Ob die Blüten des Lippenmäulchens wirklich wie Schmetterlinge aussehen, wie in vielen Beschreibungen zu lesen ist, möchten wir Ihrer Phantasie überlassen. Zauberhaft sieht das betreffende Stück Garten auf jeden Fall aus, wenn es voller blühender Lippenmäulchen steht. Dazu ist Mazus reptans auch noch erfreulich leicht zu pflegen und wird viele Jahre in Ihrem Garten zu Gast sein, wenn ihm der Standort zusagt. Der am Teichufer liegen kann, wenn einige Besonderheiten beachtet werden, aber nicht unbedingt dort liegen muss.
Standort-Ansprüche und Talente
Das Lippenmäulchen kommt aus Asien, aus dem Himalaya-Gebiet. Das ist keine wirklich genaue Aussage ist, lässt aber zumindest hoffen, dass es die meiste Zeit des Jahres mit unseren Außentemperaturen gut zurecht kommt.
Genauso ist es auch. Lippenmäulchen fühlen sich wohl in unseren Breiten und in unseren Gärten, an sonnigen und an halbschattigen Standorten. In Asien wird das Lippenmäulchen schon lange als unproblematischer Bodendecker geschätzt. Der blau blühende Winzling wird nämlich nicht höher als etwa 10 cm und braucht an einem passenden Standort nur wenig Beachtung.
Passende Standort finden sich im Garten an sehr vielen Stellen: Im Steingarten, rund ums Beet, als Bodendecker auf allen Flächen unter so locker wachsenden Gehölzen, dass noch etwas helles Licht durchkommt. Sogar als vorsichtig begehbare Flächenbegrünung (statt Rasen) kann das wuchswillige Lippenmäulchen an guten Standorten eingesetzt werden. Kräftige Mazus reptans sollen zudem mehr oder weniger trittfest sein.
Die geringe Wuchshöhe macht das Lippenmäulchen wett, indem es ausdauernd wächst und Polster bildet. Eine einzelne Pflanze kann bis zu 30 cm im Durchmesser für sich einnehmen.
Auch am Ufer eines Teichs, wobei es bei der Wahl eines solchen Standortes einiges zu beachten gibt.
Feuchte Erde, aber keine nassen Füße
Lippenmäulchen gedeihen am besten in einem ziemlich feuchten Boden, möchten aber keinesfalls dauerhaft im Nassen stehen. Deshalb können sie sehr gut einem Teichufer mit ihren kleinen Blüten einen romantischen Touch geben, müssen aber an den Teichrand gepflanzt werden. In der Flachwasserzone des Teiches haben sie nichts zu suchen, wenn Sie länger an ihnen Freude haben möchten.
Die Pflanzposition sollte vielmehr mit Blick auf den Wasserspiegel so ausgewählt werden, dass die Erde für das Lippenmäulchen 3 bis 10 cm über dem Wasserspiegel beginnt. Diese Erde sollte dem Lippenmäulchen ein ausgeglichenes Nährstoffangebot bereitstellen. Besondere Wünsche an den pH-Wert hat es nicht.
Da die Lippenmäulchen sich sogar auf Flächen mit lichtdurchlässigem Schatten ausbreiten können, gedeiht sie normalerweise unkritisch auch in dem Bereich des Teichufers, der unter den Teich beschattenden Gehölzen liegt.
Richtig pflanzen
Wenn die Lippenmäulchen einen Gartenteich umranden sollen, werden sie in geeigneter Höhe auf den Uferwall gesetzt, z. B. auf eine Ufermatte.
Mazus reptans ist zwar winterhart, aber nicht in jeder Kultursorte und nicht in jeder Umgebung so winterhart, wie vom Händler vielleicht versprochen wird.
