Entgegen ihrem schlechten Ruf, sind Wespen alles andere als permanent schlecht gelaunte Insekten, die einzig danach trachten, Menschen mit schmerzhaften Stichen zu traktieren. Leider zählt der Dachboden zu den bevorzugten Baustellen für ein Wespennest. Dieser Umstand sorgt selbst bei den tierfreundlichsten Hausbewohnern für Unbehagen. Stellt sich die Frage, wie ein Wespennest unter dem Dach zu entfernen ist? So funktioniert es, ohne die Nützlinge zu töten oder selbst gestochen zu werden.
Steckbrief
- Insektenfamilie der Faltenwespen (Vespidae)
- Unterfamilie: Echte Wespen (Vespinae)
- Wichtigste Unterarten: Deutsche Wespe (Vespula germanica) und Gemeine Wespe (Vespula vulgaris)
- Staatenbildende Arten mit bis zu 7000 Mitgliedern
- Typische Dunkelhöhlennister
- Unverwechselbares Kennzeichen: gelb-schwarz geringelter Hinterleib
- Breit gefächerte Nahrungsquellen: Pollen, Nektar, Insekten, tierische und pflanzliche Stoffe
- Einzig begattete Jungköniginnen fähig zur Überwinterung
- Geschützte Tierart laut § 39 Bundesnaturschutzgesetz
Innerhalb der Gattung verzeichnen Wissenschaftler insgesamt sechs staatenbildende Arten, von denen im Nestbau einzig die Deutsche Wespe und die Gemeine Wespe von Bedeutung sind. Die verbliebenen vier Wespenarten bilden Völker mit einigen wenigen Hundert Arbeiterinnen, die kaum in Erscheinung treten.
Lebensweise und Nestbau
Wenn Sie sich ein wenig vertraut machen mit der Lebensweise von Wespen, erübrigt sich womöglich die Entfernung, denn ein Wespennest ist nur eine eng begrenzte Zeit besiedelt.
Im Frühjahr erwacht eine Jungkönigin aus dem Winterschlaf und macht sich sogleich emsig daran, ein Nest zu bauen. In die Auswahl der Lokalität investiert sie zuvor eine Menge Zeit. Im Fokus der Suche stehen trockene, gerne abgedunkelte, ruhig gelegene Örtlichkeiten, wie in Hecken, hohlen Baumstämmen und in Baumkronen. Häufig geraten dabei der Dachboden oder der Rollladenkasten ins Visier mit scheinbar traumhaften Rahmenbedingungen für ein Wespennest.
Bis maximal 20 Waben legt die Königin in Eigenregie an. Dort hinein werden die Eier gelegt, die sie mit Samen befruchtet, die sie in einer Tasche bei sich trägt. Die Larven versorgt die emsige Regentin vollkommen selbstständig, bis daraus die ersten Arbeiterinnen schlüpfen. Deren einzige Lebensaufgabe besteht darin, das Nest auszubauen und die nun folgenden Larven zu versorgen. Arbeiterinnen sind demzufolge grundsätzlich unfruchtbar. Die Königin zieht sich allmählich aus der Brutpflege zurück, um sich auf die Produktion weiterer Arbeiterinnen zu konzentrieren. Die geflügelte Bevölkerung nimmt während des Sommers stetig zu, während das Wespennest proportional mitwächst. Volkszählungen ergaben bis zu 7000.
Erst im Spätsommer beginnt die Königin damit, für den Fortbestand der Dynastie zu sorgen. Nun schlüpfen Jungköniginnen und Drohnen. Die Männchen verlassen das Nest, um die Jungköniginnen benachbarter Wespenvölker zu begatten und anschließend zu sterben. Steht der Winter vor der Türe, schlägt für die alte Königin und ihre Arbeiterinnen ebenfalls die letzte Stunde. Einzig begattete Jungköniginnen sind fähig zur Überwinterung. Das Wespennest wird für immer aufgegeben.
Genehmigungspflicht beachten
Wespen unterliegen dem Bundesnaturschutzgesetz. Diese Tatsache impliziert, dass sie nicht gefangen, verletzt oder getötet werden dürfen. Nur in begründeten Ausnahmefällen darf ein Wespennest unter dem Dach entfernt werden. Inwieweit ein Sonderfall vorliegt, entscheidet in der Regel das regionale Ordnungsamt. In größeren Städten übernimmt die Untere Naturschutzbehörde diese Aufgabe. Liegt beispielsweise eine Allergie gegenüber Wespenstichen bei einem Hausbewohner vor, lassen sich die zuständigen Beamten dazu bewegen, eine Genehmigung zu erteilen. Mitunter dringen geplagte Immobilienbesitzer mit dem Argument durch, dass sich im ausgebauten Dachboden in unmittelbarer Nähe der Wespen ein Schlafraum befindet.
