Die Pflanzenfamilie der Spargelgewächse hat dem Gartenfreund eine winterharte Staude zu bieten, die im Mai und Juni bezaubernde, weiße Blüten in Form kleiner Glocken zeigt. Das Salomonssiegel mit dem botanischen Namen Polygonatum odoratum wird zwischen 15 cm und 70 cm groß und ist winterhart bis -32 Grad. Die ausdauernde, krautig wachsende Pflanze bildet ein Rhizom, das einen Durchmesser von bis zu 14 cm erreicht. Stirbt der Blütenstängel im Herbst ab, hinterlässt er dort einen Abdruck, der an ein Siegel erinnert, was dem Mitglied der Weißwurzen-Gattung den Namen Salomonssiegel oder Echtes Salomonsiegel einbrachte. Bei allen vorteilhaften Eigenschaften, zu denen auch die anspruchslose Pflege zählt, darf nicht übersehen werden, dass ein Salomonssiegel in allen Teilen giftig ist, vor allem die bläulich-schwarzen Beeren, die im Herbst erscheinen.
Pflege
Wie alle Weißwurzen, stellt das Salomonssiegel keine aufwändigen Ansprüche an die Pflege, damit sich die zierlichen Blütenketten im Frühling und Sommer entwickeln:
- Im zeitigen Frühjahr ist die ideale Pflanzzeit.
- Bestes Wachstum in halbschattigen bis schattigen Lagen.
- Frischer, lockerer und durchlässiger Boden.
- Pflanzabstand beträgt 25 cm bis 30 cm.
- Eine permanente Feuchtigkeit fördert das Wachstum.
- Ständig tropfnasses Substrat verursacht Wurzelfäule.
- Ausgiebiges Mulchen im Frühjahr schützt vor Verdunstung.
- Vor dem Austrieb Volldünger verabreichen.
- Alternativ Kompost und Hornspäne untergraben
- Weitere Gaben von Dünger sind nicht erforderlich.
- Verblühte Stängel nicht abschneiden.
- Bodennaher Rückschnitt erst im Herbst.
- Bei allen Arbeiten Handschuhe und Augenschutz tragen.
- Winterschutz ist nicht notwendig.
Sind die anmutigen Blüten verwelkt, könnte der Gartenfreund dazu tendieren, die Stängel abzuschneiden. Diese sollten jedoch an der Pflanze verbleiben, weil sie einerseits sommergrün bleiben und andererseits eine derartige Schnittmaßnahme die Pflanze schwächt, weil sie voll im Saft steht. Es spricht jedoch nichts dagegen, den einen oder anderen Blütenstängel als Vasenblume für die Dekoration im Haus zu verwenden.
Vermehren
Hinsichtlich der Vermehrung hat der Gartenfreund die Wahl unter zwei verschiedenen Methoden:
Teilung
Im Laufe der Zeit entwickeln die Polygonatum odoratum bei guter Pflege ein kräftiges Rhizom als Überdauerungsorgan, das einen Durchmesser von mehr als 10 cm erreichen kann. Diese werden im Frühjahr oder im Herbst vollständig ausgegraben. Mit einem scharfen Messer – bei verholzten Rhizomen mithilfe eines Spatens – kann man sie in mehrere Stücke zerteilen. Im Gegensatz zur Stockteilung ist es nicht erforderlich, dass die Rhizom-Teile über Sprossen, Knospen oder Triebe verfügen; es werden sich trotzdem neue Weißwurz-Pflanzen daraus entwickeln. Wichtiges Kriterium für eine erfolgreiche Vermehrung nach dieser Technik ist, dass die Teile genauso tief wieder in den Boden kommen, wie bisher. Idealerweise wird die Pflanzerde vorher mit gutem Gartenkompost und Hornspänen vermischt zur Förderung des Wachstums.
