Der Moos-Steinbrech Saxifraga bryoides wurde so benannt, weil er moosartig wächst (griechisch „bryodes“ = moosartig). Also in weichen Polstern, wenig typisch für einen Steinbrech, bei dem der entdeckende Römer Plinius der Ältere aus seinem Wuchs in Felsspalten schloss, dass er sich durch die Felsen bricht (wörtlich übersetzt vom lateinischen Gattungsnamen Saxifraga, von „quia saxa frangit“ = weil er Felsen bricht). Das schafft der Moos-Steinbrech zwar nicht, aber er ist trotzdem unbedingt ein Gewinn für den Garten.
Hartnäckiger Moos-Steinbrech
Felsen brechen sie nicht, aber Steinbreche wachsen unerschrocken in der kleinsten Felsspalte, das ist kaum weniger bemerkenswert. Der Moos-Steinbrech tut dies in den Pyrenäen, in den Alpen und im Balkangebirge, auf Silikatfelsen und auf Schuttflächen, in luftigen Höhen von 2.000 bis 4.000 Metern.
Dort ist sicher die Luft gut, aber überaus komfortable Wuchsbedingungen sind das nicht, deshalb wächst das Moos-Steinbrech gerne in etwas tiefer gelegenen Regionen, an allen möglichen Standorten in unseren Gärten.
Boden und Standort
Der Moos-Steinbrech gehört zu den ausdauernden krautigen Pflanzen, ist aber winzig, 5 bis 15 cm, letzteres auch nur während der über dem Laub stehenden Blüte. Diese Blüte ist wunderschön und oft üppig, verschwindet aber hinter jedem anderen Frühjahrs-Austrieb, wenn der Standort nicht überlegt gewählt wird.
Am besten macht sich Moos-Steinbrech in Steingärten, die terrassenförmig ansteigen, vorne am Rand. Steinbrech als Bodendecker kommt gut am Rand eines Staudenbeetes zur Geltung. Vielleicht schaffen Sie damit sogar einen natürlichen Schneckenzaun, Schnecken sollen Steinbrech verschmähen. Als Flächenbepflanzung macht er sich gut als pflegeleichter Wegrand, oder um Areale zu beleben, die im Schatten großer Bäume liegen. Moos-Steinbrech ziert gerne Terrasse und Balkon, in Blumenschalen auf Säulen, breiten, flachen Kübeln und Balkonkästen.
Jeder dieser Standorte muss die Ansprüche des Moos-Steinbrechs erfüllen, die gering, aber entschieden sind:
Lichter Halbschatten, je nach Sorte mit stundenweise voller Sonne oder vollem Schatten
- Keine pralle Mittagssonne, noch nicht gut eingewurzelter Moos-Steinbrech reagiert auf die empfindlich
- Eine Lage nach Osten mit Morgensonne soll dem Moos-Steinbrech am besten gefallen
- Moos-Steinbrech braucht gut durchlässigen Boden, von Sand oder Kies durchsetzt, gerne mit etwas Lehm
- Der Boden muss humos sein und Feuchtigkeit halten, ganz trockene Lagen mag die Staude nicht
- Der pH-Wert sollte nicht in Richtung sauer tendieren, der Naturboden ist häufig mit Kalkstein angereichert
- Es gibt allerdings Erfahrungsberichte, nach denen Moos-Steinbrech in Naturböden mit niedrigem pH-Wert gut zurechtkommt
- Moos-Steinbrech braucht genügend Platz zum Ausbreiten, jede einzelne Pflanze gut 30 Quadratzentimeter
- Im richtigen Abstand zum Sitzplatz zieht die Nährpflanze für Hautflügler all die Insekten an, die Sie nicht am Kaffeetisch haben möchten
- Da der Boden für den Moos-Steinbrech gerne frisch sein darf, kann er als Erstbesiedelung auf Neubauflächen genutzt werden
Insgesamt bevorzugt Moos-Steinbrech eher eine etwas kühlere Umgebung, der echte Moos-Steinbrech mit der alpinen Abstammung sowieso, aber auch Vorfahren der Arendsii-Hybriden wachsen im hohen Norden bis in arktische Zonen. Die Zuchtsorten sind zwar oft kälteempfindlicher, aber Dauerhitze mögen auch sie nicht.
