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Dickmaulrüssler – Schadbild, Vorbeugen und Bekämpfen

Dickmaulrüssler

Krabbeln im Garten und Löcher in den Rosenblättern – bei eher naturentfernten Hobbygärtnern klingeln bereits die Alarmglocken. Keine Panik, wir sagen Ihnen, wer da krabbelt und knabbert, wie Sie diesen Dickmaulrüssler bekämpfen und wie Sie Ihren Garten so gestalten, dass Sie auf Dauer solche Käfer und viele andere Schädlinge nicht mehr fürchten müssen.

Der erste Schritt – Dickmaulrüssler identifizieren

Wenn Sie in Ihrem Garten angefressene Blätter sichten, und zwar Blätter, bei denen saubere Halbmonde oder akkurate Bögen in die Blattränder gebissen wurden, sollten Sie sich auf die Suche nach einem Dickmaulrüssler machen. Dieser Käfer ist berühmt dafür, dass er ausgesprochen ordentlich arbeitet, er wird wegen der Akkuratesse seiner Halbkreise auch „Fahrkartenknipser“ genannt.

Der Dickmaulrüssler ist knapp bis gut einen Zentimeter groß, wie fast jeder Käfer länglich oval und ziemlich dunkel in der Farbe (so wie satte, feuchte Gartenerde eben). Auf dem Rücken hat er Längsfurchen und hellgelbe Schuppenhärchen. Ansonsten hat er 6 Beine und wirklich einen recht dicken, wie beim Elefanten nach unten zeigenden Rüssel. Da der Dickmaulrüssler aber viel kleiner als ein Elefant ist und der Rüssel auch im Verhältnis viel kürzer ist, müssen Sie schon über eine erhebliche Sehschärfe verfügen, wenn Sie den Käfer nach diesem Merkmal identifizieren möchten. Eher hilfreich ist da wohl der Gesamteindruck, wenn etwas im Beet herumkrabbelt (Dickmaulrüssler können nicht fliegen), und die „Krabbelzeit“: Dickmaulrüssler sind dämmerungsaktiv.

Die Dickmaulrüssler, die Sie sehen, werden immer nur Weibchen sein – dieser Käfer hat sich von der häufig so schwierigen geschlechtlichen Fortpflanzung unabhängig gemacht und setzt auf Parthenogenese, also Jungfernzeugung. Wenn eine solche Jungfernzeugung stattfindet, gehen aus ihr auch immer nur Weibchen hervor. Ob es (noch) männliche Dickmaulrüssler gibt, scheint nicht ganz klar zu sein, obwohl Fotos von eindeutigen „Paarungsstellungen“ zu finden sind (über Aufklärung durch einen Fachmann würde der Autor sich freuen). Diese Weibchen legen nun auf jeden Fall Eier am Wurzelhals ihrer Lieblingspflanzen (siehe unten Vorbeugung) ab, pro Weibchen bis zu 1000 Stück. Je günstiger die Bedingungen sind, desto mehr Larven schlüpfen und überleben, die besten Chancen haben die Larven bei Bodentemperaturen zwischen 16 und 27 Grad und einer hohen Feuchtigkeit im Boden. Die Larven sind weiß mit einer kleinen braunen Haube auf dem Kopf, haben eine runzlige Haut und krümmen sich meist im Bogen nach innen. Sie werden gut einen Zentimeter lang.

Der Dickmaulrüssler selbst lebt bis zu zwei Jahre, wobei er sich in Wurzelballen zum Überwintern einnistet. In dieser Zeit produziert er zwei Mal Nachkommen. Die Larven entwickeln sich über den Sommer hinweg je nach Temperatur, Bodenfeuchtigkeit und Nahrungsangebot unterschiedlich gut, im Herbst vermindern sie ihre Fraßaktivität, die schon ausreichend entwickelten Larven überwintern nun ebenfalls im Wurzelbereich. Im Frühling fressen sie sich dann erst wieder ein wenig Kraft an, um sich im April/Mai zu verpuppen und nach rund drei Wochen die nächste Käfergeneration schlüpfen zu lassen, die sich nun mit frischen Schwung an den „Buchtenfraß“ an ihren Pflanzen macht. Wenn sich Dickmaulrüssler in einem Gewächshaus oder einem Wintergarten eingenistet haben, kommen sie auch ohne Winterruhe aus, hier ist es warm genug. Hier können dann alle Entwicklungsstadien des Käfers auf einmal vorkommen.

