könnte … Wenn Sie Ihre Kinder zur Mithilfe bei der Anlage der Wiese bewegen möchten, brauchen Sie Ihnen wahrscheinlich nur erzählen, dass Fledermäuse gerne auf Streuobstwiesen fressen und nisten – hier gibt es also Twilight live.