Unseren heimischen Vögeln geht es nicht sehr gut, obwohl diese wohl liebenswertesten Kleintiere in unserer Umwelt eine erstaunliche Anpassungsfähigkeit an den Tag legen. Daran liegt es z. B., wenn die einheimischen Vogelarten, die im Winter bei uns leben, momentan sogar zunehmen. Im nachfolgenden Artikel erfahren Sie mehr über unsere heimischen Vögel und was Sie im Winter für die einheimischen Vögel tun können.
Warum Vögel Schutz brauchen
Sehr vielen Menschen ist nicht bewusst, dass es unseren einheimischen Vogelarten nicht sehr gut geht, weil im nächsten Park immer noch ein paar Vögeln piepen und weil es wenige Menschen gibt, die sagen:“ Vögeln zählen“, wenn man sie nach ihren Hobbys fragt.
So werden die Vögel ganz schleichend immer weniger, was daran liegt, dass ihr Lebensraum schleichend immer weniger wird, wenn immer mehr Grün durch umbaute Fläche ersetzt wird. In Deutschland werden jeden Tag rund 100 Hektar mit neuen Häusern, Straßen oder Geschäftsgebäuden bebaut. Jeden Tag verschwinden damit Naturflächen, die so groß sind wie etwa 150 Fußballplätze, eine fortlaufend intensivierte, monokulturelle Landwirtschaft tut ihr übriges.
Das bringt die Vögel in Schwierigkeiten. Nicht nur seltene Großvögel wie Kranich oder Storch zählen zu den nach Bundesartenschutz streng geschützten, also stark gefährdeten Arten. Auch verschiedene Lerchen und Schwalben brauchen bereits diesen besonderen Schutz und von den beliebten Sperlingen (den „frechen Spatzen“) gibt es nur noch halb so viele wie vor ein paar Jahrzehnten. Wenn wir so weitermachen, können wir wahrscheinlich die Namen der Helden unseres Volksliedes „Amsel, Drossel, Fink und Star“ irgendwann durch “ Amidosulfuron, Diflufenican, Flupyrsulfuron und Spirodiclofen“ (Herbizid-Namen) ersetzen.
Wenn die Vögel aus der Landschaft verschwinden, ist das nicht nur „Pech für die Vögel“, wie mancher erbitterter Verteidiger einer „natürlichen Evolution“ mitleidslos einwendet. Sondern es sollte auch für die Menschen, die in eben dieser Landschaft (oder Stadt) leben, ein Alarmsignal sein. Die Vögel teilen nämlich die gleiche Umwelt mit uns. Sie sind Warmblüter wie wir, mit einem ähnlich aufgebauten Körper und mit ähnlich funktionierenden Organen. Auf Deutsch, sie reagieren auf die gleichen Umweltschädigungen wie wir. Die Vögel sind jedoch viel kleiner als wir und reagieren in vieler Hinsicht viel empfindlicher. Damit sind sie für den Menschen hervorragende Indikatoren, um ihn auf Umweltveränderungen aufmerksam zu machen, die irgendwann auch ihn schädigen werden. Vogelschutz ist also Menschenschutz.
Wenn es um heimische Vögel im Winter geht, wäre zunächst zu erkunden, welche einheimischen Vogelarten es überhaupt gibt, und wie viele davon den Winter bei uns verbringen.
Standvögel und Zugvögel
Es gibt rund 250 einheimische Vogelarten – wobei als einheimischer Vogel grundsätzlich ein Vogel betrachtet wird, der bei uns brütet. Frei nach dem Motto „Wo ich mein Nest bau‘, da bin ich Zuhaus“.
Die Hälfte dieser heimischen Vögel verbringt den Winter in Deutschland und friert vor sich hin. Der Rest ist offenbar schlauer, er macht sich auf in freundlich temperierte südliche Gefilde.
Die Reise verhagelt den Zugvögeln allerdings schon manchmal die Laune. Besonders den etwa 80 Arten der sogenannten Langstreckenzieher, die bis in Gebiete südlich der Sahara fliegen und auf ihrem langen Zugweg etliche Gefahren zu überstehen haben. Damit Sie sich ein Bild von den Flugleistungen machen können: Eine Pfuhlschnepfe (mit Sender) flog 2007 nonstop die 11.500 Kilometer von Alaska nach Neuseeland. Damit gilt die unprätentiös „E7“ benannte Schnepfe als Weitenrekord-Inhaberin, aber sehr viele Zugvögel wurden noch nicht mit einem Sender nachverfolgt.
