Die Kulturformen der Gartenstiefmütterchen werden mit dem Ziel gezüchtet, die ganze Sommersaison über zu blühen. Die Züchter legen bei einer Massenvermehrung keinen besonderen Wert auf die Stärke der Pflanze, sondern nur darauf, dass die Blütenfarbe schön kräftig und vielleicht noch möglichst exotisch ist. Das Hervorbringen dieser schönen und häufig unnatürlich großen Blüten kostet die Pflanze viel Kraft. Sodass Pflanzen aus der Massenzucht meist nur einjährig oder zweijährig kultiviert werden können, weil sie in diesem Zeitraum „alles gegeben haben“. Eigentlich sind Stiefmütterchen jedoch mehrjährig, und wenn Sie in einer Fachgärtnerei gut gezogene und widerstandsfähige Stiefmütterchen erwerben, können Sie ruhig abwarten, ob Ihre Stiefmütterchen auch noch im dritten Jahr und danach in einer Form weiterwachsen, die Ihr Auge erfreut. Das gilt auch für die Wilden Stiefmütterchen. Die Hornveilchen werden Sie ohnehin mehrere Jahre erfreuen.
Pflanzen der Stiefmütterchen im Garten
Je nachdem, wie Sie die Lebensdauer Ihrer Stiefmütterchen einschätzen, wird der Standort im Garten ausgesucht. Wenn Sie Ihre Stiefmütterchen so lange wie möglich im Beet behalten möchten, sollten Sie ein Beet wählen, an dessen Anblick Sie sich nicht langweilen.
Auf jeden Fall sollte dieser Standort in der Sonne oder im Halbschatten liegen, der Boden gut Feuchtigkeit aufnehmen und trotzdem wasserdurchlässig sein und den Stiefmütterchen ziemlich viele Nährstoffe zur Verfügung stellen. Sie sollten deshalb den Boden für die Stiefmütterchen gut vorbereiten, mit einer kräftigen Einarbeitung von Kompost z. B., oder mit einer vorbereitenden Düngung.
Meist werden die Stiefmütterchen im Frühjahr als Jungpflanzen in einer Gärtnerei erworben und direkt in den Garten umgepflanzt. Sie können Stiefmütterchen aber auch im Frühjahr bis in den Sommer aussäen. Wenn das bis Juli passiert, können Sie noch im Herbst mit der ersten Blüte rechnen.
Pflege und Überwinterung
Der Boden sollte nicht nur gut mit Nährstoffgaben vorbereitet werden, auch während der Wachstumssaison müssten Sie Nährstoffe nachgeben. Vor allem dann, wenn die Stiefmütterchen beginnen, in der Blühkraft nachzulassen.
Außerdem möchten die Stiefmütterchen gleichmäßige Feuchtigkeit. Bei Trockenheit muss also gegossen werden, aber bitte nicht so viel, dass die Stiefmütterchen stauender Nässe ausgesetzt werden. Das vertragen sie nicht so gut.
Die Stiefmütterchen bleiben mindestens zwei Jahre an ihrem Platz, müssen also mindestens einen Winter im Garten überstehen. Das wird mitunter nicht ganz leicht werden, denn die Stiefmütterchen sind nur bedingt winterhart, in kalten Wintern, in denen keine schützende Schneedecke fällt, leiden sie häufig. Wenn die Stiefmütterchen einen Platz in der vollen Sonne erhalten haben, verlieren sie dann auch im Winter viel Wasser durch Verdunstung, können aber mit gefrorenen Wurzelballen kein Wasser von unten aufnehmen, sie vertrocknen dann einfach.
Deshalb sollten Sie den Stiefmütterchen eine künstliche Decke gönnen, aus Laub oder Reisig oder Vlies, dann können sie auch ohne Abdeckung mit Schnee gut über den Winter kommen. Wenn Sie in einer der kälteren Gegenden Deutschlands beheimatet sind, sollten Sie sich außerdem in der Gärtnerei nach Sorten mit besonders guter Winterhärte erkundigen.
Stiefmütterchen in vielen Arten
Es gibt schon bei der Naturform sehr viele Stiefmütterchen-Sorten, von einige Wildformen die Eltern der bekanntesten Sorte sind, der Viola wittrockiana Gams ex Nauenburg & Buttler. Dieses ist also kein ursprüngliches Stiefmütterchen, sondern eine Kreuzung. Gleich mehrere Wildsorten sind durch der Hand des Züchters in diesem Gartenstiefmütterchen verewigt worden. Das Hornveilchen (Viola cornuta) hat unglaublich viele schöne bunte Blütenfarben beigesteuert, das mehrjährige Vogesen-Stiefmütterchen (Viola lutea) mehr Lebensdauer, das Wilde Stiefmütterchen (Viola tricolor) die Widerstandskraft und das Altai-Stiefmütterchen (Viola altaica) aus Sibirien vermutlich einen guten Schuss Kälteresistenz.
Diese Garten-Stiefmütterchen gibt es heute in unglaublicher Vielfalt, wobei die einzelnen Sorten mit ihren Namen häufig Hinweise auf ihre Farben und Eigenschaften geben:
- ‚Abendglut‘ ist tiefrot,
- ‚Alpensee‘ ist tiefblau,
- ‚Flamme Viola‘ ist feuerrot mit braunem Auge,
- der ‚Schweizer Riese‘ ist besonders groß, und
- ‚Viola Red Wing‘ ist gelb mit roten Unterblättern.
