Obstbäume, Sonnenschein, Frühling, nur das weiße Blütenmeer im Apfelbaum fehlt? Wenn der Obstbaum nicht blüht oder die Blüte nicht zur Frucht wird, kann das viele verschiedene Gründe haben, die wir Ihnen nachfolgend im Überblick vorstellen. Bei fast jeder Ursache kann dem Apfelbaum geholfen werden, damit die Ernte in der nächsten Saison wieder stimmt.
Junge Apfelbäume
Bei jungen Apfelbaum kommen verschiedene Gründe für ein Ausbleiben der Blüte/Frucht in Frage, die sich unterschiedlich schnell zeigen:
1. Fehlen einer Befruchtersorte
Gründe: Wenn der kleine Apfelbaum langsam Blüten ansetzt, aber wenige oder keine Früchte trägt, kann es an suboptimaler Bestäubung liegen. Dabei geht es nicht um die Arbeit der bestäubenden Insekten (die weiter unten behandelt wird), sondern bei vielen Apfelsorten vor allem darum, ob sich in der Nähe ein geeigneter Befruchter findet. Da Apfelbäume in der Regel Fremdbestäuber sind, brauchen sie zur Befruchtung den Pollen einer anderen Apfelsorte.
Hilfe: Langfristig passenden Pflanzenpartner dazu pflanzen oder in den Baum selbst hineinveredeln. Kurzfristig helfen ein paar blühende Zweige einer Befruchtersorte, die in Wassereimern in den Baum gehängt werden.
2. Schlechtes Anwachsen
Gründe: Wenn ein Apfelbaum schlecht anwächst, muss er sich erst um die Wurzeln kümmern, bevor die Blüte an die Reihe kommt. Wird das Anwachsen nicht durch Schäden der Jungpflanze verursacht, ist beim genügsamen Apfelbaum der nächst wahrscheinliche Grund eine (zu dicht) bepflanzte Baumscheibe. Rasen auf der Baumscheibe kann die Wurzelbildung stören, auch andere Unterbepflanzungen können kräftig Nährstoffe ziehen; selbst Feuchtigkeitsschutz aus Rindenmulch entzieht ein wenig Stickstoff.
Hilfe: Baumscheibe möglichst freihalten, ggf. düngen.
3. Apfelbaum ist zu jung zum Blühen
Gründe: In der Baumschule erworbene Apfelbäume sind veredelt, unter anderem deshalb, damit der Baum schneller als bei Entwicklung aus eigener Wurzel in der Lage ist, Blüten und Früchte zu bilden. „Schneller“ heißt aber auch nicht unbedingt „im Jahr nach dem Pflanzen“, sondern die Jungbäume brauchen je nach Sorte mehr oder weniger Zeit, bis sie in die produktive Phase übergehen. Wurde der Apfelbaum selbst aus einem Apfelkern gezogen, wird dazu meist ein Bio-Kern einer alten Apfelsorte ausgewählt. Dann dauert es ohnehin länger, Wildäpfel tragen frühestens ab dem sechsten Standjahr, wurzelechte Äpfel alter Sorten eifern ihnen gerne nach. Außerdem wächst hier zwar meist ein sehr robuster Baum heran, aber ein Apfelbaum unbekannter Sorte, weil Obst im Samen extrem vielfältige Erbanlagen verteilt – vielleicht haben Sie eine noch etwas langsamer reifende Sorte erwischt.
Hilfe: Entweder abwarten oder einzelne Äste pfropfen und mit einer Wunschsorte veredeln (wie das geht, ist in Büchern oder im Internet zu erfahren).
Vielleicht leidet der Jungbaum unter Ursachen, die älteren Bäumen ebenso zu schaffen machen können:
Mittelalter Apfelbaum
Folgende Gründe können daran beteiligt sein, wenn ein Apfelbaum im besten Alter nicht blüht oder (befriedigend) trägt:
1. Alternanz
Gründe: Viele Apfelsorten (z.B. ‚Boskoop‘, ‚Cox Orange‘, ‚Elstar‘ ‚Ontario‘, ‚Delbarestivale‘) tragen immer nur alle zwei Jahre richtig gut. Dieses natürliche Phänomen wird durch Witterungsbedingungen ausgelöst und betrifft deshalb meist alle entsprechend veranlagten Apfelbäume einer Region.
Hilfe: Diese Ertragsschwankungen können durch Pflegemaßnahmen ausgeglichen werden: Wenn ein schmaler Ertrag in Alternanz begründet ist, wachsen im Jahr mit wenig Früchten im Sommer meist viele neue Triebe, die reichliche Ernte für das nächste Jahr vorbereiten. Wenn Sie diese großzügig entfernen, wird die Ernte im nächsten Jahr nicht so reichlich, dass die periodische Schwankung noch verstärkt wird. Im Jahr der guten Ernte sollten vor allem die Früchte ausgedünnt werden; kleine, deformierte, beschädigte Früchte früh entfernen und von einem „Fruchtknäuel“ immer nur eine Frucht hängen lassen.