Moos-Steinbrech aussäen und pflanzen
Sie können Ihren Moos-Steinbrech selbst aus Samen vorziehen:
- Aussaat im Februar/März in Anzuchterde
- Mit Glas oder Folie bedecken
- An einem hellen, warmen Ort aufstellen
- Wenn die ersten Blätter da sind, wird die Jungpflanze vereinzelt
- In Töpfe kann sie am besten im Juni gepflanzt werden
- Ins Beet kann bis Juli ausgepflanzt werden
Weil Moos-Steinbrech sich ausbreitet, ist der empfohlene Pflanzabstand recht groß für eine so kleine Pflanze: Mindestens 15 cm, das sieht auch gleich nach dem Pflanzen gut aus, wenn Sie die Jungpflanzen in Gruppen setzen, mit Ihrem eigenen geometrischen Muster (das bei definiertem Abstand nicht viel Kreativität erlaubt, aber zwischen Wellenlinie und Zickzackmuster können Sie schon wählen).
Wenn Moos-Steinbrech drei Jahre in der Erde sitzt, können seine Polster in der Mitte hohl werden, dann müssen die Hohlräume mit frischer Erde auffüllt werden.
Blütenpflege und Schnitt
Moos-Steinbrech beginnt mit der Blüte je nach Sorte zu verschiedenen Zeiten im Frühjahr, die Sorten unterscheiden sich auch ein wenig in der Dauer der Blüte. Wenn der erste Blütenflor verblüht ist, können Sie die verwelkten Blütenstände zurückschneiden. Das sieht ordentlicher aus und könnte die Pflanze dazu veranlassen, weitere Blüten nachzuschieben.
Wenn sich im Spätherbst eine zweite Blüte entwickelt, sollten Sie den Moos-Steinbrech mit den verblühten Stängeln in den Winter gehen lassen. In der Natur überwintert jede Pflanze mit diesem natürlichen Winterschutz, es gibt eigentlich keinen Grund, ihr den im Garten nicht zu gönnen. Falls Sie jetzt an Ordnung als Grund denken, soll das für Moos-Steinbrech nicht gelten, weil die Samenstände im Winter sehr dekorativ aussehen sollen.
Bewässerung und Düngen
An die Wasserzufuhr hat der Moos-Steinbrech kaum Ansprüche: Feucht, aber nicht zu; immer dann Wasser nachgeben, wenn die oberste Erdschicht bereits wieder abgetrocknet ist.
Saxifraga kommen aus dem Hochgebirge, Wasser läuft dort immer schnell ab, im Zweifel verträgt ein Moos-Steinbrech deshalb eher ein bisschen mehr Trockenheit als zu viel Nässe.
Der Moos-Steinbrech kann im Frühjahr etwas Langzeitdünger zur Förderung der Blüte bekommen, vor allem der echte Moos-Steinbrech kommt aber am passenden Standort auch ohne Dünger aus.
Überwintern
Der echte Moos-Steinbrech kommt aus Gebirgsregionen, in denen es richtig kalt wird, er ist bei uns unkritisch winterhart.
Bei den Hybriden kommt es auf die Zuchtsorte an, viele Sorten sind winterhart bis USDA-Klimazone 5a, also bis 28,8 °C, manche halten nur USDA-Klimazone 6b aus, bis minus 20,4 °C.