An einem Teichufer würden die Wurzeln der Lippenmäulchen wahrscheinlich wegfrieren, wenn sie im porösen Verbund einer Ufermatte ungeschützt der Kälte ausgesetzt werden. Deshalb sollten die Wurzeln einer dicken Schicht Substrat gut durchwurzeln, die sie im Winter vor der Kälte schützt. Sollen sie auf eine Ufermatte gesetzt werden, geht das nur mit vorheriger Anzucht. So gelingt die Anzucht eines Uferteppichs mit Lippenmäulchen:
- Sie brauchen möglichst großflächige Kisten je nach Menge der Lippenmäulchen
- Diese werden erst mit Folie und dann mit Gartenvlies ausgelegt
- Lassen Sie das Gartenvlies an allen Seiten überhängen, damit Sie den Pflanzenteppich später aus der Kiste heben können
- Auf diese Schichten kommt Substrat mit mittlerem Nährstoffgehalt, um 4 cm
- Das Substrat wird befeuchtet, die Lippenmäulchen werden in Handlänge Abstand eingepflanzt
- Die Kisten werden an einem geschützten Ort aufgestellt und weiter feucht gehalten
- Jetzt dürfen die Lippenmäulchen sich 6 Wochen bis zu 2 Monaten einwurzeln
- Wenn der Pflanzenteppich einen dichten und kräftigen Eindruck macht, wird er aus der Kiste gehoben und auf die Ufermatte gesetzt
- Wenn beim Umsetzen viel Substrat herausgefallen ist, sollten Sie das gleich wieder zwischen den Pflanzen verstreuen
Die Alternative ist, die Mazus reptans entgegen allen Anweisungen doch in die Flachwasserzone zu setzen. Eine Saison sollen sie das auch überleben. Den Winter werden sie dort aber kaum überstehen.
Wenn man die Lippenmäulchen normal in Gartenerde gepflanzt, gilt der gleiche Abstand, immer in Gruppen mit Lücken von 15, 20 cm, die die Lippenmäulchen recht schnell schließen.
Lippenmäulchen kann man im Herbst und im Frühjahr pflanzen. Wenn eine Bepflanzung fürs Teichufer erst vorgezogen wird, sollten Sie damit im Frühjahr starten, sonst gehen recht frisch versetzte Pflanzen in die Winterkälte. Mazus reptans mit unbekanntem Aufzuchtort (= unsicherer Winterhärte) sollte man immer besser im Frühjahr setzen. Dann können sie sich über den Sommer gut einwurzeln, bevor der erste Winter naht.
Schnecken
Frisch gepflanzte Stauden mit so zartem und saftigem Blattwerk wie Lippenmäulchen werden nur zu gerne von Schnecken angeknabbert. Zum Schneckenschutz könnten viele Seiten geschrieben werden, hier nur so viel, dass Sie die Lippenmäulchen wahrscheinlich genauso gut mit einer Reihe an beiden Seiten geöffneten Thunfisch- (Leberwurst-, Bonbon-) Dosen schützen können wie mit Kupferringen. Über diese Ringe können Schnecken auch nicht krabbeln.
Schneckenkorn sollte am Teichufer dagegen besser nicht eingesetzt werden, das könnte ins Wasser gelangen und die Lebewesen im Teich schädigen bzw. das Wasser vergiften.
Gießen und Düngen
Lippenmäulchen brauchen im Sommer Wasser; wenn sie in einem gut durchfeuchteten Boden am Teichrand sitzen, aber nicht von Ihnen.
Nur wenn es im Sommer wirklich einmal längere Zeit sehr trocken ist, sollten Sie zusätzlich bewässern.
Nährstoffe brauchen Lippenmäulchen genauso, aber auch nicht unbedingt von Ihnen. Wenn sie in einem normal nährstoffreichen Boden sitzen, sind sie besser versorgt als auf einer Gebirgswiese im Himalaya.
Wenn Sie die Lippenmäulchen in einen sehr nährstoffarmen Boden gepflanzt haben, haben diese sicher nichts gegen ein wenig Kompost oder Dünger, vor allem kurz vor der Blüte.
Blüte und (Blüten-) Schnitt
Diese Blüte beginnt im Mai oder Juni und kann mit ein wenig Zuarbeit durch Sie den ganzen Sommer anhalten. Wenn Sie den Lippenmäulchen immer kurz vor der Samenreife die dann bereits verwelkenden Blüten wegschneiden, werden sie den Fortpflanzungsversuch erneut starten, indem sie weitere Blüten nachschießen. Allerdings schneiden Sie damit auch die Samen weg, die dann nur noch an der nachgeschobenen Blüte ausreifen können.