Samen
Im Herbst erscheinen am Salomonssiegel blau-schwarze Beeren, die zwischen 7 und 10 Samen enthalten. An dieser Stelle sei nochmals auf den hohen Giftgehalt, insbesondere in den Beeren und Samen hingewiesen. Daher darf man bei der Ernte dieser Beeren keinesfalls auf schützende Handschuhe verzichten. Die Samen werden getrocknet und bis zum nächsten Frühjahr dunkel und kühl aufbewahrt. Alternativ werden sie im Herbst direkt an der gewünschten Stelle ausgesät und mit Erde leicht bedeckt. Da sie als Kaltkeimer einen Kältereiz für die Keimung benötigen, sind der winterliche Frost und Schnee sogar erwünscht. Die Kulturbedingungen für die Samen bleiben feucht und der schmelzende Schnee weicht die Samenschale soweit auf, dass die Keimung forciert wird.
Allerdings besteht die Gefahr, dass Tiere die Samen vertilgen. Daher ist es ratsam, die Samen in eine Plastiktüte mit feuchtem Sand zu füllen. Diese Tüte wird zu einer Wurst gedreht, zugebunden und für 4 bis 6 Wochen im Gemüsefach des Kühlschranks aufbewahrt. Während dieser Zeit ist immer wieder einmal zu kontrollieren, ob der Sand noch ausreichend feucht ist. Nach dieser Stratifizierung erfolgt die Aussaat in einer Schale oder in kleinen Töpfen, die mit Anzuchterde gefüllt sind. Für die kommenden Wochen wird nun eine schrittweise Temperaturerhöhung von 5° von etwa 12° Celsius benötigt, damit die Keimung einsetzt. Keinesfalls darf eine plötzliche Temperaturerhöhung stattfinden, weil diese alle bisherigen Bemühungen der Vermehrung durch Samen zunichtemacht. Während dieser Zeit ist das Substrat stets leicht feucht zu halten. Nach der Keimung werden die Sämlinge pikiert, wenn sich die ersten Blättchen zeigen. Ab Ende März/Anfang April können die jungen Weißwurz-Pflanzen im Garten gepflanzt werden.
Diese Vorgehensweise der Vermehrung ist nicht nur vergleichsweise aufwändig, sondern den Berichten zahlreicher Hobbygärtner zufolge, bei weitem nicht so erfolgversprechend, wie die Teilung der Rhizome.
Bekannte Hybriden und ähnliche Arten
Aus der Pflanzenart Salomonssiegel wurden verschiedene Hybriden gezüchtet, die andere Wuchshöhen oder panaschiertes Laub aufweisen. Darüber hinaus hat Mutter Natur einige Arten hervorgebracht, die dem Polygonatum odoratum zum Verwechseln ähnlich sehen:
Großes Salomonsiegel – Polygonatum biflorum
- stattlicher Hybride mit einer Wuchshöhe von 150 cm
- entsprechend größere, weiße Blüten
- Blütezeit Mai bis Juni
- winterhart
Zwerg-Salomonssiegel – Polygonatum humile
- ideal für die Kübelbepflanzung und im Blumenkasten
- Wuchshöhe 10 cm bis 15 cm
- schöne Zierde für den schattigen Balkon
- leichter Winterschutz erforderlich
Gestreiftes Salomonssiegel – Polygonatum Hybride ‚Striatum‘
- attraktiver Hybride mit weiß gestreiften Blättern
- Wuchshöhe bis 40 cm
- die Färbung der Blätter bleibt nach der Blüte erhalten
- etwas schwachwüchsig
Vielblütiges Salomonssiegel – Polygonatum multiflorum
- eine eigene Art, dem Echten Salomonssiegel sehr ähnlich
- weiße, glockenförmige Blüten
- Wuchshöhe 50 cm bis 60 cm
- vollkommen winterhart
Quirlblättrige Weißwurz – Polygonatum verticillatum
- nicht giftige Art
- Wuchshöhe 40 cm bis 100 cm
- schmale Blätter wachsen quirlartig am Stängel
- winterhart
- gut zu unterscheiden vom Salomonssiegel
Das Vielblütige Salomonssiegel, auch Vielblütige Weißwurz genannt, ist in den hiesigen Regionen wesentlich häufiger in freier Natur anzutreffen. Der Unterschied zwischen beiden Arten liegt einzig in der Form der grünen Blätter, die beim Echten Salomonssiegel runder geformt sind. Äußerst giftig sind sie allesamt.
