Einerseits unscheinbar, andererseits in nahezu jedem Bereich unserer heimischen Vegetation anzutreffen, bilden Moose eine der größten Pflanzenfamilien überhaupt. Konkurrenzschwache Moosarten besiedeln insbesondere besonders ungünstige Standorte und tragen so zu einer Belebung unwirtlichster Gebiete bei. Wir klären auf, welche Sorten in Deutschland in Garten und Wald angetroffen werden können.
Die Vielfalt der Moose
Weltweit existieren insgesamt rund 16.000 bekannte Moosarten. Wichtig zu wissen ist, dass es sich bei den Moosen in Garten und Wald keinesfalls um eine zusammenhängende Pflanzenfamilie handelt. Viel mehr können die Sorten einer von drei Hauptabstammungslinien zugeordnet werden, die untereinander höchstens weitläufige Verbindungen aufweisen. Diese sind:
- Hornmoose
- Lebermoose
- Laubmoose
Von den weltweit 16.000 Arten waren mit Beginn der Erfassung 1121 Sorten in Deutschland heimisch. Mittlerweile sind davon aber 54 ausgestorben und weitere 28 vom Aussterben bedroht. 104 Arten gelten als stark gefährdet und 203 Sorten zumindest als gefährdet. Das verdeutlicht eindrücklich, wie es um die Lebensräume selbst unempfindlicher und sehr genügsamer Pflanzen steht. Betrachtet man nun die häufigsten vorzufindenden Moosarten, so verbleiben zuletzt nur eine Handvoll Sorten, die das Gros des Moosbewuchses in Garten und Wald in Deutschland ausmachen.
Hornmoose
Unter den bei uns anzutreffenden Moosen zählen nur sehr wenige Arten zu den Hornmoosen. Vegetativ weisen sie einzelne Eigenschaften der Lebermoose, aber auch der Laubmoose auf. Ursprünglich wurden sie zu den Lebermoosen gezählt und erst spät als eigene Artenfamilie klassifiziert. Die genauen verwandtschaftlichen Beziehungen zu anderen Moosarten sind noch ungeklärt, der Ursprung ist jedoch weitgehend sicher zu den Grünalten zurückzuführen.
Acker-Hornmoos (Anthoceros agrestis)
- Vegetationsbereiche: landwirtschaftliche Nutzflächen, vor allem Stoppeläcker, aber auch lückige Wiesen und Grabenränder
- Bevorzugte Substrate: neutrale bis schwach saure, kalkarme Erde
- Besonderheiten: gilt als Pionierart, die kahle Erdflächen zeitweise besiedelt und von Folgevegetation verdrängt wird
Lebermoose
Lebermoose bilden eine sehr unterschiedlich in Erscheinung tretende Familie an Moosarten. Als eigene Gruppe zusammengefasst werden sie vor allem an Hand biologischer, für den Laien nicht zu erkennender Wachstumsmerkmale. Den Namen erhielten Lebermoose bereits im Mittelalter, wo einzelne Arten als Heilpflanze gegen Leberleiden eingesetzt wurden.
Bach-Spatenmoos (Scapania undulata)
- Vegetationsbereiche: dauerfeuchte Standorte in Bachnähe oder an Wasserfällen
- Bevorzugte Substrate: kalkfreie Böden und Gesteine
- Besonderheiten: bevorzugt in höheren Lagen der Mittelgebirge anzutreffen
Endivienartiges Beckenmoos (Pellia endiviifolia)
- Vegetationsbereiche: Bereiche hoher Luftfeuchtigkeit, z.B. in geschützten Lagen im Wald, an Wegrändern oder an Bachläufen, Seen etc.
- Bevorzugte Substrate: kalkhaltige Böden
- Besonderheiten: auch als Kelch-Beckenmoos bekannt
Kleines Schiefmundmoos (Plagiochila porelloides)
- Vegetationsbereiche: schattige, nährstoffreiche Standorte
- Bevorzugte Substrate: Gestein, Totholz, Wurzelbereich von Bäumen
- Besonderheiten: auch als Kahlfrüchtiges Muschelmoos bekannt
Korallenmoos (Riccardia chamedryfolia)
- Vegetationsbereiche: dauerfeuchte Standorte
- Bevorzugte Substrate: basenreiche Böden, überflutetes Gestein, teilweise Totholz und freiliegende Baumwurzeln
- Besonderheiten: auch als Mini-Pelliamoos bekannt
Kriechendes Schuppenzweig-Lebermoos (Lepidozia reptans)
- Vegetationsbereiche: feuchte Wälder oder andere geschützte Lagen
- Bevorzugte Substrate: Silikatgestein, Rohhumus, Totholz
- Besonderheiten: in Deutschland sehr häufig und weit verbreitet anzutreffen, u.a. auch im Garten immer wieder als Gast vorzufinden
Preiss-Lebermoos (Preissia cf. quadrata)
- Vegetationsbereiche: Felsen, Natursteinmauern, karge Untergründe
- Bevorzugte Substrate: basenreiche Erde
- Besonderheiten: gilt in Teilen von Deutschland als gefährdet oder sogar stark gefährdet, im Garten vor allem „unerwünscht“ an Mauern oder Bauwerken anzutreffen
Laubmoose
Laubmoose sind für den Laien recht einfach an ihrer Erscheinung zu erkennen. Ähnlich dem Laub von Sträuchern oder Bäumen sind in aller Regel klare Blattstrukturen zu erkennen. Laubmoose bilden die größte Gruppe der heimischen Moosarten. Geschichtlich lassen sie sich bis auf das Karbon zurückzuverfolgen, so dass sie beispielsweise als deutlich älter als die Hornmoose gelten.
