Unsere Nachbarn haben auch zwei Weinreben. Sie schneiden gar nicht, ganz im Gegenteil, sie ziehen sich die Ranken meterweit an Gerüsten entlang. Trotzdem ernten sie jede Menge Trauben, jedes Jahr. Diese wachsen nicht an den langen Ranken, sondern nicht weit vom „Herz“ des Stockes entfernt, aber es sind viele. Das Laub ist zwar krank (jede Menge Pilze), aber die Beeren sehen gut aus und schmecken recht lecker. Das zeigt also, man kann auch reichlich ernten, ohne Schnitt. Besser für die Entwicklung und die Fruchtreife ist allerdings ein regelmäßiger Schnitt.
Allgemeine Regeln
- Der beste Zeitpunkt für einen Schnitt der Hauptreben ist im März.
- Wichtig ist, sehr sauberes und sehr scharfes Werkzeug zu verwenden.
- Zuerst muss die Weinrebe erzogen und aufgebaut werden. Erst dann wird geschnitten.
- Fruchtholz muss möglichst nah am alten Holz angeschnitten werden.
- Hinter der letzten abgezählten Knospe einen Stummel von 1 bis 2 cm stehen lassen. Der Stummel verhindert das Austrocknen der darunter liegenden Knospe.
- Schnitt schräg ansetzen, damit das gelegentlich austretende „Blut“ an darunter liegenden Knospen vorbeigeleitet wird.
- Triebe beim Schneiden nicht quetschen.
Schnitt der Weinrebe
Ich gehe hier einmal davon aus, dass eine korrekt erzogene Rebe geschnitten werden soll. In den ersten zwei bis drei Jahren dient der Schnitt meist ausschließlich der Erziehung der Traube. Dann müssen normale Schnittmaßnahmen durchgeführt werden. Das ist auch ein anderes Kapitel.
Schnitt Ende Februar oder Anfang März – Winterschnitt
- Nicht später schneiden als Ende Februar bis Anfang März. Ansonsten steigt der Saft in die Triebe. Dann können die Weinreben verbluten. Aus der Wunde tropft unter Umständen wochenlang der Saft. Das schwächt die Rebe. Sie wird anfällig für Krankheiten und Schädlinge.
- Vorjahresholz schneiden. Das sind die langen dünnen Triebe, meist gelb- oder rotbraun. Ihre Knospen sind innen grün (vorsichtig ankratzen). Sie werden auf 4 bis 6 Knospen eingekürzt.
- Reichlich früchtetragende Vorjahrestriebe sind dick, etwa wie ein Stift und befinden sich nah an einem dicken Stamm, wenn es schon ein Gerüst gibt. 5 bis 7 dieser „guten“ Triebe sind ausreichend pro Quadratmeter Rebstock.
- Man markiert diese schon geschnittenen Triebe und schneidet dann alle nicht gezeichneten Triebe am nächsten dicken Trieb ab, ohne das ein Zapfen stehen bleibt.
- Nach diesem Schnitt ist von der ursprünglichen Rebpflanze nur noch ein Zehntel übrig.
- Nun folgt der Feinschnitt: die verbliebenen Triebe im unteren Bereich werden auf 2 bis 3 Knospen eingekürzt. Die oberen bleiben wie sie sind. Man muss dann eine ungefähre Augenzahl von 20 pro Quadratmeter zusammen haben.
- Wilde Triebe am mehrjährigen Holz abschneiden
Ausbrechen im Frühjahr
Ausbrechen muss man, wenn die Neutriebe etwa 10 bis 30 cm lang sind. Das ist im Frühjahr der Fall. Günstig ist dieser Termin, dass auch eine Unkundiger den Weinstock in den Ausmaßen noch gut überblicken kann. Die Triebe werden durch etwas seitlich Druck abgestreift: Einfacher noch ist es, sie an der Basis zu umfassen und sie herauszureißen, natürlich mit Gefühl. Günstig ist, den Rebstock auch in den nächsten Monaten noch im Auge zu behalten und evtl. mögliche Kandidaten auszubrechen. Das geht ja fix und man benötigt auch keinerlei Werkzeug.
Unbedingt ausgebrochen werden müssen:
- Alle Wasserschosser, das heißt, alle Triebe die einfach aus dem Stammholz entspringen und nicht für den Aufbau des Rebstockes benötigt werden.
- Alle Triebe ohne sichtbaren Ansatz von Blütenständen, die aus geschnittenem Fruchtholz sprießen. Wichtig ist aber, mindestens einen stammnahen neuen Trieb zu lassen.
- Sollte es zu Doppel- oder Mehrfachtrieben aus einer Knospe kommen, wird der stärkste und am besten mit Fruchtansätzen bestückte Trieb belassen und alle anderen bricht man aus.