Krankheiten und Schädlinge
Ein Mitglied der Familie der Pflanzenwespen hat sich auf die Salomonssiegel spezialisiert. Die recht unscheinbaren Wespen selbst fügen den Pflanzen auch nicht den Schaden zu, sondern deren gefräßige Larven. Sie befinden sich auf den Blattunterseiten und fressen innerhalb kurzer Zeit die gesamte Weißwurz kahl. Da die Raupen bis zu mehrere Zentimeter lang werden, können sie im Frühjahr, wenn sie ihr Unwesen treiben, leicht entdeckt und eingesammelt werden. Als biologisches Bekämpfungsmittel hat sich die Schmierseifenlösung bewährt, die den Larven den Appetit verdirbt und ihnen die Energie nimmt. Sie besteht aus 1 Liter Wasser, einem Esslöffel Schmierseife und einem Esslöffel Spiritus. Alternativ kann auch Speiseöl mit Wasser gemischt werden. Im Abstand von 3 bis 4 Tagen werden die befallenen Weißwurze damit eingesprüht. Darüber hinaus wird von guten Erfolgen bei der Anwendung niemölhaltiger Insektizide berichtet, die auch für den Einsatz im privaten Garten erlaubt sind.
Junge Weißwurz-Pflanzen werden mitunter von Nacktschnecken heimgesucht, weil sie sich an einem Standort befinden, den auch diese Schädlinge gut leiden können. Es ist daher angeraten, frisch gepflanzte Salomonssiegel vor ihnen zu schützen:
- Um die Pflanzen Wanderschranken anlegen mit spitzen Steinen.
- Ein Ring aus Kaffeemehl oder Kaffeesatz hält Schnecken ab.
- Mit der Gießkanne Schneckennematoden verteilen.
- Nur am frühen Morgen direkt an die Wurzeln gießen.
- Mit der Schneckenzange die Schädlinge einsammeln.
- Einen Schneckenzaun errichten mit Bierfalle.
- Im Garten Indische Laufenten halten.
- Freilaufende Hühner picken die Schnecken-Eier aus dem Boden.
Als chemisches Bekämpfungsmittel hat sich Schneckenkorn bewährt. Das sollte man erst anwenden, wenn biologische und mechanische Methoden nicht fruchten.
Weitere Schädlinge und Krankheiten sind nicht bekannt. Sollte die Pflanze krank aussehen, nicht blühen und ihre Blätter schaff herunterhängen lassen, liegt die Ursache zumeist in einem unpassenden Standort oder sie erhält nicht genügend Wasser.
Schöne Nachbarpflanzen
Das Salomonssiegel gedeiht in seinem natürlichen Verbreitungsgebiet vor allem an Wald- und Gehölzrändern. Diese Erkenntnis macht sich der erfahrene Gartenfreund zunutze und pflanzt die Weißwurz in seinem Garten vorzugsweise am Rand von Sträuchern und Gebüschen. Darüber hinaus bieten sich als Begleitpflanzen an:
- Maiglöckchen – Convallaria
- Frauenmantel – Alchemilla vulgaris
- Funkie – Herzblattlilie – Hosta
- Fingerhut – Digitalis
- Silberkerze – Actaea racemosa
- Blauglöckchen – Mertensia virginica
Ausgesprochen harmonisch wirkt eine Nachbarschaft zu Rhododendren und Azaleen, die ebenfalls leicht schattige Plätze favorisieren.
Fazit
Dank des Salomonssiegels müssen Standorte im Garten, die selten oder nicht von der Sonne verwöhnt werden, nicht leer stehen. Die robuste, vollkommen winterharte Staude mit den eleganten, gebogenen Blütenstängeln fühlt sich unter Laubgehölzen und am Waldesrand besonders wohl. Wenn im Mai und Juni die weißen Glockenblüten erscheinen, verbreiten sie einen angenehmen Duft, weshalb die Pflanze auch Wohlriechende Weißwurz genannt wird. Im Herbst verwöhnt das Polygonatum odoratum das Auge noch einmal mit einer herrlichen Laubfärbung und blau-schwarzen Beeren. All diese Schönheit darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass Salomonssiegel hoch giftig sind und nicht in Gärten gehören, in denen sich Kinder aufhalten.