Ein Olivenbaum im deutschen Haushalt – nicht unbedingt selbstverständlich, zumindest nicht für den Olivenbaum, der lieber südliche Sonne genießen möchte. Wenn er sich dann (missvergnügt) entschieden hat, mit deutscher Sonne vorlieb zu nehmen, wird er nun auch noch im Winter in eine dunkle Höhle verbannt – das ist dann endgültig zu viel, und die häufigste Ursache dafür, wenn ein Olivenbaum Blätter verliert. Andere Ursachen erfordern Detektivarbeit, wir bringen Sie auf die Spur.
Die wahrscheinlichste Ursache
Es wird sehr häufig darüber geklagt dass bei uns kultivierte Olivenbäume Blätter verlieren. Eine Übersicht der Berichte zeigt eine ganz deutliche Tendenz der Ursachen: Der Olivenbaum (Olea europaea) beginnt an seinem Winterstandort mit dem Blattabwurf, mehr oder weniger schnell.
Dahinter steht fast immer deutlich falsche Überwinterung. Zunächst ein paar Worte zur Überwinterung:
1. Im Winter wird ein Olivenbaum, der den Sommer über im Freien stand, ins Haus umgestellt. Dort ist es ihm in den allermeisten Fällen schlichtweg zu dunkel. In seiner Heimat (Naher Osten, Südafrika, seit langem Mittelmeerregion) scheint das Licht schon im Sommer in ganz anderer Intensität. Im Winter, hinter Fensterscheiben, nimmt die Lichtintensität dann noch einmal um Potenzen ab. Das reicht den Oliven dann nicht mehr. Sie beginnen als Notwehr, jede Menge Blätter abzuwerfen.
2. Noch mehr angeregt wird diese „Notwehr“ durch zu warme Winterstandorte. Hier kann der Olivenbaum nicht in die Vegetationsruhe ausweichen, die der trüben Umgebung angemessen wäre; um seinen Stoffwechsel herunter zu fahren, bräuchte er eine eher kühle Umgebung.
3. Der Olivenbaum wird an diesem zu warmen Winterstandort häufig auch noch zu viel gegossen. Wenn der Olivenbaum zu wenig Licht bekommt, verlangsamt er auf jeden Fall seinen Stoffwechsel. Das liegt in der Natur der Photosynthese: Bei der Photosynthese (kurz gesagt: Pflanzenernährung) wandelt die Pflanze energieärmere Stoffe (Kohlenstoffdioxid = CO2 und Wasser = H2O) mithilfe von Lichtenergie in energiereiche Stoffe um, von denen sie sich ernährt. Zu wenig Licht heißt also Hunger für die Pflanze, wenn sie ihren Stoffwechsel nicht herunterfährt, verhungert sie.
Die korrekte Überwinterung
Abhilfe für alle drei Ursachen des Blattfalls bringt hier die korrekte Überwinterung der Olive.
Olivenbäume sollten auch bei uns möglichst draußen überwintern. Ja, Sie haben richtig gehört, das ganze Jahr im Freien, auf der Terrasse oder auf dem Balkon, auch bei Schnee. Oliven sind Bäume und keine Zimmerpflanzen, und sie brauchen durchaus eine kühle Phase im Winter. Die durchleben sie an ihren Naturstandorten am Mittelmeer auch.
Ein paar Grad unter Null vertragen sie ohne Probleme, für den Rest sorgt Winterschutz. Je jünger der Baum, desto fürsorglicher:
- Gegen Ende der Vegetationsperiode eine extra Portion Kalimagnesia geben, das lässt frische Triebe verholzen und erhöht so die Winterhärte
- Lieber mehrere kleine Portionen als eine auf einmal, und nicht zu viel (Beschreibung Hersteller lesen)
- Wenn es richtig kalt werden kann, eine Styroporplatte unter den Olivenbaum geben
- Wurzelbereich mit Mulch, Laub, Stroh o. ä. abdecken, mit Steinen beschweren
- Stamm und Hauptäste mit Matten aus Jute, Sisal, Kokos, Stroh (luftdurchlässig, kein Kunststoff) einwickeln
- Krone mit Winterschutzvlies umwickeln, locker, aber winddicht
- Wenn es kalt werden könnte, können Sie in die Hüllen eine Außenlichterkette einarbeiten
- Die wird abends angemacht (sieht schön aus) und gibt genau die paar Grad Wärme ab, die den Baum bis zu ca. –15 °C schützt
- Bitte vorher ein paar Stunden brennen lassen und Temperatur messen, nicht jeder Kette ist zu trauen
- Schnee auf dem Wurzelbereich entfernen, damit die Sonne rankommt
- Versorgung radikal reduzieren, kein Dünger und minimal Wasser
Der Tipp für den Olivenbaum im Ferienhaus in Nord-Finnland wäre dann ein Zelt mit elektronisch gesteuerter Heizung.