Das vom Dickmaulrüssler verursachte Schadbild

Dickmaulrüssler Schadbild Die Larven beginnen gleich nach dem Schlüpfen, die feinen Wurzelhaare ihrer Wirtspflanze zu schädigen. Wenn sie älter werden, knabbern sie auch gröbere Teile der Wurzeln an, am Wurzelhals und an der Basis der Wurzel, wenn sie zahlreich sind, entrinden sie die Wurzeln komplett. Die Larven benagen dann auch die unteren Pflanzenteile und dringen in das Innere pflanzlicher Knollen vor, die sie dann einfach aushöhlen, z. B. bei Alpenveilchen und Knollenbegonien. Die Schädigungen im Wurzelbereich führen bei Gehölzen zu Kümmerwuchs und bei krautigen Pflanzen zu Welke, wenn zu viele Larven fressen, sterben die Pflanzen ab.

Die erwachsenen Käfer können mit ihrem Buchtenfraß meist nicht so viel anrichten, wenn sie sehr zahlreich werden (dürfen), gehen sie aber auch an Knospen oder an Triebe oder nagen Rinden ab.

Wie Sie einem Befall vorbeugen

Wenn Dickmaulrüssler auf einen naturnahen Garten und kräftige Pflanzen treffen, werden sie kaum weiter auffällig werden. Wenn nicht, weil sie sich in einem von Monokulturen belegten Garten einnisten können und dann vielleicht noch günstige Bedingungen vorfinden, haben Sie eine umtriebige Zeit vor sich, bis Sie die Käfer im Griff haben. Deshalb (und weil die Dickmaulrüssler mehr werden, siehe unten) sind bestimmte Maßnahmen für jeden begeisterten Gärtner empfehlenswert, wobei einige speziell gegen den Dickmaulrüssler vorbeugen und andere einfach allgemein dafür sorgen, dass Ihre Pflanzen besser gegen Krankheiten und Schädlinge gewappnet sind:

  1. Die Vorbeugung gegen den Dickmaulrüssler beginnt beim Einkauf: Kaufen Sie Ihre Pflanzen am besten bei Fachbetrieben und nicht bei Gelegenheitshändlern, hier haben Sie eine wesentlich bessere Chance, dass sie schädlingsfreie Pflanzen erhalten. Kontrollieren Sie die Pflanzen zusätzlich auch selbst beim Kauf dahingehend, ob sie oder die umstehenden Pflanzen Fraßstellen am Wurzelansatz oder Buchtenfraß aufweisen, achten Sie auch später beim Einpflanzen auf Larven oder Fraßspuren.
  2. Kufen Sie in Ihrer Region ökologisch/biologisch gezogene, kräftige einheimische Pflanzen, die sich in Ihrem Garten wohlfühlen werden und keine Exoten oder auf Schönheit gezogene, aber schwächliche Hybriden.
  3. Unterstützen Sie Ihre Pflanzen mit Pflanzenstärkungsmitteln, hier kommen verschiedene käufliche Mischungen und selbst angesetzte Laugen in Betracht. Gegen den Dickmaulrüssler sollen umweltfreundliche Pflanzenstärkungsmittel mit Silizium helfen, die die Widerstandsfähigkeit der Pflanzen gegen die Schädlinge verbessern, Käfer vergrämen mit Knoblauchbrühe, Rainfarnjauche oder Niemtee sollen die Käfer vergrämen. Auch das Gießen mit einer im Verhältnis 1 zu 10 verdünnten Wermut-Jauche soll den Dickmaulrüssler-Larven den Appetit vertreiben, dazu noch Ameisen und Schnecken abhalten und die Pflanze düngen.
  4. Gestalten Sie Ihren Garten so natürlich, dass sich zahlreiche Nützlinge wie Spitzmäuse und Tausendfüßler, Igel und Spinnen, Laufkäfer und insektenfressende Wirbeltiere in ihm wohlfühlen. Wenn Sie diesen Nützlingen durch einige Asthaufen und andere Schlupfwinkel ausreichend günstige Bedingungen bieten, werden Sie den Dickmaulrüssler vermutlich nie kennenlernen. Verwenden Sie keine torfhaltigen Substrate, die schaden nicht nur den Mooren, sondern bieten dem Dickmaulrüssler auch geradezu optimale Lebensbedingungen.
  5. Durch häufige Bodenbearbeitung können Sie die Dickmaulrüssler und seine Larven stören. Das bedeutet nicht, dass Sie wieder mit dem längst verpönten umgraben beginnen sollen und dadurch das Ökosystem in Ihrem auf den Kopf stellen sollen. Sie können vielmehr auch eine sanfte Bodenpflege betreiben, die die Bodenlebewesen nicht stört: Sie können den Boden mit der Grabegabel oder Gartenkralle lockern, indem Sie diese Werkzeuge nur in den Boden einstechen, etwas bewegen und wieder rausziehen.
  6. Wenn ein Befall schon vermutet wird, sollten Sie vielleicht Ihren Pflanzplan umstellen und dem Dickmaulrüssler nicht gerade seine Lieblingspflanzen „vor die Nase setzen“ (Entschuldigung, vor den Rüssel). Dickmaulrüssler mögen (gleich mit Zimmer- und Gewächshauspflanzen): Alpenveilchen und Azaleen, Begonien und Gartenchrysanthemen, Clematis und Dickblattgewächse, Efeu und Eiben, Erdbeeren und Farne, Flieder und Fuchsien, Gloxinien und Heidekrautgewächse, Hortensien und Kamelien, Liguster und Lilien, Lorbeer und Pfennigkraut, Rhododendron und Rosen, Schiefblattgewächse und Taxus und Weinreben. Dass die Käfer nicht fliegen können, schützt Ihre Kübelpflanzen und Balkonpflanzen übrigens nicht im Mindesten, denn als Ausgleich sind sie unglaublich gut zu Fuß unterwegs und erklimmen mühelos auch die glattesten Wände oder Fensterscheiben.
  7. Das Flammende Käthchen (Kalanchoe blossfeldiana) liebt der Dickmaulrüssler sogar so sehr, dass Sie es als Fangpflanze einsetzen können: Einfach neben eine gefährdete Pflanze setzen und die Dickmaulrüssler hier konzentriert ihrer Vernichtung entgegenwandern lassen. Entgegen weit verbreiteter Meinung geht das auch im Garten, besonders robuste Freilandsorten werden als „Outdoor“-Kalanchoe verkauft.
  8. Ebenfalls bei akuter Gefahr könnte folgende Maßnahme Hilfe in letzter Minute bringen: Wenn Ihnen das Wetter im Mai oder Juni die Gelegenheit gibt, lassen Sie Ihren Garten einige Tage lang so weit austrocknen, wie Sie es Ihren Pflanzen zutrauen. Eine Pflanze braucht schon ein paar Tage, bis sie unter Trockenheit ernsthaft leidet, die mit erheblich weniger Volumen ausgestattete Larve wird vermutlich schneller austrocknen.

