Gartenpflanzen Pflanzen im Garten - Pflege-Tipps

Was sind Tiefwurzler? – Bäume und Sträucher zur Hangbefestigung

Tiefwurzler

Umgangssprachlich werden als Tiefwurzler meist die Pflanzen angesehen, die eine lange, gerade Wurzel senkrecht in den Boden treiben, botanisch Pfahlwurzler. Pflanzen haben aber ganz verschiedene Wurzelsysteme, und bei jedem Wurzelsystem sind Pflanzen dabei, die mehr oder weniger tief wurzeln. Wegen der großen Varianz lohnt sich vor der Anpflanzung von Bäumen und Sträuchern die genauere Beschäftigung mit dem Wurzelsystem. Das unterscheidet sich nämlich auch noch von Art zu Art, neben geeigneten Gehölzen für die Hangbefestigung können Sie so auch für andere Bereiche pflanzliche Gartenhelfer finden.

Der Tiefwurzler im pflanzlichen Wurzelsystem

Das Wurzelsystem besteht aus allen Wurzeln einer Pflanze, als Synonyme werden auch die Begriffe Wurzelgeflecht oder Wurzelwerk verwendet. Es gibt verschiedene Arten Wurzelsysteme, in mehrfacher Hinsicht:

1. In Bezug auf die Wurzelbestandteile werden unterschieden

  • Homogene Wurzelsysteme, aus vielen zahlreichen ähnlich wachsenden Wurzeln mit gleichen Aufgaben
  • Homogene Wurzelsysteme bilden Gefäßsporenpflanzen (Farne und Bärlapppflanzen) und einkeimblättrige Pflanzen, z. B. Süßgräser (alle Getreidearten) und Orchideen
  • Heterogene Wurzelsysteme, zwei Arten Wurzeln, eine senkrecht in den Boden wachsende Hauptwurzel, von der Seitenwurzeln abgehen
  • Heterogene Wurzelsysteme werden von zweikeimblättrigen Pflanzen gebildet, also allen Samenpflanzen außer den oben genannten Farnen und Co.

2. In Bezug auf die Gestalt des Wurzelsystems (das sog. Wurzelbild) werden bei Gehölzen drei Grundtypen unterschieden:

  • Hainbuche Tiefwurzler Beim Pfahlwurzelsystem dominiert eine kräftige, senkrecht wachsende Hauptwurzel
  • Die meisten Tiefwurzler bilden eine weit in den Boden reichende Pfahlwurzel, z. B. Eichen, Kiefern, Tannen, Ulmen (jeweils mit Ausnahmen)
  • Ein Herzwurzelsystem schickt mehrere unterschiedlich starke Wurzeln nebeneinander in den Boden, z. B. Birken, Buchen, Hainbuchen, Lärchen, Linden (wieder mit Ausnahmen)
  • Beim Horizontalwurzelsystem bildet der junge Baum eine Hauptwurzel, die sich dann in mehrere waagrecht wachsende Seitenwurzeln teilt, wie z. B. viele Pappeln
  • Das Senkerwurzelsystem ist eine Mischform, bei der aus zunächst horizontal wachsenden, kräftigen Wurzeln sog. Senkerwurzeln entstehen, die senkrecht in den Boden wachsen (Esche, Fichte in der Altersphase)

3. In Bezug auf die Wuchsrichtung werden unterschieden

  • Flachwurzler, die ihre Wurzeln kurz unter der Oberfläche in die Horizontale schicken, um z. B. versickerndes Oberflächenwasser aufzunehmen oder weil es wegen Fels kurz unter der Erdoberfläche nicht anders geht
  • Tiefwurzler, die ihre Wurzeln tief in den Boden treiben, um z. B. bis zum Grundwasser vorzustoßen

4. In Bezug auf die Wuchsstruktur der Wurzelabschnitte wird zwischen – oft verholzten – Grobwurzeln und Feinwurzeln unterschieden:

  • Grobwurzeln wachsen zum Wurzelgerüst, das der Pflanze Halt gibt und den durchwurzelten Bodenbereich strukturiert und umgrenzt
  • Dazwischen „toben sich“ die Feinwurzeln aus, dünn und häufig nur mit kurzer Lebensdauer, aber umso wichtiger: Sie bewerkstelligen die Wasser- und Nährstoffaufnahme – der Grund für die ständig zu lesende Warnung, man möge (beim Umtopfen, Pikieren) doch bitte vorsichtig mit den Wurzeln umgehen.