Olivenbaum wärmer überwintern
Wenn Sie keine Terrasse oder Balkon haben, auf denen der Olivenbaum draußen überwintern könnte, wäre ein kühler Nebenraum mit einer Temperatur zwischen 5 und 10 °C das Ausweichquartier, auch hier bei sehr reduzierter Versorgung. Dieser kühle Nebenraum kann auch gerne ein helles Treppenhaus sein. Nach Rücksprache werden die Nachbarn bestimmt Mitleid haben und diesen Standort genehmigen.
Wenn Sie mangels kühler Nebenräume keine andere Wahl haben, als den Olivenbaum im normalen Wohnraum durchzukultivieren, ist das wirklich die suboptimalste Möglichkeit. Olivenbäume sind zäh und sollen auch das gewöhnlich überstehen – wenn Sie allerdings gerade einen prächtigen alten Olivenbaum geschenkt bekommen haben, wäre wohl schon die Überlegung angebracht, einen Überwinterungsservice zu nutzen.
Hier gilt: Die Versorgung darf dann nicht völlig eingestellt werden. Je wärmer der Olivenbaum im Winter steht, desto mehr Wasser braucht er. Gedüngt wird er an einem normal hellen (= zu dunklen) Standort während der Wintersaison nicht. Er sollte sozusagen „halb in Ruhe“ gehen. Das wird dann meist dazu führen, dass die Blätter am Olivenbaum gelb werden, sich eindrehen und/oder abfallen. In aller Regel sollen die Oliven aber im Frühjahr wieder austreiben. Kein Traumleben für einen Olivenbaum, jedes Frühjahr komplett neue Blätter bilden, die Alternative wäre künstliche Lichtzufuhr – aber auch dann fehlt dem Olivenbaum die winterliche Ruhepause. Das ganze Jahr ohne Pause und rund um die Uhr arbeiten wird er wohl nicht ewig mitmachen. Fällt Ihnen nichts ein, was dem Olivenbaum eine Winterpause verschaffen kann, wäre verschenken an Menschen mit passenden Räumen und Anschaffung einer besser geeigneten Pflanze wohl die beste Alternative.
Was es sonst noch alles sein kann
Olivenbäume sind in deutlich wärmeren Umgebungen zu Hause. Das hat bei der Behandlung in Kultur hierzulande einige typische Konsequenzen, deren Nichtbeachtung (besonders in Kombination mit bei uns üblichen ungünstigen Bedingungen) mit Blattfall quittiert werden kann:
- Olivenbäume sind eher Trockenheit gewohnt, weil aufkommendes Nass im Warmen schnell wegtrocknet
- Dauerhaft zu feucht halten kann zu Blattfall führen
- Olivenbäume sind normale, echte, durchlässige Böden gewöhnt, die in Italien, Griechenland bestimmt nicht zu viel Wasser speichern
- Wer seine Kübel-Erde im Handel kauft bzw. Gartenerde nimmt und im Garten keine korrekte Bodenpflege betreibt, kann die oft nicht bieten
- Käufliches Substrat ist eben Substrat, also nur ein Ersatz für Erde, das oft in wenig pflanzengeeigneten Zusammenstellungen verkauft wird
- Das verwandelt sich dann nach einer Weile gerne in einen steinharten Block, in dem sich keine Pflanze wohl fühlt.
- Vielleicht wurde auch ein toller Olivenbaumdünger gekauft, schön verpackt und schön teuer, aber auch schön falsch gemischt
- Ihr Olivenbaum braucht wie alle Pflanzen Stickstoff, Phosphat und Kalium,
- Das steht als N, P, K auf dem Dünger, mit Zahlen davor, die das Mischungsverhältnis beschreiben
- Oliven kommt mit jedem Grünpflanzendünger zurecht, der normale Nährstoffkombinationen enthält
- Z. B. 2 Teile N, 1 Teil P, 2 Teile K, für Blüten mehr P, für Widerstand/Frosthärte etwas mehr K
- Schon wenn Sie diese Angaben auf einem Dünger nicht finden, ist er „falsch“, einfach weil die notwendige Information fehlt
- Wichtig beim Olivenbaum ist aber vor allem, dass er nicht zu viel Dünger bekommt, er ist recht kargen Boden gewöhnt
- Dann können fallenden Blätter noch durch alle möglichen Schädlinge verursacht werden, die auf der Olive rumkrabbeln …
Abhilfe
Wenn es nicht an falscher Überwinterung liegt, dass Ihr Olivenbaum Blätter verliert, steht also zunächst noch einmal gründliche Information über die Pflege von Olivenbäumen an. Dann muss die Ursache Stück für Stück im Ausschlussverfahren ermittelt werden.
Von vornherein schlechte Karten?