Weil heute viele Händler mit Pflanzen handeln, denen die nötige Fachkenntnis fehlt, können sich schädliche Tarnkünstler wie der Dickmaulrüssler immer mehr verbreiten, und weil unsere Gärten und Gartenbaubetriebe viel zu selten ökologisch im Gleichgewicht sind, fehlt hier das Abwehrpotenzial. Helfen Sie mit, etwas dagegen zu tun!

Dickmaulrüssler durch Absammeln bekämpfen

Wenn der Dickmaulrüssler schon da ist, ist die beste Zeit für die Bekämpfung der erwachsenen Käfer die Zeit des Reifefraßes. Er beginnt im Mai/Juni und dauert ein bis zwei Monate, erst dann haben die Käfer Eier entwickelt, die sie nun ablegen möchten. Sie haben also einige Zeit, um die Käfer zu bekämpfen, da sie nicht fliegen können, können Sie sich auf einen recht engen Bereich beschränken – „Gut zu Fuß“ heißt nicht, dass die Käfer weite Strecken zurücklegen. Das können Sie tun:

  • Während des Reifungsfraßes können Sie den Käfer mit Rainfarntee, Quassiabrühe oder Schmierseifenlösung den Appetit verderben, die Präparate werden großflächig auf die Pflanzen und das Umfeld gespritzt.
  • Sie können sich auch zur Zeit der Dämmerung mit einer Taschenlampe in den Garten begeben und Käfer sammeln, bzw. absammeln, wenn sich die Population gerade erst aufbaut, bringt das durchaus Erfolg.
  • Sie können brüchige und gut durchnässte Bretter oder dicke, angefeuchtete Pappe unter den Pflanzen auslegen, hier wird sich der Käfer dann nach dem Fressen verkriechen und kann tagsüber beseitigt werden. Nehmen Sie dazu eine Schüssel mit glattem Rand und möglich großem Durchmesser mit und streifen Sie die Unterseite von Brett oder Pappe am Rand ab, dann fallen die Käfer in die Schüssel.

