Mykorrhizen sind Pilze, nützliche Bodenpilze, oder genauer gesagt die Wurzeln dieser Bodenpilze, die meist winzige Pilzgeflechte entwickeln. Diese winzigen Sporen können unter die Gartenerde gemischt werden, wo sie dann ein feines Geflecht entwickeln, das sich um die Wurzeln der Pflanzen legt, die in dieser Gartenerde wachsen. Diese Umhüllung wirkt wie eine Art Nährstoffspeicher für die Pflanze, das Geflecht saugt aktiv Wasser und Nährstoffe in die Nähe der Wurzeln, die in diesem Symbiosesystem nicht direkt an die Pflanze gelangen, sondern von dem Mykorrhizapilz „gepuffert“ werden. Dadurch werden die von der Mykorrhiza besiedelten Wurzeln unabhängig von jedem Wetter gleichmäßig und kontinuierlich versorgt. Die Folge ist, dass gerade Pflanzen, die häufig unter Wurzelproblemen leiden, sehr viel stabilere Wurzeln entwickeln können und so deutlich gesünder wachsen.
Mykorrhiza einsetzen
Wenn Ihnen erzählt wird, dass Sie einfach nur Mykorrhiza in den Boden zu ihren Pflanzen geben müssen, um diesen etwas Gutes zu tun, sollten Sie das besser nicht einfach so unkritisch aufnehmen. Es gibt grundsätzlich verschiedene Sorten von Mykorrhiza und nicht jeder Mykorrhiza hilft jeder Pflanze. Drei große Gruppen werden traditionell unterschieden:
- Die Ektomykorrhiza besiedeln die Bäume in unseren Wäldern, sie sind typisch für alle Gehölze, die zu den Familien der Birkengewächse, Buchengewächse, Kieferngewächse, Weidengewächse und Rosengewächse gehören. Ektomykorrhiza werden schon seit langer Zeit erfolgreich in der Forstwirtschaft eingesetzt, um kränkelnde Bäume, die in ungünstigen Lagen wachsen, wieder gesund zu machen. Im Garten können sie helfen, Bäumen und Nadelhölzern, wie Buchen, Birken, Tannen und Eichen zu besserem Wachstum zu verhelfen. Weil die Ektomykorrhiza u. a. von unseren ganz normalen Speise- oder Giftpilzen gebildet werden, ist es übrigens durchaus möglich, dass Sie sich diese Mykorrhiza selbst im Wald pflücken, wenn Sie sich entsprechend informieren.
- Die Pflanzenpartner der nächsten Gruppe, der Endomykorrhiza, sind überwiegend krautige Pflanzen. Von folgenden Pflanzenfamilien weiß man heute, dass ihre Arten fast immer mit einem Pilzpartner in Symbiose leben. Die Heidekrautgewächse (Erika und Co.), die Wintergrüngewächse (z. B. das seltene Moosauge) und die Orchideen. Als symbiotische Pilze treten hier gewöhnlich Ständerpilze aus der Ordnung der Pfifferlingsartigen auf, darunter auch anamorphe Formen, die bei vielen anderen Pflanzen Pilzkrankheiten auslösen. Bei den Orchideen sollen die entsprechenden Endomykorrhiza für deren Entwicklung zwingend erforderlich sein.
- Die Mykorrhiza, die für Gärten und Landwirtschaft am meisten gezüchtet und verkauft werden, gehören zu den arbuskulären Mykorrhiza.
Diese arbuskulären Mykorrhizapilze oder kurz AM-Pilze sind die verbreitetsten, ältesten und häufigsten der Mykorrhiza-Pilze. Man geht heute davon aus, dass mehr als 80 % aller Landpflanzen eine symbiotische Beziehung mit AM-Pilzen eingehen. Darunter sollen die meisten krautigen Pflanzen und die meisten Gehölze fallen, ebenso wie die Süßgräser. Neben Getreide also auch Rasengräser und Bambus.
Diese AM-Pilze wurden aufgrund genetischer Studien gerade systematisch aus den Jochpilzen (Zygomycota) ausgegliedert und bilden nun die eigene Abteilung der Glomeromycota. Der bekannteste zur gärtnerischen Verwendung gezüchtete arbuskuläre Mykorrhiza ist der Glomus intraradices.
Welchen Pflanzen nutzen arbuskuläre Mykorrhiza?
Auch wenn das Anwendungsgebiet damit zunächst fast unbegrenzt erscheint, ist der sinnvolle Einsatz von Mykorrhiza eher noch ein Forschungsgebiet. Dabei orientiert man sich wohl am besten an den bisher verfügbaren Ergebnissen.