Welche Wurzeln wachsen tief?

Eberesche Vogelbeere Sorbus aucuparia Wie tief eine Wurzel wächst und wie breit ihr Wurzelradius werden wird, hängt von vielen Faktoren ab. Weder bei der Baumart noch bei der einzelnen Pflanze kann die Wurzelgestalt genau vorhergesagt werden, verschiedene Faktoren beeinflussen:

  • Die Vitalität des Gehölzes spielt eine Rolle
  • Wie oft der Baum in seiner Jugend umgepflanzt wurde, was die Wurzelbildung anregt
  • In verdichteten Böden, bei Staunässe, bei hohem Grundwasserspiegel ist das Wurzelwachstum nach unten gering
  • Der Baum kann sich dafür aber weit über den Kronenbereich hinaus im Boden ausbreiten
  • Einfluss hat auch, ob der Baum einzeln steht oder durch Konkurrenzwurzeln in der Wurzelentwicklung gestört wird
  • Das entscheidet dann gleichzeitig über einen windig-exponierten Standort oder Schutz durch umstehende Gehölze, mit entsprechender Wurzelbildung

Wie tief eine Wurzel wächst, lässt sich auch nicht aus der Baumgröße ablesen, es gibt kein festgeschriebenes Verhältnis: Ein 50 m hoher Mammutbaum streckt seine Wurzeln genau die gleichen 2, 3 m tief in den Boden wie die 2 m hohe Eibe; die 12 – 18 m hohe Waldkiefer schafft dafür an sehr trockenen Standorten stattliche 10 m Wurzeltiefe.

Auf der Suche nach dem Tiefwurzler

Wenn es seine Gründe hat, dass Sie unbedingt einen Tiefwurzler pflanzen wollen, zur Bodenbefestigung oder mangels Platz für ausgedehnte Wurzelbereiche, sei gewarnt davor, sich auf Pauschalaussagen zu verlassen.

Die gerade geschilderte graue Theorie führt dazu, dass bestimmte Gattungen von Bäumen und Sträuchern pauschal den Flachwurzlern oder Tiefwurzlern zugeschlagen werden, weil die meisten Arten dieser Gattungen das Potenzial zum Flachwurzler oder Tiefwurzler haben und meistens in Umgebungen wachsen, in denen sie auch wirklich zu Flachwurzlern bzw. Tiefwurzlern werden.

Walnussbaum Tiefwurzler Besonders häufig sind solche Pauschalisierungen zu beobachten, wenn eine bestimmte Art oder Zuchtsorte im Garten ziemlich oft gepflanzt wird. Der Ginster, Cytisus, ist z. B. ein Tiefwurzler, von dem die Zuchtsorte Cytisus x praecox, Ginster oder Edelginster, sehr bekannt ist. Cytisus x praecox ist ein Flachwurzler, schnell gelten dann alle Ginster als Flachwurzler, die über den Kellervorsprung u. ä. gepflanzt werden können – was gründlich schief geht, wenn ein Besenginster gewählt wird.

Denn wenn sich in einer Gattung ein bestimmtes Wurzelsystem findet, ist alles andere als zwingend, dass die anderen Arten dieser Gattung das gleiche Wurzelsystem entwickeln – Bäume sind fantasievoll, wenn es um Nährstoffe (Essen) geht, genau wie manche Haustiere.

Die ersten beiden gerade skizzierten Unterscheidungen von Wurzelsystemen können erste Hinweise geben: Süßgräser und Farne halten den Ball bzw. hier die Wurzeln sicher eher flach, Horizontalwurzeln machen sich auch nur ein Stück weit auf den Weg in die Tiefe, Senkerwurzelsysteme sind ebenfalls zunächst in der Horizontalen beschäftigt. Bleiben Pflanzen mit Herzwurzelsystem und Pfahlwurzelsystem als potenzielle Tiefwurzler, und bei denen sind tatsächlich die meisten Tiefwurzler zu finden.

Das Ganze kann aber gründlich täuschen, Horizontalwurzeln gehen schon ziemlich in die Tiefe, wenn sie z. B. zu einem Urweltmammutbaum (Metasequoia glyptostroboides) gehören. Senkerwurzelsysteme heißen so, weil aus den „fertig gewachsenen“ horizontalen Wurzeln Senkerwurzeln senkrecht in die Tiefe wachsen. Zu den Einkeimblättrige mit (anscheinend eher zurückhaltenden) homogenen Wurzelsystemen gehören auch Palmen, die ein beeindruckendes unterirdisches Stelzwurzelsystem entwickeln können.

