Der Schutz von Bäumen findet in Deutschland Ausdruck in Länder-spezifischen Baumschutzsatzungen, die zu den strengsten der Welt zählen. Allerdings erfüllen längst nicht alle Baumarten und -größen die Kriterien und fallen durch die eng geknüpften Maschen der gesetzlichen Verfügungen. Fernerhin kann für einen eigentlich geschützten Baum eine der wenigen Ausnahmen gelten, die eine Beseitigung unumgänglich machen. Kommt eine unverzügliche Fällung nicht in Betracht, entscheiden sich betroffene Gärtner, den Baum absterben zu lassen. Diese Anleitung erklärt, wie Sie ihn gezielt eingehen lassen.
Missachtung der Baumschutzsatzung kann teuer werden
Der Leidensdruck durch einen unerwünschten Baum sollte nicht dazu führen, die regionale Baumschutzsatzung zu ignorieren. Konsultieren Sie bitte zunächst die gesetzlichen Vorgaben, unter denen die Beseitigung von Bäumen in Ihrer Gemeinde erlaubt ist. Da die Baumschutzsatzung in Deutschland Sache der Länder ist, können die Regelungen lokal deutlich voneinander abweichen. Zuwiderhandlungen werden mit hohen Geldstrafen von bis zu 50.000 Euro geahndet.
Üblicherweise sind Obstbäume nicht geschützt, abgesehen von Esskastanien und Walnussbäumen. In einigen Bundesländern fallen zudem Birken, Pappeln und Weiden nicht unter die Schutzbestimmungen. Grundsätzlich unterliegen geschützte Baumarten erst ab einer festgelegten Größe der Baumschutzsatzung. In Nordrhein-Westfalen beispielsweise greifen die Verfügungen erst ab einem Stammumfang von 80 cm, gemessen in einer Stammhöhe von 100 cm. Bei mehrstämmigen Bäumen ist eine Beseitigung untersagt, wenn ein einzelner Stammdurchmesser 50 cm und mehr beträgt. Geht von einem schutzwürdigen Baum eine Gefahr aus, kann man auf Antrag eine Sondergenehmigung erhalten.
Ringeln – Methode aus der Forstwirtschaft
In der Forstwirtschaft wird traditionell die Ringelung eingesetzt, um unerwünschte Bäume aus dem Bestand zu entfernen. Bei dieser Methode wird im unteren Stammbereich ein etwa 10 cm breiter Streifen aus Rinde und dem darunter befindlichem Kambium-Holz entfernt. In der Folgezeit stirbt der Baum sukzessive ab, da der Saftstrom unterbrochen wird. Konkret werden die aus der Photosynthese gewonnenen Stoffe nicht mehr von der Krone bis zu den Wurzeln transportiert. Da bei dieser Vorgehensweise jedoch weiterhin Wasser und Nährstoffe von den Wurzeln in die Krone fließen, nimmt der Prozess zwischen 12 und 36 Monaten in Anspruch, bis der Baum eingeht. So funktioniert das Verfahren:
Bester Zeitpunkt ist im Sommer
Um einen Baum durch Ringeln absterben zu lassen, eignen sich die Monate Juli und August besonders gut. Zu dieser Zeit hat der betroffene Baum einen Großteil seiner Reserven in das Wachstum neuer Triebe investiert. Die Wurzeln beginnen erst allmählich, ihre Vorräte wiederherzustellen, sodass der Baum in dieser Phase geschwächt ist. Da diese Methode keinen Lärm verursacht, sich auf den unteren Stammbereich konzentriert und ein geringelter Baum noch einige Monate stehen bleibt, werden brütende Vögel in der Krone in keiner Weise gestört.
Geeignete Werkzeuge
Die Ringelung ist weder mit riskanten Klettermanövern noch mit dem Einsatz von Maschinen verbunden. Lediglich die folgenden Werkzeuge werden benötigt:
- Ziehmesser (zweigriffiges Messer)
- Drahtbürste
- Reißhaken oder Veredelungsmesser
- Arbeitshandschuhe
Da diese Technik auf den Einsatz eines Helfers verzichten kann, ist die Ringelung bei kleinen Waldbetrieben weit verbreitet aufgrund des geringen Personalbedarfs. Sobald Motorsägen zum Einsatz kommen, ist aus Sicherheitsgründen immer ein zweiter Mann vorgeschrieben.