In Deutschland kommen Gebiete mit USDA-Klimazone 5b bis 8b vor, also brauchen Sie die genaue Winterhärte einer Hybride nur erforschen, wenn Sie einen der wenigen sehr winterkalten Flecken Deutschland bewohnen. Dort brauchen junge Pflanzen einiger Zuchtsorten während der Kältespitzen Winterschutz. Nur während der Kältespitzen, Moos-Steinbrech mag eigentlich keine Abdeckung im Winter, es wäre auch schade, weil der immergrüne Moos-Steinbrech im Winter sehr dekorativ aussieht.
Vermehrung
Sie können Moos-Steinbrech durch Aussaat vermehren, er ist ein Kaltkeimer. Aber auch durch Stecklinge, Achseltriebe und Teilung; fruchtbare Sorten pflanzen sich durch Aussamen selbst fort.
Bei den meisten Hybriden wird die Teilung alle paar Jahre zur Pflicht, weil sie erheblich höher wachsen als die Natursorte und dabei irgendwann verkahlen und auseinanderfallen. Die Teilung kann im Frühjahr oder Herbst vorgenommen werden.
Arten und Sorten
Steinbrechs gibt es viele, um 500 Arten, und nicht nur einer von ihnen wird Moos-Steinbrech genannt, hier ein kurzer Überblick:
Der häufigste Moos-Steinbrech
Der häufigste Moos-Steinbrech ist eine Hybride, eine ziemlich wilde Mischung aus mehreren Saxifraga-Arten, S. exarata, S. hypnoides, S. moschata und S. rosacea sollen am Saxifraga x arendsii beteiligt sein. Diese Hybride gibt es in vielen Zuchtsorten:
- Saxifraga x arendsii
- ‚Adebar‘, 5 bis 15 cm, blüht weiß im Frühling
- ‚Alba‘, weiß blühende und mit bis zu 30 cm recht hochwüchsige Form, gut geeignet für schattigere Plätze, Blüte April/Mai, häufig Nachblüte im August
- ‚Bob Hawkens‘, wird 15 cm hoch und blüht rosa
- ‚Blütenteppich‘, üppige Polster, mehrblütige Stängel, reicher rosa bis karminrosa Blütenflor im Frühjahr, Sämlingssorte mit 15 cm Höhe für halbschattige bis schattige Felspartien, sehr winterhart
- ‚Dornröschen‘, 5 bis 15 cm, blüht im Frühling überreich und leuchtend rot
- ‚Frühlingsschnee‘, Blütezeit Mai bis Juni, verträgt Sonne, Höhe 10 cm, flache Polster mit schneeweißen Blüten, die sich seitlich ausbreiten
- ‚Harder Zwerg‘, nur 8 cm hoch, rosettenartiger Wuchs zu lockerhorstigen Tuffs, Pflanzabstand nur 10 cm, rote Blüten April bis Mai
- ‚Ingeborg‘, 5 bis 15 cm, blüht dunkelrosa bis dunkelrot, Blütezeit Mai bis Juni
- ‚Peter Pan‘, zeigt März bis April viele kleine karminrosa Blüten, die sehr dicht zusammenstehen
- ‚Purpurmantel‘, purpurrote Blüten, dichter moosartiger Teppich von nur 5 cm Höhe, rosettenförmig wachsende Laubpolster in sattem Grasgrün, Blüte April bis Mai
- ‚Purpurteppich‘, purpurrote Blüte März bis Mai, Höhe 10 bis 15 cm
- „Rosenzwerg“, rosafarbene Blüten im Frühjahr, um 12 cm, vegetativ vermehrt
- ‚Schneeteppich‘, 8 – 15 cm, weiße Blüte April bis Mai
- ‚Schwefelblüte‘, Höhe um 15 cm, rosettenartiger lockerhorstiger Wuchs, hell-gelbe Blüten April bis Mai
- ‚Touran Early White‘, frühe weiße Blüte von März bis Mai, Höhe 15 cm
- ‚Triumph‘, 15 cm, dunkelrote Blüte April bis Mai
- ‚White Pixie‘, Höhe 8 cm, weiße Blüten April bis Mai
Bei den Arendsii-Hybriden sollen die vegetativ vermehrten Sorten kompakter wachsen als die generativ vermehrten Sorten, sollen sich nicht immer genau für eine Blütenfarbe entscheiden (dekoratives Farbspiel) und sollen etwas langlebiger sein als die Sämlingspflanzen. Die Sämlingssorten sollen dafür üppiger wachsen, eine etwas kürzere Lebensdauer der einzelnen Pflanze könnte durch Vermehrung aufgefangen werden. Wenn Sie Selbstaussaat wünschen, sollten Sie die Keimfähigkeit der Samen bei jeder Zuchtsorte gesondert erfragen.