Im April 2006 legten zwei Forschungsinstitute im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau ihren Schlussbericht zu einer Untersuchung von Substraten für die Jungpflanzenanzucht vor. Hier war u. a. untersucht worden, ob arbuskuläre Mykorrhiza im Verbund mit (vorher fast pilzfreiem) Kompost positive Wirkungen auf Nutzpflanzen entfalten. Das Ergebnis im Überblick:
- Forscher empfehlen einen Kompostanteil von bis zu 40 % für gärtnerische Kulturen
- Erdbeeren, Kopfsalat, Pelargonie, Poinsettie und Porree konnten mit AM-Pilzen infiziert werden
- Verbesserung von Wachstum und Blühverhalten dieser Pflanzen
- Gehalte an Kalium, Kupfer, Phosphor, Stickstoff und Zink habe sich teilweise erhöht
- Erbsen profitierten weniger
- bei ihnen wurde jedoch die Wurzelkrankheit Pythium ultimum unterdrückt
- Artenspektrum der AM-Pilze, die schon vorher in der Erde waren, wurde durch Versuche kaum verändert
- Von der Universität Basel gezüchtete AM-Pilzstämme konnten das Pflanzenwachstum stärker fördern als die kommerziellen Präparate
Im Ergebnis wurde der Einsatz von AM-Pilzen beim verwendeten fast pilzfreien Kompost als sinnvoll angesehen, vor allem bei Erdbeeren und Pelargonien.
Unterschiedliche Ergebnisse im Test
Dass die ganze Sache mit den Mykorrhiza nicht so einfach ist, zeigt eine Doktorarbeit aus dem Jahr 2002. Sie hat den Einfluss eines arbuskulären Mykorrhizapilzes vom Stamm „Glomus intraradices“ auf Ertrag und Stickstoff-, Phosphor- und Kalium-Gehalt bei verschiedenen Gewürzkräutern untersucht. Hier wurden Basilikum, Petersilie, Schnittlauch und Estragon mit und ohne Mykorrhiza, einmal mit mineralischem und einmal mit organischem Dünger kultiviert.
Bei der mineralischen Düngung wurden zwar mehr Wurzeln mit Mykorrhiza kolonisiert, bei Basilikum und Petersilie veränderten sich mit der Mykorrhiza aber weder der Ertrag noch der Stickstoff-, Phosphor- oder Kaliumgehalt. Petersilie reagierte im Ertrag auf die Düngerform, aber nicht auf die Mykorrhiza. Beim Schnittlauch konnten die höchsten Kolonisierungsraten in den Wurzeln beobachtet werden. Im Ertrag reagierte er aber ebenfalls praktisch nicht auf die Mykorrhiza. Estragon zeigte unklare und nicht nachvollziehbare Reaktionen auf die Mykorrhiza und die Düngerformen. Im Ergebnis wurde hier festgehalten, dass die Versuche die Erwartungen an die Mykorrhiza in Bezug auf eine Erhöhung des Ertrags nicht erfüllen konnten.
Beschaffung der arbuskulären Mykorrhiza
Seit der Handel auf die Mykorrhiza aufmerksam geworden ist, werden Mykorrhizen von vielen Firmen gezüchtet und verkauft. Dabei ist nicht immer gesagt, dass genau der Pilzstamm verwendet wird, der der jeweiligen Pflanze auch wirklich nutzt, wie die oben skizzierten Untersuchungen schon andeuten.
Laut einem Artikel in der schweizerischen Pilzzeitung „Tintling“ (Ausgabe 1 aus dem Jahr 2000, S. 24 ff.) werden Mykorrhizen seit Mitte der 1980er Jahre überhaupt erst erforscht, die Zuordnung der Mykorrhizen zu jeweiligen Pilzart sei schwierig. Beschreibungen von Mykorrhizen ständen noch in den Anfängen. Damals kannte man gerade einmal 250 Mykorrhizaformen, bei einer (in großen Teilen unerforschten) Gesamtzahl von vermuteten 5 Millionen Pilzen noch nicht wirklich viel. Heute gibt es bereits in mehreren europäischen Ländern erste systematische Sammlungen der Mykorrhiza. Eine davon betreibt die z. B. Forschungsanstalt Agroscope in Zürich. In solchen Sammlungen untersuchen nun die Forscher jeden einzelnen Mykorrhiza u. a. daraufhin, welche Arten mit welchen Pflanzen ein Nährstoffnetzwerk bilden.
Diese Arbeit ist wirklich noch ziemlich in ihren Anfängen. Von den Händlern werden Ihnen jedoch die Mykorrhiza meist so angeboten, als wenn diese genau wüssten, was welcher Pilz macht.