Es gibt auch Bäume, die „jugendlich kräftige Pfahlwurzeln“ mit zunehmenden Alter durch tief- und weitreichende Senkerwurzeln ersetzten (so die Zirbelkiefer oder Arve); hier ein paar Arten Tiefwurzer:

  • Tiefwurzler mit Pfahlwurzel gibt es bei den Tannen, Kiefern, Eschen, Wacholdern, Eiben, Sumpfzypressen und Eiche
  • Tiefwurzler ohne Pfahlwurzel sind Esskastanien, Gleditschien, Amberbäumen, Urweltmammutbaum und Chinesisches Rotholz

Aber wie gesagt, es kommt auf den Einzelfall an, und etliche bekannte Bäume sind Tiefwurzler und Flachwurzler zugleich, Buche, Waldkiefer, Scheinakazie, Hemlocktanne und Goldulme zum Beispiel.

Wenn Sie also einen Tiefwurzler mit einer ganz bestimmten Wurzelform kaufen möchten, die diese Form auch nicht später für Sie überraschend verändert, sollten Sie erst eine Grobauswahl nach dem grundsätzlichen Wurzelsystemen treffen – und dann ganz genau für die einzelne Art nachsehen, was für Ideen dieses Gehölz im Laufe des Wurzelwachstums entwickelt.

Die „Gartenaufgaben“ eines Tiefwurzlers

Rote Beete Tiefwurzler Umgangssprachlich ist der typische Tiefwurzler das Gegenteil vom Flachwurzler, eine Pflanze mit einer tief und gerade in den Boden ragenden Wurzel, ein Pfahlwurzler.

Diese Pfahlwurzler haben im Garten ihre Aufgaben:

  • Es gibt Gemüsepflanzen mit Pfahlwurzeln, die Tiefenlockerung des Bodens und reiche Ernte bieten
  • Das sind beispielsweise Mohrrüben und Rettich
  • Andere Pfahlwurzler wie z. B. die Königskerze verbinden Bodenlockerung mit Nahrungsangebot für seltene Kleinlebewesen wie die Blattschneiderbiene
  • Weitere Pfahlwurzler dienen durch Produktion von Knöllchenbakterien als Bodenverbesserer, Besenginster beispielsweise
  • Außerdem können sie auf zu lockeren Böden als raschwüchsige Bodenfestiger eingesetzt werden
  • Pfahlwurzler kommen im Ökologischen Landbaus nach Flach- und Mittelwurzlern in der Mischkultur an die Reihe
  • Der Pfahlwurzler ist ein guter Hausbaum, seine senkrecht nach unten wachsenden Wurzeln richten keine Schäden am Hausfundament an
  • Und er ist meist besser geeignet, an Terrasse oder Teich zu stehen, weil er weder Bodenbelag noch Teichfolie schadet

Der typische Tiefwurzler kann deshalb u. U. bei der Hangbefestigung helfen, aber eigentlich kommt es auf ganz andere Kriterien an:

Bäume und Sträucher zur Hangbefestigung

Der gerade behandelte Pfahlwurzler ist nicht der Star bei der Hangbefestigung. Die Pflanzen zur Hangbefestigung sollen nämlich am besten tief und breit wurzeln, um den Hang in jede Richtung zu sichern. Es gibt eine ganze Reihe von Gehölzen, die sich in dieser Hinsicht bereits vielfach bewährt haben:

  • Besenginster Cytisus scoparius, Besenginster, Höhe bis 2 m, Tiefwurzler, stickstoffbindende Bakterien in den Wurzelknollen
  • Juniperus communis, Gemeiner Wacholder, Höhen bis zu 12 Meter, tiefreichendes Wurzelsystem
  • Lonicera pileata, Böschungsmyrte, immergrüner starkwüchsiger Flächenwuchs, bis 1 Meter Höhe, weitreichende Flachwurzel
  • Potentilla fruticosa, Fingerstrauch, wird bis 1,3 m hoch, dicht wurzelnder Flachwurzler
  • Rosa canina, Hunds-Rose, erreicht eine Höhe von rund 3 m, Tiefwurzler
  • Rosa rugosa, Apfel-Rose, Kartoffelrose, bis 1,5 m hoch, zu den Seiten Ausläufer bildender Flachwurzler, und viele Bäume und Sträucher mehr, die neben betont tiefen auch eher flache Wurzelsysteme, Herzwurzelsysteme oder Senkerwurzelsysteme ausbilden können.