Dickmaulrüssler-Larven mit Nematoden bekämpfen

Nematoden Wenn sich zeigt, dass trotz aller Vorbeugungsmaßnahmen und trotz allen „Käfer-Sammelns“ Larven entwickelt wurden, können Sie diese biologisch bekämpfen: Sie können spezielle, pflanzenunschädliche Fadenwürmer (Nematoden) einsetzen, die aktiv in die Schädlinge (und nur in diese) eindringen und dort Bakterien hinterlassen, die sich nun in den Larven vermehren und diese abtöten. Die unschädlich gemachte Larve verfärbt sich nun von weiß zu rötlich oder braun-orange, die Nematoden vermehren sich erst in der Larve, um dann auszuschwärmen und die nächste Larve zu vernichten.

Die Nematoden, die Dickmaulrüssler-Larven mögen, bekommen Sie (auf Bestellung) in Gartenfachgeschäften, sie nennen sich „Heterorhabditis bacteriophora“ und werden wie folgt eingesetzt:

  • Der Boden sollte mindestens eine Temperatur von 12 Grad haben, da die Fadenwürmer sonst absterben.
  • Sie fressen die Larven und die Puppen des Dickmaulrüsslers, unabhängig von der Bodentemperatur ergeben sich damit empfehlenswerte Anwendungszeiten zwischen Anfang April und Ende Mai und zwischen Ende August und Anfang Oktober.
  • Während des rund 10-tägigen Wirkens der Nematoden sollte der Boden gut feucht gehalten werden, dann können sich die Nematoden am besten bewegen.
  • Die Fadenwürmer werden eingebettet in Tonmineral geliefert, das Ganze wird einfach in Wasser aufgelöst und per Gießkanne ausgebracht.
  • Auf der Packung ist eine bestimmte Menge angegeben, die ausgebracht werden muss, damit die Nematoden ihre Arbeit erfolgreich erledigen können
  • Nematoden dürfen nicht bei vollem Sonnenschein verteilt werden, da sie unter den UV-Strahlen leiden

Dickmaulrüssler mit Chemie bekämpfen?

Vorsicht, kann man da nur sagen, und zwar höchste Vorsicht, denn der Chemie-Einsatz könnte in diesem Fall voll auf den Menschen zurückschlagen:

  • Nach den Informationsblättern vieler Pflanzenschutzämter gibt es gegen die Dickmaulrüssler keine wirksamen chemischen Präparate, auch wenn einige Handelspräparate das Gegenteil behaupten.
  • Diese Handelspräparate sind oder waren zum Teil sogar als Pflanzenschutzmittel für den Haus- und Kleingarten zugelassen, sie enthalten jedoch ausnahmslos die Wirkstoffe Thiamethoxam, Imidacloprid oder Thiacloprid.

Anfang 2013 hat die EU-Kommission empfohlen, die Insektizide Thiamethoxam und Imidacloprid (und Clothianidin) zu verbieten, weil eine Studie der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) nachgewiesen hat, dass diese Schädlingsbekämpfungsmittel für das grassierende Bienensterben mitverantwortlich sind. Wie sich die Umsetzung gestalten wird, bleibt abzuwarten und zu beobachten – nach Empfehlung der EFSA sollten diese Mittel erstmal nur für zwei Jahre verboten werden, was erheblichen Einfluss der Lobby der Pestizid-Industrie vermuten lässt.

Thiacloprid ist weniger giftig für Bienen, sogar 1000 Mal weniger giftig, und doch läuft seit Mai 2012 ein Forschungsvorhaben, das die Langzeitwirkung von Thiacloprid auf Bienen bis zum Sommer 2014 genauer untersucht.

Wenn Forscher Anlass sehen, das tausendfach schwächere Mittel drei Jahre lang genau auf seine Giftigkeit zu untersuchen, möchte man sich wirklich nicht genau vorstellen, was das starke Gift anrichtet. Wer auch in ein paar Jahren noch Pflanzen zum Essen haben möchte und weiß, dass dazu Bienen als Bestäuber gebraucht werden, wird solche Mittel nicht anrühren.

Fazit
Ein akuter und starker Befall durch den Dickmaulrüssler muss recht arbeitsintensiv bekämpft werden. Wenn Sie Ihren Garten jedoch so naturnah gestalten, „dass er sich selbst gegen Schädlinge wie den Dickmaulrüssler wehren kann“, ersparen Sie sich Kosten und Arbeit und helfen darüber hinaus allgemein, das biologische Gleichgewicht zu erhalten.