Auch die Frische der Zucht und den fachgerechten Umgang mit den Pilzstämmen kommt es dann natürlich auch noch an. Wenn Sie Mykorrhiza erwerben und einsetzen möchten, sollten Sie sich deshalb am besten an einen Fachmann wenden, der Ihnen genau und mit Begründung sagen kann, welche Mykorrhiza für welche Pflanzen und aus welcher Bezugsquelle den Einsatz lohnen.
Mykorrhiza anwenden
Aber wenigstens die Anwendung ist ganz einfach, wenn Sie erst einmal den richtigen Pilzstamm gefunden haben. Sie mischen einfach 5 bis 10 Prozent des Mykorrhiza-angereicherten Substrats unter die Erde, die Sie gerade benutzen. Für Topfpflanzen können Sie auch einen Löffel der gekauften Mykorrhiza auf die Erde streuen und dann etwas einarbeiten.
Symbiose von Pilz und Pflanze
Der Mykorrhizapilz liefert der Pflanze Nährstoff und Wasser. Als Gegenleistung bekommt er von der Pflanze einen Teil der Assimilate ab, die sie durch Photosynthese erzeugt, bis zu einem Viertel geht an den Pilz. Der hat als Mykorrhizapilz nämlich im Gegensatz zu anderen Bodenpilzen nicht die Enzyme, die er zum Abbau komplexer Kohlenhydrate braucht und muss sich deshalb von der Pflanze versorgen lassen.
Was der Mykorrhiza besser als die Pflanze kann, ist Mineralstoffe und Wasser aus dem Boden lösen. Er verfügt meist über ein riesiges Pilzgeflecht. Er verbessert nebenbei auch noch oft die Stickstoffversorgung und Phosphatversorgung seiner „Wirte“, bietet ihnen Schutz vor Wurzelschädlingen und hilft ihnen, auch einmal eine trockene Zeit zu überstehen. Mykorrhiza und Pflanze könnten also wirklich von einer Win-Win-Situation sprechen.
Unterschiedliche Funktionsweisen
Die Ektomykorrhiza entwickeln ein Pilzmycel, das sich wie ein dichter Mantel um die jungen Wurzelenden legt. Die schwellen in diesen Bereichen dann an und bilden keine Wurzelhaare mehr. Außerdem wachsen Ektomykorrhiza in die Wurzelrinde hinein. Hier dringen sie nicht in die Wurzelzellen ein, sondern sie legen in den Räumen zwischen den Zellen ein Netzwerk an, das einen Nährstoffaustausch zwischen Pilz und Pflanze ermöglicht. Die Pilzwurzeln übernehmen dabei die Aufgaben, die eigentlich die Wurzelhaare erfüllen würden. Sie stellen bis tief in den Boden hinein eine gute Nährstoff- und Wasseraufnahme ihres Wirts sicher und schützen ihn vor Schädlingen.
Die Pilze, die als Partner die Ektomykorrhiza ausbilden, sind vor allem verschiedene Ständerpilze. Hierzu gehören auch unsere Röhrlinge wie Steinpilz oder Marone, Agaricales, zu denen die Champignons gehören, und manchmal auch Schlauchpilze wie der Trüffel. Die meisten Ektomykorrhiza werden also von unseren ganz normalen Pilzen gestellt, die wir kennen und zum Essen sammeln. Sie haben jedoch in Wirklichkeit im Wald sehr viel umfangreichere Funktionen als nur die Ausbildung eines profanen Fruchtkörpers.
Endomykorrhiza gehen ein wenig anders vor. Ein Teil des Pilzwurzelgeflechts dringt hier direkt in die Zellen der Wurzelrinde des entsprechenden Pflanzenpartners ein. Dafür bilden die Endomykorrhiza kein die Wurzeln umgebendes Netz wie die Ektomykorrhiza. In der Zelle der Wurzelrinde entwickeln die Pilze nun eine Art Saugorgan zur Nährstoffaufnahme. Mit dem geben sie Wasser und Nährstoffe an den Pflanzenpartner ab und nehmen Kohlenhydrate (Zucker) von ihm auf.
Die arbuskulären Mykorrhiza sind eine besondere Form der Endomykorrhiza, eben die Form, die Arbuskeln bildet. Das sind ganz besonders weit verzweigte und zarte Formen von Sporen (Hyphen), die Bäumchenform haben und sich innerhalb der Wurzelzellen entwickeln. Der größte Teil der Fäden durchwächst jedoch den Boden im Umfeld, um die Pflanze gut zu versorgen. Wenn Forscher Mykorrhiza-Netze freilegen, zeigen sich riesige Verbundsysteme.