Diese Zugvögel sind also in Wirklichkeit gar nicht so schlau. Sie müssen schon einen guten Grund haben, sich solchen Strapazen und Gefahren auszusetzen. Der Grund ist nicht die Winterkälte, sondern sie wollen einfach nicht verhungern. Die Langstreckenzieher finden im Winter bei uns nicht genug Nahrung. Sie haben keine Strategien entwickelt, mit Minustemperaturen, geschlossenen Schneedecken oder kurzen Wintertagen umzugehen. Sie nehmen lieber höchste Entbehrungen und Verluste auf sich, um an wirklich üppige Futtergründe zu gelangen.
Im Gegensatz zu den Langstreckenzieher haben sich die rund 40 Arten von Zugvögeln, die Kurzstreckenzieher oder Mittelstreckenzieher genannt werden, bequemere Ziele ausgesucht. Sie fliegen dorthin in Westeuropa, wo es im Winter schön warm ist, in den Mittelmeerraum z. B. oder vielleicht noch bis nach Nordafrika.
Dann gibt es noch Teilzieher, Vögel, bei denen sich nur Teile der Population zum Zugvogel berufen fühlen. Manchmal brechen nur die unternehmungslustigen Weibchen im Herbst in den Süden auf und die Männchen bleiben zu Hause (so beim Buchfink). Manchmal ziehen einfach einige der Vogelgruppe wie sonnenhungrige Touristen gen Süden, andere bleiben im Brutgebiet. Und manchmal wechselt eine ganze Ortspopulation zu einem etwas freundlichen Standort.
Dieses Wechseln in ein leicht freundlicheres Winterquartier ist aber eigentlich die Spezialität der sogenannten Strichvögel, zu denen alle im Sommer in einem bestimmten Gebiet heimischen Vögel gezählt werden, die die Winterkälte in ihrem Brutgebiet nicht schätzen und dann einfach den „Landstrich“ wechseln, in eine etwas wärmere Region.
Übrig bleiben die sogenannten Standvögel, also die eigentlichen einheimischen Vogelarten im Winter.
Einheimische Vogelarten im Winter
Wenn die Zugvögel aufgebrochen sind, bleiben zunächst rund 130 Arten sogenannte Standvögel zurück, die bei uns das ganze Jahr zu Hause sind. Diese Vögel haben sich an die winterlichen Temperaturen bei uns mit erstaunlichen Tricks angepasst. Wer hierbleibt, kann sich als Vogel sehr leicht seinen ureigenen Daunenmantel anziehen. Er plustert sich einfach auf, dann hat er zwischen den Federn genau die vielen kleinen Luftpolster, mit denen der Daunenmantel auch uns Menschen warm hält. Klar, die Beine und Füße gucken raus, beim Vogel wie beim Mensch. Hier ist der Vogel klar im Vorteil. Sein Blut kühlt sich auf dem Weg in die Füße extrem ab, Vogelbeine frieren nicht.
Die Standvögel bleiben jedoch heute im Winter sehr oft nicht mehr alleine. Wir leben in einer Zeit, die durch entscheidende Umweltveränderungen bestimmt wird. Durch die zunehmende Verstädterung (heute lebt etwa die halbe Weltbevölkerung in Städten, und es werden immer mehr) und die globale Erwärmung, und die Vögel passen sich diesen veränderten Umweltbedingungen ganz genauso an wie die Menschen.
Der Klimawandel und das komfortable Leben in der Stadt bewirken, dass vielen Zugvögeln die Lust zum Ziehen vergeht, was sehr gut am Beispiel der Vögel illustriert werden kann, die heutzutage in Berlin überwintern. Berlin zählt eigentlich zu den recht kalten Orten in Deutschland. Demgemäß müssten sich die Teilzieher bzw. Strichvögel im Winter vom kalten Osten nach dem Süden oder Westen Deutschlands aufmachen, um dort einen gemütlichen Winter zu verbringen. Typische Vertreter dieser Arten, wie Amseln, Buchfinken, Kohlmeisen und Blaumeisen, Goldammern und Zeisige denken aber gar nicht mehr daran. Auch die Rotkehlchen ziehen nicht mehr zum Mittelmeer oder in den Nahen Osten.
Dazu kommen über einen großen Teil der Winterzeit Kurzstreckenzieher, die ihre Zugzeit an die aktuelle Wetterlage angepasst haben, also ganz spät wegfliegen und früh im Jahr schon wieder in Berlin eintreffen. Hausrotschwänze, Feldlerchen und Zilpzalpe sind dann in Berlin noch im November oder schon im Februar zu sichten. Wenn es ganz mild ist, bleiben sie vielleicht auch gleich den ganzen Winter in der Stadt.