Allerdings wird auch das nichts helfen, wenn Sie sich ein Schnäppchen vom Discounter gegönnt haben, bei dem es sich aber leider um einen Olivenbaum handelt, der eine Behandlung hinter sich hat, die seinem weiteren Fortleben enge Grenzen setzt (er soll ja auch gar nicht weiter leben, sonst kaufen Sie das nächste Schnäppchen nicht). Da gibt es große Bäume mit winzigen Wurzeln, die aus Felsen herausgesägt wurden, wo ein solcher Baum aufgewachsen ist, erfahren Sie natürlich auch nicht. Oder es sind junge Bäume ohne Herkunftsnachweis und ohne Sortenangabe, aufgewachsen irgendwo im Süden, die gehen hier sehr bald ein.
Sie können mit einem solchen Baum alles hier Beschriebene versuchen, Olivenbäume haben einen echt hartnäckigen Überlebenswillen, möglicherweise müssen Sie sich aber irgendwann einfach von ihm verabschieden. Denken Sie beim Kauf des nächsten Baumes daran, dass Schnäppchen naturgemäß eher selten sind, weil Menschen nun einmal von ihrer Arbeit leben müssen, und kaufen Sie ihren Olivenbaum bei einem Fachhändler, der sich mit Oliven auskennt und Ihnen alle Fragen zu Herkunft, Sorte und Aufzucht beantworten kann. Das mag ein paar Euro teurer sein (meist nicht viel, Menschen mit Leidenschaft für ihren Beruf haben in der Regel andere Ziele als das hemmungslose Geldvermehren, dass das Ziel der „Ich-handle-mit-allem-Händler“ ist), aber Sie haben auch gleich einen Ansprechpartner, wenn es Ihrem Olivenbaum einmal nicht so gut gehen sollte.
Schlichte Natur-Erscheinung?
Vielleicht nimmt auch einfach nur die Natur ihren Lauf: Wenn nur ab und zu ein paar Blätter vom Olivenbaum abfallen, ist das völlig normal. Denn Blätter werden ja wie Hautschuppen vom Organismus gebildet, je nach Art und Individuum haben sie eine unterschiedliche Lebensdauer – wobei das einzelne Blatt ebenso wenig genauso alt wie die Pflanze wird, wie Oma noch die selbe Haut aufweist wie in ihrer Jugend.
Pflegefehler
Auch wenn es bestimmt nicht beabsichtigt ist, gibt es typische Grausamkeiten, die gerade besonders fürsorgliche Hobbygärtner ihren Pflanzen gerne einmal antun. Die können schon einmal dazu führen, dass eine Pflanze ganz im Gegensatz zur gerade beschriebenen normalen Blattalterung ihre Blätter sehr plötzlich verliert:
- Verwechslung mit einer Wasserpflanze und dadurch viel zu häufiges gießen
- Nach einer Weile fangen die Wurzeln an zu faulen, dann fallen auch die Blätter
- Das gleiche passiert, wenn die Wurzeln dauerhaft im Nassen stehen, weil kein Abfluss am Topf ist oder er nicht funktioniert
- Der Olivenbaum wird ins Freie gestellt, aber zu früh in die Kälte oder zu spät in grelle Sonne
- Dann verpasst ihm das Umstellen einen ziemlichen Schock, der Olivenbaum verliert Blätter
- Der Olivenbaum wird als letzter gegossen, mit knallkaltem Leitungswasser, wieder ein Schock
- Olivenbaum steht im Winter im Treppenhaus, an einer Stelle, wo es zieht, wenn die Tür aufgeht
- Übermäßiges, durch Lichtmangel verursachtes Längenwachstum wird nie beschnitten
- Dann verliert der Baum die Kontrolle über seinen Wasserhaushalt und verhungert langsam
- Die Wurzeln haben überhaupt keinen Platz mehr im Topf und können so auch kaum mehr Nährstoffe aufnehmen
Immer wieder kann man auch lesen, dass der Olivenbaum in seinem Winterquartier in umschlossenen Räumen ganz sicher genug Licht bekomme, weil er in einem hellen Raum/einem Südfenster stehe … Nein! Beleuchtungsstärke an einem hellen Sonnentag im Sommer: 100.000 Lux, an einem Wintertag im Wohnraum: Wenn’s wirklich gut läuft 1.000 Lux, aus Pflanzensicht dunkle Gruft!
Erste Hilfe
Falschen Standort, Pflegefehler etc. korrigieren und Olivenbaum am richtigen Standort, „trockengelegt“ etc. erst einmal eine Weile in Ruhe lassen. Nun entscheiden: Entweder einfach bis zum nächsten Frühjahr warten, ob er ganz normal wieder grün austreibt, oder – wenn er eher leblos anmutet bzw. wenn er Unmengen von Geiltrieben zeigt – gleich radikal kürzen, auf ein paar handlange Äste, ggf. vertrockneten Wurzelballen im Tauchbad durchfeuchten und ansonsten auch in Ruhe lassen bis zum Beginn der nächsten Wachstumsphase im Frühjahr. Dann regelmäßig und vorsichtig mit Wasser besprühen – soll den Austrieb anregen, vielleicht einmal mit einem Schuss Flüssigdünger (1 Teelöffel, nicht mehr) im Wasser.