Den Wespen ohne behördliche Genehmigung an den Kragen zu wollen, kann eine empfindliche Geldstrafe nach sich ziehen. Gegebenenfalls entscheiden Sie sich zu einer friedlichen Koexistenz mit den Insekten, zumal diese im Herbst ohnehin das Nest verlassen.
Wespennest selbst entfernen
Liegt die Genehmigung vor, ein Wespennest unter dem Dach zu entfernen, beschränkt sich der Wortlaut in der Regel auf eine Umsiedlung des Volkes. Eine Vernichtung kommt nur im äußersten Notfall in Betracht. So können beispielsweise zwingende Gründe vorliegen, die aus technischer Sicht einen Umzug unmöglich machen. Wer diese Maßnahme durchführt, wird dem Betroffenen nicht vorgeschrieben. Folglich spricht nichts dagegen, dass Sie sich der Sache selbst annehmen. Die im Folgenden beschriebene Methode eignet sich ausschließlich für die Zeit von April bis Anfang August. In der Folge ist das Wespennest zu groß, um eigenhändig umgesiedelt zu werden. Als mögliche Vorgehensweise bietet sich dann das fachkundige Absaugen des Wespenvolkes in einen speziellen Transportbehälter an. Das riesige Nest wird gesondert abgebaut und am neuen Standort wieder befestigt.
Materialliste
- Weißer Imkeranzug mit Kopfschutz
- Festes Schuhwerk
- Sprühflasche mit Wasser
- Engmaschiges Netz, größer als der Nestumfang
- Spachtel
- Holzleim
- Große Kiste mit Deckel
Darüber hinaus sollte ein neuer Platz für das Wespennest ausfindig gemacht worden sein, der mindestens 3 Kilometer von der bisherigen Heimat der Wespen entfernt ist.
Wählen Sie für die Umsiedlung den frühen Morgen oder die späten Abendstunden. Zu dieser Zeit sind alle Wespen im Bau. Nähern Sie sich vorsichtig dem Nest und sprühen durch ein Einschlupfloch Wasser. Für kurze Zeit sind die Insekten bewegungsunfähig. Rasch ziehen Sie das Netz über die Höhle und lösen das Wespennest mit dem Spachtel vom Untergrund. Legen Sie das Nest ohne Verzögerung in die bereitstehende Kiste und verschließen den Deckel. Fahren Sie das Wespenvolk nun an den neuen Standort. Da das Nest auf der Basis von Holz gefertigt ist, können Sie es mit dem Leim an neuen Platz gut befestigen.
Bitte bedenken Sie, dass die kurzzeitig flugunfähigen Wespen sich in der Zwischenzeit wieder erholt haben und nicht gut auf Sie zu sprechen sind. Die Entfernung des Schutznetzes dürfte die wohl kritischste Phase sein, mit hohem Gefährdungspotential für Ihre Gesundheit. Ohne einen professionellen Imkeranzug das Vorhaben in Angriff zu nehmen, wäre bodenloser Leichtsinn.
Vernichten nur im Ausnahmefall
Tritt der seltene Fall ein, dass ein Wespennest sich an einem unzugänglichen Platz unter dem Dach befindet und dringend zu entfernen ist, weil ein Hausbewohner allergisch ist, wird die Behörde eine Vernichtung genehmigen. Bestens bewährt hat sich ein spezieller Wespenschaum. Dieses Präparat kombiniert mehrere Insektizide und wird unmittelbar ins Wespennest eingebracht. So gehen Sie dabei vor:
- Unbedingt erforderlich sind Schutzkleidung und Atemschutz
- Am frühen Morgen oder nach 21 Uhr ist die beste Zeit für die Anwendung
- Den Wespenschaum unmittelbar in die Zugangsöffnung im Nest sprühen
- Auf den gebotenen Sicherheitsabstand und die Windrichtung achten
- Der Bau muss vollständig mit Schaum gefüllt und umhüllt sein
Die schaumige Konsistenz verhindert einen Angriff der Insekten während der kurzen Zeit bis zur Entfaltung der Wirkung. Auf einen vollständigen Schutz des Körpers, einschließlich Kopf und Hände, sollten Sie gleichwohl nicht verzichten.
Nach der Anwendung von Wespenschaum
Wenngleich der Schaum nach der Applizierung zügig in sich zusammenfällt, ist eine anschließende Wartezeit dringend angeraten. Lassen Sie den Wirkstoffen für 24 Stunden Zeit, sich zu entfalten und längerfristig zu agieren. Häufig befinden sich einige Insekten noch außerhalb und finden erst später zurück zum Nest. Diese Nachzügler werden vom Wespenschaum ebenfalls noch erfasst. Darüber hinaus könnte ein vorzeitig entfernter Bau zerbrechen. Sollten sich darin noch Tiere befinden, die nicht verendet sind, gelangen sie hinaus. Schlimmstenfalls war der ganze Aufwand dann umsonst. Demzufolge kommt die endgültige Beseitigung erst nach 24 Stunden infrage, wenn tatsächlich absolute Ruhe eingekehrt ist im Wespennest.