2. Falscher Schnitt
Gründe: Falscher Schnitt fördert die Blütenanlage nicht, sondern stört oder verhindert sie, wenn der Baum zu so starkem Wachstum angeregt wird, dass keine Kraft mehr für Blüte und Frucht bleibt. Auch zu viel Schnitt kann starkes Triebwachstum bewirken und so die Blütenbildung verringern, manche Sorten bilden am liebsten an längeren Fruchtästen Blüten.
Hilfe: Noch einmal gut über die Schnittpflege der Sorte informieren; im Zweifel besser ein Jahr nicht zurückschneiden als falsche Anregungen setzen.
3. Falsche Sorte
Gründe: Die Sorten für den intensiven Erwerbsobst-Anbau sind eigentlich nicht für den Hausgarten gedacht, werden aber in Massen preiswert gezogen und deshalb vom Massenhandel (Gärtnereien, Gartencenter, Baumärkte, v. a. Ketten) auch gerne Endverbrauchern angeboten. Die dann mit der Entwicklung des Apfelbaumes nicht immer zufrieden sind. Die Sorte ‚Braeburn‘ wird z. B. auf sehr schwachwachsende Unterlagen wie M9 veredelt und so auf die geringe Wuchsstärke beschränkt, die im Intensivanbau notwendig ist. Wenn nicht auf jedem Meter ein Baum steht und sich das Gehölz frei entfalten kann, fehlt ihm auf dieser Unterlage leider die Kraft dazu. Die Sorte ‚Gravensteiner‘ ist der genaue Gegenpol: Wuchskräftig auf jeder Unterlage und stark im Blütenansatz; aber als triploide Sorte befruchtungsbiologisch kompliziert, häufig von Fruchtfall betroffen, und frostempfindlich sind die Blüten auch noch.
Hilfe: Manchmal soll früher und starker Winterschnitt im Dezember wuchsschwachen Sorten zu mehr Lebenslust verhelfen, ansonsten hilft bei denen nur sorgfältig bedarfsangepasste Düngung und Abwarten. Bei übermäßig wuchsstarken Sorten helfen zunächst alle wachstumseinschränkenden Maßnahmen und die Verbesserung der Befruchtungsverhältnisse bis hin zum Pflanzen einer weiteren Apfelsorte. Außerdem können steile Äste waagerecht gestellt werden, die Düngung darf ruhig mal aussetzen; wenn sich der Austrieb mit entsprechendem Alter etwas beruhigt hat, stimmt dann meist auch der Ertrag.
4. Fehlende Bestäubung
Gründe: Honigbienen sind unverzichtbare Helfer bei der Befruchtung, ihre Zahl geht aber leider seit Jahren zurück. Wildbienen und Hummeln können die fleißigen Honigbienen nur teilweise ersetzen.
Hilfe: Die Extremlösung wird in China bereits praktiziert: Blütenbefruchtung per Hand mit dem feinen weichen Pinsel. Weitsichtiger ist wohl, Wildbienen durch natürliche Unterschlupfmöglichkeiten und/oder „Bienenhotels zu fördern und alle bestäubenden Insekten durch naturnahe Bepflanzung mit vorwiegend einheimischen Blütenpflanzen anzulocken. Kurzfristig hilft auch, größere Bäume an trockenen Tagen gründlich „durchzuschütteln“, um den Pollen mit Hilfe des Windes zu verbreiten.
5. Junifruchtfall
Gründe: Ende Mai bis Anfang Juli lassen Kernobst-Bäume (v. a. Apfel- und Birnbäume) einen Teil ihrer Früchte fallen; 3 bis 4 Wochen nach der Blüte und dann noch einmal 6 bis 8 Wochen danach. Der natürliche Vorgang wird hervorgerufen durch Nährstoffkonkurrenz; Hauptgrund ist fehlende oder unzureichende Befruchtung. Kühle, feuchte Witterung zur Zeit der Blüte, übermäßiger Fruchtansatz, Trockenheit und Apfelwicklerbefall verstärken den Fruchtfall.
Hilfe: Bestäubung verbessern, Apfelbaum in Hitzeperioden bewässern, Apfelwickler bekämpfen, ansonsten führt der Junifall einfach nur zur Ernte normal großer Früchte und erspart dem Baumpfleger das Ausdünnen der zu viel entwickelten Fruchtanlagen von Hand (Ausputzen vor dem Junifall v. a. im schattigen Bereichen des Baumes soll allerdings zu noch besserer Obstqualität führen).
6. Spätfrost
Gründe: Bekannter und offensichtlicher Blütenkiller, dessen Kälteschäden nicht immer sofort erkennbar sind. Die Blüten der empfindlichen Erwerbsobstsorten erfrieren zuerst (weshalb der Apfelpreis im Handel 2016 + 2017 kräftig gestiegen ist), diese Sorten werden im Massenhandel auch an Hausgärtner verkauft.
