Rigoros verbannt aus dem privaten Zier- und Nutzgarten, haben chemische Pflanzenschutzmittel die Bedeutung für Hobbygärtner längst verloren. Niemand will sich oder seine Familie unnötigen gesundheitlichen Risiken aussetzen. Trotzdem werden Kulturpflanzen regelmäßig von Viren, Pilzsporen und Schädlingen heimgesucht oder bedürfen zusätzlicher Nährstoffe für ein gesundes Wachstum. An dieser Stelle kommt Brennnesseljauche ins Spiel, ein vollkommen natürliches Pflanzenschutzmittel, das so effektiv wirkt, dass selbst das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit die Zutaten listet. Als besonderen Vorteil werten Gartenfreunde, dass sie Brennnesseljauche selbst herstellen können. Damit die Mixtur ihre vollständige Effektivität entfalten kann, sollten einige Aspekte beachtet werden, wie die folgende Anleitung zeigt.
Jauche, Brühe, Tee, Extrakt – die Unterschiede
Sie alle enthalten Kräuter und Wasser. Gleichwohl existieren teils erhebliche Diskrepanzen in Bezug auf Herstellung und Wirkung. Ein verdichteter Überblick schafft Transparenz:
- Jauche: Kräuter in kaltem Wasser ansetzen und am warmen Ort 14 Tage gären lassen.
- Brühe: Zutaten 24 Stunden einweichen, 20 Minuten kochen, abkühlen und auspressen.
- Tee: Kräuter mit kochendem Wasser übergießen, 1 Tag einweichen und abseihen.
- Extrakt: Blätter 12 Stunden im dunklen, kühlen Raum in Wasser ziehen, jedoch nicht gären lassen.
Die vergleichsweise lange Dauer der Zubereitung von Jauche deutet bereits an, dass es sich hierbei um die wohl gehaltvollste Mischung handelt. Im allgemeinen Sprachgebrauch werden Jauche und Gülle häufig im gleichen Atemzug genannt. Für einige Regionen in Deutschland mag das so zutreffen. Zumeist bezieht sich Gülle indes auf einen Mix aus tierischen Exkrementen, Wasser und Stroh in der landwirtschaftlichen Viehhaltung und wird hier als wirtschaftseigener Dünger auf dem Feld eingesetzt.
Anleitung für die Herstellung
Da sich die Zubereitung von Brennnesseljauche über 2 Wochen hinzieht, verwenden erfahrene Hobbygärtner vorzugsweise größere Behälter, zumal sich die fertige Mischung anschließend noch einige Zeit lagern lässt. Solange das Gefäß nicht aus Metall besteht oder metallene Bestandteile aufweist, ist nahezu jedes Material geeignet, wie Holz, Ton, Steingut oder Kunststoff.
Zutaten und Arbeitsmaterial:
- Bottich oder Eimer
- Holzstock zum Umrühren
- Regen- oder Teichwasser
- Bentonit oder Tonmehl
- Maschendraht oder Gitterrost
- Handschuhe
- Brennnessel
- evtl. kleine Aquarienpumpe
Als Zutat geeignet sind sowohl die Große Brennnessel (Urtica dioica), als auch die Kleine Brennnessel (Urtica urens), wobei letztere als die aggressivere Art gilt. Die verwendeten Brennnessel können Sie frisch oder getrocknet zu Jauche verarbeiten. Kundige Hobbygärtner, die frische Pflanzen bevorzugen, ernten sie grundsätzlich mit Handschuhen, denn die Brennhaare können einen schmerzhaften Ausschlag verursachen. Die optimale Zeit für die Ernte ist im Mai, an einem warmen, sonnigen Tag. Wichtig zu beachten ist, ausschließlich nicht blühende Brennnessel zu pflücken, weil diese eine höhere Konzentration an wertvollen Inhaltsstoffen aufweisen.
Schritt für Schritt zur fertigen Jauche
Stehen Arbeitsmaterial und Zutaten bereit, ist es ratsam, den noch leeren Behälter am geeigneten Standort zu platzieren. Abhängig von der vorgesehenen Menge an Brennnesseljauche, die man herstellen will, ist es später recht mühsam, den vollen Bottich zu transportieren.
- Das Jauchegefäß am sonnigen, warmen Platz im hinteren Garten aufstellen.
- Zerkleinerte Brennnessel bis zur Hälfte aufschichten und mit Wasser auffüllen.
- Dosierung: 1 kg frische oder 200 g getrocknete Pflanzen auf 10 Liter Wasser.
- Einen 8 cm bis 10 cm hohen Freiraum bis zum Gefäßrand freilassen.