Handelsübliche Präparate sind beispielsweise:
- Bayer Wespenschaum Blattanex mit d-Phenothrin und Tetramethrin
- Neudorff Permanent Wespenschaum mit Pyrethrine
- Compo Wespen Power Spray mit Tetramenthrin und d-Phenothrin
- Dr. Stähler Wespenschaum verbarrikadiert den Eingang sogleich
- Schopf Wespenschaum mit Deltamethrin und d-Tetramethrin
- Florissa Kraft-Wespenschaum wirkt auch gegen Erdwespen
Die Preise bewegen sich zwischen 6 und 23 Euro. Worauf die Preisunterschiede basieren, ist so ohne weiteres nicht ersichtlich.
Die Inhaltsstoffe sind zudem als Spray erhältlich. Als nachteilig ist dabei zu werten, dass ein Spray nicht so gezielt anzuwenden ist, wie Schaum. Insbesondere bei der Entfernung von einem Wespennest unter dem Dach plädieren Experten für die Applizierung von Wespenschaum. Geht es um die Bekämpfung einzelner Exemplare, sind wiederum die Eigenschaften von Spray von Vorteil.
Feuerwehr kommt nur im Notfall
Obschon das Naturschutzgesetz bereits seit 1978 besteht, wenden sich bis heute besorgte Bürger an die Feuerwehr, wenn sie ein Wespennest unter dem Dach entdecken. Da die überwiegende Mehrzahl der Wespenarten zu den geschützten Arten zählt, rückt die Feuerwehr nur an, wenn eine plötzlich auftretende, unmittelbare Gefahr für die Öffentlichkeit besteht. In allen anderen Fällen sind zertifizierte Schädlingsbekämpfer oder ehrenamtliche Berater der Naturschutzverbände zuständig. Wenn Sie trotzdem die Feuerwehr rufen, kann der Einsatz in einer hohen Gebührenrechnung münden.
Sachkundige Hilfe finden
Sich mit einem Wespennest auf dem Dachboden zu befassen, ist kein Kinderspiel. Solange die Insekten in Ruhe gelassen werden, sind sie friedlich. Wittern sie hingegen Gefahr, verwandeln sie sich in geflügelte Kampfmaschinen, die äußerst aggressiv vorgehen. Alleine aus diesem Grund ist es längst nicht jedermanns Sache, ein Wespennest eigenhändig zu entfernen, selbst wenn eine behördliche Erlaubnis vorliegt. Gut zu wissen, dass in dieser Hinsicht aus unterschiedlichsten Richtungen Hilfe bereit steht.
Im ersten Anlauf werden Ihnen die Beamten des Ordnungsamtes oder der Unteren Naturschutzbehörde wertvolle Hinweise geben können, an wen Sie sich wenden können. Neben professionellen Schädlingsbekämpfern bieten ehrenamtliche BeraterInnen ihre Hilfe an. Zunächst telefonisch und bei Bedarf vor Ort, leisten sachkundige Wespenkenner wertvolle Aufklärungsarbeit. Sie identifizieren die Wespenart anhand des Nestes und fangen notfalls ein Exemplar zu diesem Zweck ein. Anschließend erläutern sie die Lebensweise und das nützliche Wirken von Wespen in der Natur.
Ist eine Umsiedlung trotz allen guten Willens unumgänglich, nehmen die Fachleute diese entweder selbst vor, oder sie haben eine Liste mit Spezialisten zur Hand. Befindet sich kein ehrenamtlicher Berater in Ihrer Nähe, wenden Sie sich an einen Imker.
Fazit
Wenn ein Wespennest unter dem Dach zu Tage tritt, besteht kein Grund zur Panik. Bedenken Sie, dass sich die Insekten eventuell seit Wochen und Monaten dort tummeln und sich emsig um die Brutpflege kümmern, ohne Schaden anzurichten. Es ist demzufolge empfehlenswert, im ersten Schritt eine friedliche Koexistenz in Erwägung zu ziehen. Spätestens zu Beginn des Winters wird das gesamte Volk bis auf einige Jungköniginnen ohnehin das Zeitliche segnen. Sofern Sie das Wespennest vom Dachboden lieber entfernen, ist zu diesem Zweck zunächst eine behördliche Genehmigung erforderlich. In den seltenen Ausnahmefällen, dass die Behörde eine Vernichtung erlaubt, bietet der Fachhandel speziellen Wespenschaum an, mit dessen Hilfe Sie das Nest unter dem Dach entfernen.