Sie können die Lippenmäulchen mit vollem Laub in den Winter gehen lassen, ein guter Winterschutz für die Pflanze. Geschnitten wird dann vor dem Neuaustrieb im Frühjahr. Sie können bei sicher winterharten Lippenmäulchen aber auch im Herbst mit der Schere für Ordnung sorgen, das braune Winterlaub ist nicht rasend attraktiv.
Vermehrung
Das Lippenmäulchen wird auch „Kriechender Mazus“ genannt, und diesem Namen macht es alle Ehre. An guten Standorten kriecht es sogar ziemlich schnell. Mazus reptans wächst teilweise niederliegend und kann sogar an den Blattknoten wurzeln. Der Teppich wird sich also ziemlich rasch ausdehnen.
Falls Ihnen das immer noch nicht schnell genug geht, oder Sie Lippenmäulchen für einen anderen Standort brauchen, können Sie die Pflanzen durch Teilung vermehren. Sie brauchen Mazus reptans dazu noch nicht einmal ausgraben, sondern stechen einfach mit einem scharfen Spaten ein Stückchen samt Wurzeln ab und pflanzen es am neuen Standort wieder ein.
Überwinterung
Mazus reptans hat seine Heimat im Himalaya-Gebiet, was erst einmal nach schneebedeckten Gipfeln und damit guter Frosthärte des Lippenmäulchens klingt. „Himalaya“ heißt auf Sanskrit „der Wohnsitz des Schnees“. Aber das Himalaya-Gebiet ist nicht gerade winzig. Es reicht von der Südgrenze Afghanistans und Pakistans über Indien, Nepal, Bhutan, Tibet bis nach Myanmar im Süden. Das sind ein paar tausend Kilometer.
In der Vertikalen sieht es ganz ähnlich aus, und damit hängt eine noch größere Klimavarianz zusammen als mit der Ausdehnung des Gebirgszuges in der Waagerechten: In Bodennähe tropisches Monsunklima, in 3000 m gemäßigtes Monsunklima, in 5000 bis 6000 m Höhe hochalpines oder polares Klima. Es kommt also schon ein bisschen darauf an, wo genau im Himalaja-Gebiet sich das Lippenmäulchen entwickelt hat.
Wahrscheinlich deshalb gibt es im hiesigen Schrifttum viele unterschiedliche Meinungen zur Winterhärte eines Lippenmäulchens in deutschen Gefilden. Mal wird es als extrem frosthart bezeichnet und soll Temperaturen unter -30 °C tolerieren, mal ist es frostempfindlich und braucht Winterschutz. Mal soll aus der Gattung überhaupt nur das neuseeländische Mazus radicans deutsche Winter überstehen können.
Ein Blick auf die internationalen Winterhärtezonen für Pflanzen sagt USDA-Winterhärtezone 5 bis 8. Das sind exakt alle Winterhärtezonen, die in Deutschland vorkommen. Bei der Entscheidung dieser Frage kommt es aber sicher auch auf die Kultursorte an, und dann noch darauf, wo genau sich Ihr Lippenmäulchen entwickelt hat. In einem Massengewächshaus im warmen Holland oder im Boden einer Gärtnerei in der Nähe.
Sorten und Arten
Das Lippenmäulchen Mazus reptans gibt es in zwei Sorten:
- Mazus reptans in der Urform, mit lavendelfarbenen, innen weiß und gelb gepunkteten Blüten
- Mazus reptans ‚Albus‘, strahlend weiße Blüten mit ein wenig Gelb auf der Unterlippe und Laub in etwas hellerem Grün
Die Gattung Mazus besteht aus rund 30 bis 35 Arten, von denen einige weitere in Kultur und dem Lippenmäulchen sehr ähnlich sind. Für Gärten in sehr rauen Lagen soll Mazus radicans empfehlenswert sein, das aus Neuseeland kommt und noch mehr Kälte vertragen soll als das Lippenmäulchen.