Der Sommerschnitt bei Weinreben
Der Sommerschnitt empfiehlt sich für hochwertige Tafeltrauben oder sehr gepflegte Spaliere. Besonders starkwüchsige Reben produzieren gerade in den ersten Jahren sehr viele lange Triebe. Das ist eine Zeitlang nicht schlecht denn die grüne Masse kräftigt den Rebstock. Allerdings werden es ohne Schnitt immer mehr und oft werden die vielen Triebe mit ihren Blattmassen lästig. Nun wird jedoch durch das Einkürzen die Bildung von Geiztrieben abgeregt. Sie wachsen aus den Blattachseln und werden manchmal extrem lang. Bei älteren Reben entfernt man diese Geiztriebe, bei Reben im Aufbau lässt man sie dran.
Wer gern einen übersichtlichen Weinstock möchte, einfach schön anzusehen, sollte einen Sommerschnitt durchführen. Ohne werden die Reben buschiger und wachsen vom Spalier weg. Ein Sommerschnitt verringert die Arbeit des Winterschnittes. Irgendwann werden die Triebe definitiv weggeschnitten.
Zum Sommerschnitt wird auch das Entlauben der Traubenzone gezählt. Das ist etwas sehr sinnvolles. Man entfernt die Blätter, welche die Trauben verdecken, macht praktisch Platz, damit die Sonne an die Trauben kommt. Wichtig ist, nicht alle Blätter auf einmal zu entfernen, denn sonst kann es zu Sonnenbrand kommen. Süßer werden die Trauben nicht, sie sehen aber besser aus, richtig durchgefärbt. Auch trocknen sie schneller, was dem Schimmelfall entgegenwirkt. Ich habe die Trauben meiner Nachbarn, welche auf unserer Gartenseite hingen, auch entlaubt. Im Ergebnis zeigten sich größere und blauere Trauben. Sie waren auch eher reif, als die auf der anderen Seite.
Verjüngungsschnitt bei Weinreben
Weinstöcke können uralt werden. Allerdings müssen sie dazu alle paar Jahre verjüngt werden, sonst tragen sie nicht mehr. Die jährlichen Schnitte und das knorrige Wachstum sorgt dafür, dass nach 5 bis 10 Jahren die Abgänge nicht mehr zu benutzen sind. Man verjüngt daher auf einen stammnahen Wasserschoss. Dieser aufrecht wachsende Trieb muss eingekürzt werden. Aus den Basisknospen dieses Triebes wachsen die künftigen Fruchttriebe. Gibt es keine Wasserschosse, muss nachgeholfen werden. Man nimmt einen metallenen Scherenrücken und schlägt damit an der gewünschten Stelle auf die Rebe. Der Schlag darf weder zu stark, noch zu zart ausgeführt werden. Es muss eine Quetschung entstehen. Dort bildet sich dann in der Regel ein Wasserschosser.
Auslichtungsschnitt bei Reben
Der Auslichtungsschnitt wird bei verwahrlosten Reben nötig, also z.B. wenn die Rebe sehr viel Geäst mit schwachen Trieben aufweist und/oder kranke Blätter. Auch wenn viel Totholz vorhanden ist oder das Grün nur noch spärlich und weit von der Wand weg wächst und sich auf die oberen Bereiche beschränkt, sollte die Schere angesetzt werden. Geschnitten wird im unbelaubten Zustand, am besten Anfang März.
Zuerst wird das Stammgerüst ausgelichtet. Die dicken Stammarme werden eingekürzt oder, wenn es zu viele gibt, auch einige ganz weggeschnitten. Danach den Großteil der verbliebenen dünnen Seitentriebe entfernen. Übrig bleiben einige gut verholzte Triebe des letzten Jahres. Diese müssen direkt oder in der Nähe des Stammgerüstes entspringen. Günstig sind wieder Wasserschosse des Vorjahres. Die unteren Triebe kürzer schneiden als die oberen.
Neu formieren und binden
Die Triebe müssen entsprechend einer Erziehungsform formiert werden. Am einfachsten ist die freie Fächerform. Neutriebe mit mehr als 4 bis 6 Augen werden waagerecht festgebunden, wenn das möglich ist, ohne die Triebe abzubrechen. Das gewährleistet einen gleichmäßigen Austrieb. Erst im darauffolgenden Jahr können die Abgänge weiter formiert werden.
Fazit
Der Schnitt der Weinrebe ist echt sinnvoll. Man muss auch keine Angst davor haben. Wer keine Blätter züchten möchte, sondern Trauben, der ist mit den paar Schnittmaßnehmen im Jahr gut beraten. Es ist einfach besser für die Gesundheit des Weinstockes. Wem diese Anleitung zu kompliziert ist, der kann auch einen ganz einfachen Schnitt durchführen, nicht perfekt, aber besser als ohne Schnitt. Auch hier wird im Februar geschnitten. Man lässt einen oder bis zu drei Haupttriebe stehen und wachsen und kürzt alle neuen Seitentriebe bis auf 2 bis 3 Augen ein. Dann kann man noch ausdünnen und auch Blätter entfernen, ansonsten geht es dann auch ohne einen weiteren Schnitt. Das ist die einfachste Variante.
Wir schneiden unseren noch recht jungen Wein wie oben beschrieben und obwohl er erst drei Jahre alt ist, hatten wir schon reichlich Trauben. Ich bin auf das nächste Jahr gespannt.