Von den „echten“ Zugvögeln entdecken ebenfalls einige Arten eine ganz neue Heimatliebe. Sie werden zu Teilziehern oder bleiben gleich ganz in ihren Brutgebieten. Manchmal kehren sie auch ihre Zugrichtung einfach komplett um und ziehen gen Norden in große Städte, wie einige Starenpopulationen, die damit ein ausgesprochen gutes Gespür für bessere Versorgung ohne viel Aufwand bewiesen haben. Die meisten der rund 40.000 Stare, die von Juni bis Oktober rund um den Berliner Dom „wohnen“, fliegen zwar noch nach Süden, aber oft nicht mehr bis in den Mittelmeerraum, sondern nur noch bis nach Südwestdeutschland. Einige bleiben gleich ganz in Berlin.
In anderen Regionen Deutschlands haben andere Vogelarten keine Lust mehr auf lange Reisen und verbringen den Winter bei uns. Im Osten Deutschlands kann es Ihnen heute durchaus passieren, dass Sie im Winter einem Storch begegnen. Vielleicht ist dieser Storch in einer Aufzuchtanlage groß geworden und hat einfach nicht gelernt, dass man „als ordentlicher Storch“ im Winter gen Süden aufbricht. Vielleicht ist er auch wild aufgewachsen und hat sich bewusst entschieden, nicht mehr nach Afrika aufzubrechen. Wenn der Winter mild ist, bringt ihm das Vorteile. Er findet im Winter auch ohne Reisestrapazen genügend Futter zum Überleben. Zudem ist er im Frühjahr der erste Storch, der die guten Brutplätze besetzt. Im Norden Deutschlands fallen im Winter ganze Invasionen von Seidenschwänzen ein, denen es in der russischen Taiga oder im skandinavischen Lappland zu kalt geworden ist. Sie überwintern lieber im milderen Deutschland. Jedes Jahr melden mehr Bundesländer einen Seidenschwanz-Besuch.
Vogelschutz im Winter
Nachdem wir nun wissen, wie viele heimische Vögel im Winter bei uns leben, und dass es immer mehr werden, geht es darum, was wir für diese Vogelarten im Winter tun können.
Vogelfütterung im Winter
Ob Sie unseren einheimischen Vogelarten, ob alteingesessenem „Standvogel“ oder neu eingebürgertem „Nicht-mehr-Zugvogel“, mit einer Winterfütterung helfen sollen, ist strittig unter den Vogelkundlern.
Strenge Vogelkundler lehnen jede Fütterung von Wildvögeln in der freien Natur ab. Für sie sind die schwierigen Futterbedingungen im Winter ein sinnvolles Auslesekriterium, das im jeweiligen Lebensraum eines Vogels dafür sorgt, dass nur die stärksten Vögel überleben. Diese Sicht ist jedoch sehr einseitig, weil sie meist davon ausgeht, dass diese heimischen Vögel in einem natürlichen Lebensraum leben, an den sie sich lange Zeit angepasst haben.
Genau das ist aber zunehmend nicht mehr der Fall. Die angestammten Lebensräume der Vögel verschwinden in steigendem Maße. Viele Vögel müssen sich in einem völlig neuen Lebensumfeld zurechtfinden. Der „neue Stadtvogel“ und der „neue Standvogel“ bekommen auch keine lange Anpassungszeit. Heute befürwortet wohl die Mehrzahl der Fachleute aus diesen Gründen eine Winterfütterung, die bei kaltem und schneereichem Wetter für die Vögel das Überleben sichern kann. ‚Es gibt sogar Vogelkundler, die sich für eine Ganzjahresfütterung einsetzen.
Voraussetzungen für die Fütterung
Sie sollten sich dafür interessieren, wer in Ihrem Garten überwintert, und diesen Vögeln eine artgerechte Futtermischung anbieten. Wenn Sie einfach einen x-beliebigen Meisenknödel oder irgendeine Samenmischungen füttern, könnten gerade die Vögel profitieren, deren Bestände noch am stärksten sind. Die haben meist einen nicht sehr wählerischen Geschmack und sind außerdem ziemlich unerschrocken und durchsetzungsfähig. Wenn Sie also eine seltene Art in Ihrem Garten entdeckt haben, sollten Sie ihm am besten eine Spezialität vorsetzen, die er ohne viel Konkurrenz fressen kann. Außerdem ist die Hygiene rund um den Vogel-Futterplatz sehr wichtig, sonst könnten Sie einer Ausbreitung von Infektionskrankheiten unter den Vögeln Vorschub leisten.