Becherfrüchtiges Goldhaarmoos (Orthotrichum cf. cupulatum)
- Vegetationsbereiche: Gärten und offene, meist karte Feld- und Wiesenbereiche
- Bevorzugte Substrate: Gestein, Felsen, seltener Natursteinmauern
- Besonderheiten: gute Indikatorpflanze für Luftqualität
Gekräuseltes Spiralzahnmoos (Tortella cf. tortuosa)
- Vegetationsbereiche: Steinbrüche, felsige Heiden, im kultivierten Gartenbereich auch Natursteinmauern
- Bevorzugte Substrate: feuchtes, kalkhaltiges Gestein
- Besonderheiten: Namensgebende Blattkräuselung stark Feuchteabhängig und vor allem bei trockenem Wetter zu beobachten
Gemeines Grünstängelmoos (syn. Scleropodium purum)
- Vegetationsbereiche: lichte Waldbereiche, andere helle Gehölzstandorte in Gärten oder Natur
- Bevorzugte Substrate: nährstoffreiche Böden, z.B. Humusschicht am Waldboden
- Besonderheiten: insbesondere im Bereich von Aufforstungen Ausbildung großer Bestände
Gemeines Starknervmoos (Palustriella commutata)
- Vegetationsbereiche: an Bächen oder sumpfigen Waldböden
- Bevorzugte Substrate: kalkreiche Böden oder Felsen
- Besonderheiten: kann auch direkt im Wasser, z.B. auf überspülten Steinen, angetroffen werden
Gemeines Weißmoos (Leucobryum glaucum)
- Vegetationsbereiche: Moorbiotope oder Nadelwälder
- Bevorzugte Substrate: Totholz, Silikatgestein, Rohhumus
- Besonderheiten: trocken weiße Färbung, feucht hellgrüne Erscheinung
Gestreiftes Schönschnabelmoos (Eurhynchium striatum)
- Vegetationsbereiche: bevorzugt Mittelgebirge, hier Bereiche hoher Luftfeuchtigkeit
- Bevorzugte Substrate: nährstoffreiche Waldböden, Felsen, Totholz
- Besonderheiten: auch als Spitzblättriges Schönschnabelmoos bekannt
Gewöhnliches Gabelzahnmoos (Dicranum scoparium)
- Vegetationsbereiche: weite Verbreitung in Waldgebieten und Heiden
- Bevorzugte Substrate: Borken oder Totholz, Gestein und Felsen
- Besonderheiten: Ausbildung dicker, geschlossener Polster, auch als Besenmoos bekannt
Goldenes Frauenhaarmoos (Polytrichum commune)
- Vegetationsbereiche: dauerfeuchte Standorte, wie Nadelwälder oder Sumpfwiesen
- Bevorzugte Substrate: kalkfreie Böden
- Besonderheiten: gilt mit bis zu 40 Zentimetern Wuchshöhe als größtes Moos Mitteleuropas
Seltenes Leuchtmoos (Schistostega pennata)
- Vegetationsbereiche: dunkle, feuchte Standorte, wie Höhen, Felsspalten etc.
- Bevorzugte Substrate: Felsen
- Besonderheiten: bei Lichtbestrahlung häufig charakteristischer Leuchteffekt durch spezielle, an schwache Lichtverhältnisse angepasste Zellstrukturen zur Photosynthese
Sparriges Seitenfruchtmoos (Pleurochaete cf. squarrosa)
- Vegetationsbereiche: sonnige Lagen auf Trockenrasen, Böschungen oder Kiesgruben
- Bevorzugte Substrate: kalkhaltige Böden
- Besonderheiten: bei uns in der roten Liste als gefährdet geführt
Tamarisken-Thujamoos (Thuidium tamariscinum)
- Vegetationsbereiche: feuchte, schattige Wälder und Bereiche heimischer Gärten
- Bevorzugte Substrate: kalkfreie, humusreiche Böden
- Besonderheiten: zählt zu den Moosarten mit Ausbildung großer Bestände und bis in große Höhen (bis 2000 Meter)
Weiches Kammmoos (Ctenidium cf. molluscum)
- Vegetationsbereiche: Wälder, seltener offene Standorte, wie Trockenrasen
- Bevorzugte Substrate: kalkhaltige Böden, Kalkgestein
- Besonderheiten: auch als Straußenfedernmoos bekannt
Welliges Sternmoos (Plagiommnium undulatum)
- Vegetationsbereiche: Wegränder, feuchte Wälder, an Bächen oder auf schattigen Wiesen
- Bevorzugte Substrate: stickstoffreiche Standorte
- Besonderheiten: auch als Bogensternmoos bekannt