Der Einsatz eines Pfahlwurzlers im Rahmen einer Hangbefestigung ist vor allem als Strukturpflanze an einem recht weitläufigen Hang denkbar: Gehölze mit Pfahlwurzeln in regelmäßigen Abständen verteilt sorgen für senkrechte Tiefenfestigung, dazwischen werden Pflanzen mit Wurzeln gepflanzt, die sich ausbreiten und in verschiedenen „Stockwerken“ den Boden durchwurzeln. Den oberen Abschluss bilden bodendeckende Stauden, die an ihren Trieben oder den Wurzeln Ausläufer bilden, der letzte Teil des dichten Netzes, das den Boden vor Erosion schützt.

Dafür kommt es vor allem darauf an, dass die Wurzeln dieser Pflanzen schön dicht wachsen und den Boden gleichmäßig durchdringen. Die Hangbefestigung arbeitet sozusagen in Schichten, Tiefwurzler mit gut ausgebildetem Wurzelsystemen sichern den Boden in der Tiefe, Pflanzen mit nicht ganz so tief wachsenden Wurzeln setzen diese Arbeit darüber fort, den Abschluss bilden eher in die Breite und in den obersten Bodenschichten wurzelnde Pflanzen.

Welche dieser Wurzeltiefen überhaupt eingesetzt werden, richtet sich nach der Stärke der Bodenschicht auf dem Hang, für ein wenig Erde auf einer Trockenmauer werden z. B. nur die Oberflächenwurzler gebraucht. Für den Einsatz in der Oberschicht eignen sich z. B. folgende Pflanzen:

  • Alchemilla, Frauenmantel
  • Epimedium, Elfenblume
  • Geranium, Storchschnabel
  • Efeu Hedera, Efeu
  • Hypericum calycinum, Großkelchiges Johanniskraut und andere selbstausbreitende Arten
  • Lamium, Goldnessel, mit unterschiedlichen Ausbreitungsmechanismen, z. B. fruchtbare und sterile Ausläufer
  • Pachysandra, Ysander
  • Waldsteinia, Waldsteinie, alle Arten bilden Rhizome im Boden

Die Zusammenstellung einer harmonisch mit- und ineinander wachsenden Pflanzengesellschaft für die Hangbefestigung erfordert ein wenig Rücksicht auf bekannte Kooperationen und Konkurrenzen der verschiedenen Arten untereinander. Wenn ein Hang wegen geringer Neigung eher unkritisch zu befestigen ist, können Sie Ihre Wunschpflanzen auswählen, vielleicht noch einmal kurz nachlesen, ob bekannte Unverträglichkeiten dabei sind und ansonsten einfach ausprobieren, welche Pflanzen sich vertragen.

Wenn der Hang aufgrund seines Steilheitsgrades schon fast eine bauliche Befestigung braucht, sollte die Pflanzengesellschaft sorgfältig gemischt werden, im Zweifel unter Einbeziehung eines Fachmanns. Nützlich kann auch ein Gang durch die Nachbarschaft sein, vielleicht wurden schon Erfahrungen gesammelt, welche Pflanzen am Standort besonders gut (zusammen) gedeihen.

Im Idealfall ergibt das Ganze dann eine Art Gitterstruktur aus Wurzeln im Boden, die auch an ziemlich steilen Hängen – vielleicht anfangs unterstützt durch Gewebematten oder Pflanznetze – den Boden dort halten, wo er sein soll.

Fazit
Es gibt unterschiedliche Arten von Tiefwurzlern, die zu unterschiedlichen Aufgaben im Garten eingesetzt werden können. Nicht nur Tiefwurzler eignen sich zur Befestigung des Bodens an einem Hang, sondern Pflanzengesellschaften mit verschiedenen Wurzelsystemen, jeweils die Pflanzen, die besonders dichte und üppige Wurzeln ausbilden. Die optimale Pflanzengesellschaft am Hang durchwurzelt diesen „in Etagen“, bis sich kein Krümel mehr von seinem Platz rührt.