- Mit Maschendraht oder einem Gitterrost abdecken, jedoch nicht luftdicht verschließen.
In den kommenden 2 bis 3 Tagen setzt der Gärungsprozess ein. Daran anschließend wird die Jauche täglich mindestens 1 Mal mit dem Holzstock umgerührt. Nach etwa 14 Tagen färbt sich die Flüssigkeit dunkel und schäumt auch nicht mehr. Die Brennnesseljauche ist nun reif und bereit für den Einsatz im Garten. Wer die Pflanzenteile nicht in einem Sack ins Wasser legte, seiht die Mixtur ab und bewahrt sie nunmehr an einem schattigen, kühleren Platz auf, bis sie verwendet wird.
Richtiges Umrühren
Damit sich die tote Biomasse der Brennnessel im Wasser zersetzt, ist eine gigantische Armee an Mikroorganismen emsig damit beschäftigt, den Umwandlungsprozess in Gang zu halten. Ein nicht unbeträchtlicher Anteil dieser unsichtbaren Helfer benötigt zum Überleben Sauerstoff und tummelt sich demgemäß an der Oberfläche der Flüssigkeit. Kundige Gartenfreunde, die sich dessen bewusst sind, rühren die Jauche wie folgt um:
- Der Rührstab bewegt sich entlang des inneren Rands im Behälter.
- Bildet sich in der Mitte ein Trichter, wird der Stab herausgezogen.
Die sich drehende Brennnesseljauche darf durch den Stock nicht gebremst werden. Die Mikroorganismen würden abwärts gespült und sterben schlimmstenfalls ab. Dieser Umstand verlangsamt nicht nur den Gärungsprozess, sondern fördert zudem die Entwicklung des typischen Jauche-Gestanks.
Üblen Gerüchen vorbeugen
Mithilfe einer adäquaten Rührtechnik nimmt der kundige Gartenfreund wirksam Einfluss auf die Geruchsbildung von Brennnesseljauche. Restlos verhindern lässt sich die unerfreuliche Ausdünstung der gärenden Mixtur hingegen nicht. Die Platzierung des Bottichs im hinteren Bereich des Gartens trägt ebenfalls dazu bei, dass sich Familie und Nachbarn nicht belästigt fühlen. Ein umsichtiger Hobbygärtner kann noch mehr unternehmen zur Geruchsunterdrückung:
- In der ersten Woche vor jedem Rühren Bentonit oder Steinmehl hinzufügen.
- Baldrian, Eichenblätter oder Kamille potenzieren die Wirkung.
- Am Boden des Gefäßes eine kleine Aquariumpumpe installieren.
Je mehr Sauerstoff der Mischung zugeführt wird, desto geringer entfaltet sich der unerwünschte Gestank. Findige Hobbygärtner entwickelten daher die Idee von der Aquariumpumpe im Jauchefass. Damit das Gerät durch umher schwimmende Pflanzenteile nicht verstopft, füllen sie die Brennnessel in einen Sack oder eine alte Gardine, bevor sie das Wasser einfüllen.
Aufbewahrung
Die sehr dynamische Brennnesseljauche ist verständlicherweise nur kurze Zeit haltbar. Zumindest jedoch für die laufende Vegetationsperiode dürfte sie ihre Aufgaben noch zufriedenstellend erfüllen. Nach dem Absieben der Pflanzenteile sollte man die Tonne, falls sie nicht zu schwer ist, an einen schattigeren Platz des Gartens bringen, um einer unerwünschten Nachgärung aus dem Weg zu gehen. Es spricht nichts dagegen, stets die entnommene Menge durch frisches Wasser zu ersetzen, was auf Dauer die Verdünnung erübrigt. Am Ende der Saison vollbringt das Naturmittel eine letzte gute Tat, indem es auf den nunmehr leeren Beeten verteilt wird zur Vorbereitung des Erdreichs auf das kommende Jahr.
Eine Vorratshaltung in Kanistern oder Flaschen bewerten erfahrene Experten als wenig erfolgversprechend, wobei die Zugabe von Konservierungsmitteln ohnehin kontraproduktiv wäre.
Breit gefächerte Anwendungsmöglichkeiten
Dank des hohen Gehaltes an Stickstoff und Kalium, zählt Brennnesseljauche zu den beliebtesten Naturdüngern im Hausgarten. Darüber hinaus hat sich die Mischung bewährt, um eine Vielzahl von gesundheitlichen Problemen an Pflanzen zu beheben und lästigen Schädlingen zu Leibe zu rücken.