Der echte Moos-Steinbrech
heißt Saxifraga bryoides und bildet nur wenige Zentimeter hohe, moosartige Matten dicht und winzig beblätterter Triebe, die „unordentlich“ durcheinander wachsen – mal fast aufrecht, mal eher liegend, mal schräg in eine ganz andere Richtung. Das Blattwerk sieht aus wie ein Mikrofarn, aus dem die Blütenstiele in teils sehr eleganten Bögen aufsteigen. Die gelbweißen Blüten erscheinen im Mai und sind nicht so zahlreich wie bei den Hybriden, dafür jede einzelne ein außergewöhnliches Schmuckstück mit Muster und kompliziertem Aufbau, siehe http://actaplantarum.org/floraitaliae/viewtopic.php?t=32657.
Insgesamt ist der echte Moos-Steinbrech eine winzige Charakterpflanze voller Leben, gegen den die Hybriden mit ihren gleichmäßigen Blütenteppichen hübsch, aber langweilig aussehen, siehe ecx.images-amazon.com/images/I/81rNA-si-%2BL._SX522_.jpg.
Die anderen Moos-Steinbrechs
Im Handel und im Internet können Ihnen noch andere Moos-Steinbrechs unterkommen, die nicht unbedingt wirklich so heißen:
- Saxifraga lilacina, der Krusten-Steinbrech
- auch als Moos-Steinbrech zu finden
- bildet aber weder Krusten noch Moospolster, sondern hübsche ordentlich graugrüne Blattsterne und von März bis April ein Meer lila Blüten
- Alternative zu den anderen Moos-Steinbrechs, wenn nur sauren Boden vorhanden
- Saxifraga hirculus, der Moor-Steinbrech
- wächst in feuchten, sonnigen Moorböden und ist aus der deutschen Natur seit Jahrzehnten verschwunden
- inzwischen streng geschützt
- für Gartenteichbesitzer deshalb eine gute Idee, Kulturpflanzen des Moor-Steinbrechs an nasse, helle Plätze am Teichufer zu pflanzen
- Moor-Steinbrech breitet sich durch Selbstaussaat, Ausläufer und Rhizome aus
- im Sommer kleine leuchtend gelben Blüten
- Saxifraga ×apiculata eine als Moos-Steinbrech oder Rosettensteinbrech bekannte Hybride aus Saxifraga marginata var. rocheliana und Saxifraga sancta
- entwickelt über ihrem nur 3,5cm hohen Laub reiche Blütenfülle in weiß oder hellgelb
Fazit
Moos-Steinbrech ist eine ziemlich interessante kleine Pflanze, die in mehreren Varianten verfügbar ist. Die Saxifrage Society (www.saxifraga.org) kennt aber noch etwa 350 andere Steinbrechs, die in Urform oder Hybrid-Zuchten als Zierpflanzen kultiviert werden, langweilig wird es mit den kleinen Pflanzen-Persönlichkeiten also auf keinen Fall. Alle Steinbrechs sind pflegeleicht und vermehrungswillig, kein Wunder, dass manche Saxifraga-Fans ganze Steingärten mit Dutzenden verschiedenen Steinbrechs besetzen.