Vorgehensweise
Um einen Baum durch Ringeln gezielt eingehen zu lassen, gehen Sie so vor:
- Mit dem Ziehmesser einen 5 bis 10 cm breiten Rindenstreifen abschälen
- Nach innen gewölbte Rindenstücke mit dem Reißhaken oder Veredelungsmesser entfernen
- Mit der Drahtbürste das darunter befindliche Kambium abkratzen
Achten Sie bitte darauf, ausschließlich Rinde und Kambium zu entfernen. Kambium ist die Zellteilungs-Schicht zwischen Rinde und Holz, die bei Schnittverletzungen die Wunde überwallt. Wird das Holz beschädigt, kommt ein Fäulnisprozess in Gang, der den zerfallenden Baum zu einer potenziellen Gefahrenquelle macht.
Sichtbares Zeichen für das allmähliche Absterben eines Baumes sind die stets kleiner werdenden Blätter. Während der Baum weiterhin steht, fallen zunächst die kleineren Äste ab, gefolgt von den größeren Zweigen. Innerhalb von 1 bis 3 Jahren fällt das gesamte Gehölz in sich zusammen.
Vor- und Nachteile im Überblick
Wie archäologische Funde aufzeigten, wurde die Ringelung bereits in der Jungsteinzeit angewendet, um Bäume gezielt eingehen zu lassen. In Anbetracht der folgenden Vorteile ist es verständlich, dass sich die Methode bis heute erhalten hat:
- Es findet kein abrupter Wandel in der Pflanzengesellschaft statt
- Es erfolgt kein Stockausschlag, wie nach einer Rodung
- Der gesamte Vorgang ist vergleichbar mit einer natürlichen Baum-Mortalität
- Benachbarte Gehölze können sich an die geänderten Windverhältnisse schrittweise anpassen
- Kein Einsatz von schweren, lauten Maschinen und daher keine Störung brütender Vögel
Ungeachtet der zahlreichen Vorteile, sind dennoch einige Nachteile zu bedenken, wenn Sie einen Baum ringeln:
- Eine lange Wirkungsdauer von 1 bis 3 Jahren, mitunter länger
- Abfallende Äste stellen eine Gefahr dar
- Zu tiefes Ringeln macht einen Baum zur unkontrollierten Gefahrenquelle
- Wird das Kambium unvollständig ausgebürstet, bleibt der Baum erhalten
- Infolge einer Ringelung geschwächte Nadelbäume ziehen Borkenkäfer an
Gefahren
Darüber hinaus verleitet der hohe Kraftaufwand dazu, dennoch die Motorsäge einzusetzen. Das birgt gleich mehrere Gefahren, die den Erfolg der Ringelung infrage stellen. Es bleiben entweder Kambiumbrücken übrig, sodass sich der Baum wieder erholt, oder das Holz wird beschädigt, sodass der Baum unvermittelt umstürzen kann. Fernerhin wird inmitten der Brutzeit das Bundesnaturschutzgesetz missachtet, das jegliche Störung von Vögeln und Kleintieren zwischen 1. März und 30. September untersagt.
Fazit
Unterliegen unerwünschte Bäume nicht der Baumschutzverordnung oder dürfen gemäß einer Sondergenehmigung beseitigt werden, stellt die Rodung nicht immer die ideale Lösung dar. Als Alternative entscheiden sich betroffene Gärtner dazu, den Baum gezielt eingehen zu lassen. Eine traditionelle Methode haben sie der Forstwirtschaft abgeschaut. Um schonend und sukzessive einen Baum absterben zu lassen, entfernt man einen etwa 10 cm breiten Rindenstreifen mitsamt Kambium. Daraufhin kommt der Saftfluss zum Stillstand und das Gehölz fällt in sich zusammen. Dieser Prozess kann bis zu 3 Jahre in Anspruch nehmen.