Düngen
Die Brennnesseljauche möglichst in verdünnter Konzentration verwenden, im Verhältnis 1:10 für die Gießkanne und 1:50 für die Sprühflasche. Einzig in den frühen Morgenstunden und nicht unter praller Sonneneinstrahlung unmittelbar auf den Wurzelbereich der Pflanzen ausbringen. Angetrocknetes Erdreich wird zuvor angefeuchtet, damit die intensive Jauche keine Verbrennungen an den Wurzeln verursacht. Die Dosierung richtet sich danach, ob es sich um Stark-, Mittel- oder Schwachzehrer handelt.
- Zierpflanzen aller Art begrüßen einen Guss mit Brennnesseljauche.
- An Blumen stoppt die Düngung, sobald die Knospen ausgebildet sind.
- Alle Gemüsearten, die nicht für den Rohverzehr angebaut werden.
- Nicht geeignet sind Salate, Bohnen, Erbsen, Kohl, Zwiebeln und Knoblauch.
An Obstbäumen wird die Fruchtbildung gefördert durch eine Nachblütenspritzung mit Brennnesseljauche. Einen ähnlichen Effekt erzielt das Naturmittel an Beerensträuchern aller Art.
Schädlingsbekämpfung
Im Kampf gegen Blattläuse, Thripse, Spinnmilben und andere Plagegeister, hat Brennnesseljauche bereits nach 12 bis 36 Stunden die entsprechenden Abwehrstoffe entwickelt. Während dieser kurzen Phase enthält die Flüssigkeit eine hohe Konzentration gelöster Nesselgifte, auf die saugende und stechende Pflanzenschädlinge gar nicht gut zu sprechen sind. Erfahrene Hobbygärtner fügen 1 Liter Jauche noch 0,5 Liter Schachtelhalmbrühe bei, verdünnen das Ganze auf 1:10 und spritzen es an 3 Tagen hintereinander auf die befallenen Pflanzen. Einzig der Kohlweißling fühlt sich angezogen von Brennnesseljauche.
Stärken
Es muss nicht erst zu Mangelerscheinungen oder anderen Problemen an Pflanzen kommen, damit Brennnesseljauche zur Anwendung kommt. Erhalten beispielsweise Jungpflanzen ein lauwarmes, 1:20 verdünntes Wurzelbad, bevor man sie ins Beet einsetzt, erhöht diese Maßnahme die Chancen auf ein rasches, gesundes Anwachsen. Topfpflanzen, die ihre Blätter hängen lassen, erholen sich in einem solchen Fußbad rasch wieder.
Heilende Blattdüngung bei Chlorose
Verfärben sich die Blätter gelb und braun, während die gesamte Pflanze stetig blasser wird, lautet die Diagnose zumeist auf Chlorose, ausgelöst durch Eisenmangel. Als Sofortmaßnahme hat sich eine Blattdüngung mit Brennnesseljauche bewährt.
- In stark verdünnter Konzentration 1:50 mit der Spritzflasche auf die Blätter sprühen.
- Idealerweise am frühen Morgen, unter bedecktem Himmel, um Verbrennungen zu vermeiden.
- Alle Blätter auf der Ober- und Unterseite benetzen an mehren Tagen nacheinander.
Parallel zu dieser Notfallmaßnahme ist es empfehlenswert, die eigentliche Ursache für den Nährstoffmangel zu erforschen. Häufig ist das Erdreich zu kalkhaltig, sodass Eisen gebunden und nicht mehr an die Pflanzen abgegeben wird.
Beschleunigung der Rotte
Auf dem Komposthaufen vollbringt Brennnesseljauche ebenfalls ein gutes Werk. Hin und wieder mit dem Naturmittel überbraust, geht die Verrottung deutlich zügiger vonstatten. Dies gilt insbesondere für Blätter der Birke, Kastanie, Pappel, Buche oder Eiche, die sich andernfalls 2 Jahre und länger Zeit nehmen, bis sie kompostiert sind.
Fazit
Brennnesseljauche ist aus dem biologischen Pflanzenschutz nicht mehr wegzudenken. Das gilt insbesondere für den heimischen Zier- und Nutzgarten, in dem chemische Präparate längst verpönt sind. Somit wechselte der Status von Brennnesseln rasch vom verhassten Unkraut zum heilbringenden Naturmittel für die Düngung, Pflanzenstärkung und Schädlingsbekämpfung. Als ausgesprochen vorteilhaft ist zu werten, dass mittels einer praxisnahen Anleitung Brennnesseljauche selbst hergestellt werden kann. Frische Brennnesseln, kalkarmes Regenwasser und ein großer Bottich genügen, um das naturreine Pflanzenschutzmittel zu produzieren. Von der Wirksamkeit ist selbst das strenge Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit so überzeugt, dass die Brennnesseljauche ins Register aufgenommen wurde.