Ganz und gar vermeiden sollten Sie das Füttern von Brot oder Brötchen. Beide können im Verdauungssystem eines Vogels schlimme Dinge anrichten. Wenn Elternvögel ihre Jungen mit den bequem aufzusammelnden Brotbrocken aus dem Park aufziehen, anstatt Würmer und Insekten zu suchen, bekommen diese Jungvögel Rachitis und gehen oft elendig ein. Das passiert jedes Jahr wieder jungen Krähen in Berliner Parks. Sie können mit zusätzlicher artgerechter Fütterung dafür sorgen, dass auch diese Vögel gesunde Nachkommen aufziehen.
Die Tränke
Vögel brauchen auf jeden Fall ungefrorenes Wasser, zum Baden und zum Trinken. Es ist nicht richtig, dass Vögel überall Wasser finden. Die heimischen Vögel haben es häufig gerade in unseren Gärten schwer, Wasserstellen zu finden. Wenn im Hochsommer Hitze herrscht, verdunstet das Wasser in Pfützen und Tümpeln sehr schnell. Wenn die Temperaturen unter dem Gefrierpunkt sinken, gefriert es, dann besteht sogar Gefahr, dass Vögel verdursten.
Deshalb sollten Sie eine Vogeltränke aufstellen. Jede einfache Schale aus Ihrem Haushalt ist geeignet. Diese Vogeltränke sollte auch gelegentlich gereinigt werden. Kurz mit kochendem Wasser ausspülen reicht zur Reinigung und Desinfektion. Wenn die Vogeltränke keinen Zufluss hat, der einen Wasseraustausch gewährleistet, sollten Sie das Wasser täglich wechseln. Die Vogeltränke sollte (wie der Futterplatz) möglichst so angebracht werden, dass die Katze aus der Nachbarschaft kein Jagdglück haben wird.
Vogelschutz ist nicht auf den Winter beschränkt
Oben wurde schon angesprochen, dass in Deutschland jeden Tag eine riesige Fläche Natur durch Bebauung verschwindet. Damit verschwindet nicht nur Lebensraum für Vögel, sondern auch erhaltenswerter Lebensraum für Menschen. Damit bekommen unsere Hausgärten eine immer größere Bedeutung, denn sie nehmen prozentual einen immer größeren Anteil unserer Naturflächen ein. Es kommt also immer mehr darauf an, was Sie als Hausgärtner für den Vogelschutz tun. Mit der Winter-Fütterung von Vögeln ist hier wirklich noch nicht alles getan. Denn wie gesagt, Vogelschutz ist zugleich Menschenschutz. Dort wo sich Vögel wohlfühlen, ist das Lebensumfeld für den Menschen auch gut.
Es geht also um die Erhaltung vielfältiger, naturnaher Lebensräume, auch in unseren Hausgärten. Das hilft zunächst einfach beim Erhalt einer gesunden und lebenswerten Umwelt. Wenn diese Maßnahmen auch dem Schutz und Erhalt einer artenreichen Vogelwelt dienen, ist das ein „angenehmer Nebeneffekt“. Viele verschiedene Vögel in unserer Landschaft sagen uns, dass wir von einer lebenswerten und gesunden Umwelt umgeben sind.
Sie können als Hausgärtner über die Fütterung von Wildvögeln hinaus also noch sehr viel tun. Das beste Umfeld für unsere einheimischen Vogelarten ist ein ökologisch orientierter Garten, in dem es Obstbäume, Laubholzhecken und einen Komposthaufen gibt. In dem Gräser ausreifen dürfen und eine Vogelschutzhecke das Grundstück umgibt, deren Laub im Herbst liegen bleiben darf. In einem solchen Garten finden die heimischen Vögel genügend Nahrung, Nistmöglichkeiten und winterlichen Schutz. Für eine ganze Reihe anderer Kleintiere, die wichtig für den Erhalt eines Gartens als Ökosystem sind, ist auch gleich gesorgt.
Fazit
Um auf den Eingangssatz zurückzukommen, nach dem es unseren heimischen Vögeln nicht sehr gut geht, hier noch ein paar Zahlen. Im Moment stehen gut 100 in Deutschland brütende Vogelarten auf der Roten Liste. Davon gelten rund ein Drittel als „vom Aussterben bedroht“. Weitere 20 Arten stehen auf einer Vorwarnliste, nur noch rund die der Hälfte der heimischen Brutvogelarten gelten als ungefährdet. Unsere Vögel brauchen also Ihren Schutz, nicht nur im Winter.