Hilfe: Gegen Erfrieren der Blütenorgane werden gerade die verschiedensten Maßnahmen erprobt; bis zur Saison 2017 ohne großen nachhaltigen Erfolg, informationsmäßig dranbleiben lohnt aber. Auf Dauer hilft Ersatz eines Apfelbaumes durch eine frostharte alte Sorte, die Nordländer hier: www.elbtalaue.niedersachsen.de/download/26600/Obstsortenposter.pdf finden und der Rest der Welt bei einem der vielen Apfelbauern, die schon immer oder wieder (auch) alte Apfelsorten kultivieren.
7. Standort am Kompost
Gründe: Die Erde um den Kompost bekommt während der Reife und bei jeder Arbeit am Kompost auch ein paar Nährstoffe ab, was durchaus irgendwann zu Überdüngung führen kann, wenn in der Nähe des Komposts nur der Apfelbaum wächst.
Hilfe: siehe Überdüngung
8. Überdüngung
Gründe: In konventionell geführten Gärten eine durchaus häufige Ursache, weil dort schnellwirkender mineralischer Dünger mit den Hauptkomponenten Stickstoff, Phosphor und Kalium ausgebracht wird – der für jedes Gartenareal nach Bodenanalyse genau berechnet und dosiert werden müsste, was aber tatsächlich in den seltensten Fällen geschieht. Meist wird der Dünger nach Gefühl ausgebracht; da die Pflanzen es gut haben sollen, im Zweifel eher ein bisschen zu viel als zu wenig. Zu viel Stickstoff regt die Pflanzen zu starkem vegetativem Wachstum von Wurzeln, Trieben und Blättern an; allerdings auf Kosten des generativen Wachstums mit Blüte und Fruchtbildung.
Hilfe: Je nach Maß der Überdüngung Baumscheibe mit stickstoffzehrender Unterpflanzung ausstatten oder Nährstoffe entziehenden Rindenmulch ausbringen, erst einmal überhaupt nicht mehr düngen oder wenig kaliumbetonten Dünger geben. Dann Dünger für den nicht sehr hungrigen Apfelbaum nach Bodenanalyse genau dosieren oder (noch besser) auf naturnahes Gärtnern umstellen, in dem langsam wirkende organische Düngung der Gefahr einer Überdüngung entgegenwirkt.
Alte Apfelbäume
Im Alter hat auch ein Apfelbaum mit Alterserscheinungen zu kämpfen:
1. Altersschwäche
Gründe: Auch beim Apfelbaum baut der Stoffwechsel im Alter ab und hat irgendwann keine Kraft mehr, um Blüten und Früchte zu bilden.
Hilfe: Möglichst gute, bedarfsangepasste Nährstoff- und Wasserversorgung kann den Alterungsprozess etwas aufhalten.
2. Ausufernder Schädlingsbefall
Gründe: Irgendwann sind alte Bäume so geschwächt, dass Schädlinge es recht leicht mit dem Befall haben
Hilfe: Schädlinge bekämpfen, Baum mit biologischen Pflanzenstärkungsmitteln verwöhnen und gut pflegen.
3. Reaktion auf Witterungseinflüsse
Gründe: Diverse natürliche Abläufe wie der Junifruchtfall fallen beim geschwächten alten Baum heftiger aus, wenn feuchtes kaltes Wetter die Versorgungssituation zusätzlich verschlechtert.
Hilfe: Alte Bäume vor dem Junifall ausputzen, vor allem bei nasskaltem Wetter, und bei Trockenheit rechtzeitig bewässern.
„Tragefauler“ Apfelbaum
Wenn ein Apfelbaum trotz hingebungsvoller Pflege hartnäckig eine vernünftige Ernte verweigert, z. B. weil eine nicht ganz optimale Sorte am nicht ganz optimalen Standort steht oder die Genetik eines samengezogenen Apfels ihm ein „Leben auf dem Sofa“ vorgibt, können Sie die Trageeigenschaften des Apfelbaum durch Lenkung seines Stoffwechsels verbessern.
Das tun Sie, indem Sie Einfluss auf den Saftfluss nehmen – also so eine Art Aphrodisiakum für Apfelbäume verabreichen; allerdings ein ziemlich brutales: „Fruchtgürtel anlegen“ und „Ringeln“ nennen die Obstbauern diese Einschnitte in den Stoffwechsel, um den Saftfluss zu den gewünschten Arealen im Baum zu leiten. Beides sollte nur Bäumen angetan werden, bei denen ein Schaden im Zweifel verkraftbar ist, und auch dann erst nach gründlicher vorheriger Information.
Fazit
Meist gibt es vernünftige Gründe dafür, dass ein Apfelbaum die Ernte verweigert oder (viel zu) wenig Blüten/Früchte ausbildet. Gegen vernünftige Gründe gibt es normalerweise auch vernünftige Hilfe, es kann höchstens etwas dauern, bis diese Hilfe wirkt. Die meisten Apfelbäume können deshalb recht gut dazu „überredet werden“, doch bitte eine prächtige Blüte und Ernte abzuliefern; und der fachkundige Obstbauer kennt sogar Mittel, um die Extremfälle (nicht versetzbarer, grundlos tragefauler Baum) nachdrücklich an ihre Pflichten zu erinnern.