Keine Angst, das waren noch nicht alle, es gibt noch mandarinenfarbene und blau-weiße Stiefmütterchen, weiß geflügelte und rot-gelb geflügelte und violette mit weißen, violett gestreiften Innenblättern und Stiefmütterchen mit roten Unterblättern und goldgelbem Auge mit rotem Rand, anders ausgedrückt: Es gibt nichts, was es nicht gibt an Stiefmütterchen, zumindest macht es von den Farben her den Eindruck.
Wildarten des Stiefmütterchens
Es gibt aber auch einige Wildarten, die man in den Garten pflanzen kann, eine erfreuliche Abwechslung zu den Gartenstiefmütterchen:
Die Hornveilchen (Viola cornuta) sind eine kleinblütigere und natürliche Stiefmütterchen-Art und deshalb momentan im Zuge des Trends zum Naturgarten sehr gefragt. Sie machen sich gut in Staudenbeeten und Steingärten, vor allem mit Blick auf die Vielfalt an Farben. Es gibt rote und blaue und gelbe Hornveilchen, aber auch weiße und rot-violette und blau-violette und fast schwarze. Die verschiedenen Sorten tragen beziehungsreiche Namen wie „Baby Franjo“ und „Columbine“, „Deep Purple“ und „Spaßvogel“. Die geben bseltener einen Hinweis auf die Blütenfarbe als Anregung zur Erfindung einer verrückten eigenen Geschichte über die Entstehung dieses Namens.
Die Acker-Stiefmütterchen (Viola arvensis) findet man gelegentlich noch am Rand unserer Äcker. Hier strengen sie sich gerade an, um resistent gegen Herbizide zu werden, was ihnen zunehmend gelingt. Sie sind mit ihrer Wuchshöhe von bis zu einem Meter aber auch eine interessante Variante für den Garten. Hier kann das einjährige Stiefmütterchen entweder eine Wiese schmücken oder vom naturheilkundlich gebildeten Gärtner gezielt ins Kräuterbeet ausgesät werden, um anschließend gegen alle möglichen Alltags-Wehwehchen eingesetzt zu werden.
Ebenso im Trend für den Naturgarten und ebenso heilkräftig ist das Wilde Stiefmütterchen (Viola tricolor). Sie erfreut meist durch etwas größere Blüten als die Viola arvensis. Die Wilden Stiefmütterchen bilden etwas kräftigere Farbtöne auf der Skala von Hellgelb bis Blauviolett aus. Sie sind sozusagen der rustikale Akzent zu den zart gefärbten Naturschönheiten vom Acker.
Namensherkunft
Das Stiefmütterchen ist ein Veilchen, das innerhalb der Gattung der Viola eine eigene Arten-Gruppe bildet, mit einer gemeinsamen Besonderheit der Blüte, die auch für die Namensgebung verantwortlich ist: Alle Stiefmütterchen haben eine etwas dominante „Stiefmutter“. Ein breites unteres Blatt, das die seitlichen Blätter bedeckt, die „Töchter“. D wiederum bedecken die beiden oberen Blätter, die unterdrückten„Stieftöchter“. Es darf bezweifelt werden, dass die Stiefmütterchen bei Ausbildung dieser Blütenform Unterdrückungsgedanken hegten, diese Entwicklung diente freundlicheren Zwecken: Bei den wilden Stiefmütterchen sind die unteren Blätter dunkel, die Seitenblätter heller und das unterste Blatt ganz hell mit gelbem Fleck in der Mitte, und innen gibt es auch noch dunkle Orientierungsstreifen – komfortabler kann man Insekten nicht zum Nektar führen. Wahrscheinlich lassen sich die Stiefmütterchen wegen dieser Blattanordnung in vielen symmetrisch über den Blütenkopf verteilten Farbkombinationen züchten lassen. Die Veilchen-Arten mit anderer Blütenform zeigen sich auf jeden Fall meist nur mit einfarbige Blüten …
Weshalb das Stiefmütterchen Stiefmütterchen heißt, ist noch nachvollziehbar, warum aber das Gartenstiefmütterchen „Viola wittrockiana Gams ex Nauenburg & Buttler“ heißt, gibt wohl mit Recht Anlass zu Verwunderung. Tatsächlich scheint der deutsche Namen hier eine Art Programm gewesen zu sein.
In Bezug auf die Vergabe des botanischen Namens hat man das Garten-Stiefmütterchen wirklich ein wenig „stiefmütterlich“ behandelt. Schon sehr lange werden Garten-Stiefmütterchen gezüchtet. Bereits vor über 100 Jahren hat sich ein Botaniker darangemacht, die Pflanze wissenschaftlich zu beschreiben. Längst wurde das Garten-Stiefmütterchen in Ehrung dieses Schweden namens Wittrock „wittrockiana“ getauft. Das wird jedem Botaniker zunächst aufstoßen. Der botanische Name einer Pflanze setzt sich eigentlich zusammen aus dem Gattungsnamen (Viola) und einem Art-Namen, der der Beschreibung dient. Zum Beispiel heißt das Acker-Stiefmütterchen Viola arvensis, weil „arvum“ auf Lateinisch Ackerland heißt. Herrn Wittrock selbst war für die Pflanzenkreuzung aber kein beschreibender Art-Name eingefallen, dann kann man für einen solchen „Bastard“ der Name des „Entdeckers“ (Beschreibers) anhängen.
So einfach funktioniert die wissenschaftliche Namensverleihung natürlich nicht. Zum korrekten Prozedere gehört auch die gültige Veröffentlichung, und genau diese wurde beim Viola wittrockiana Gams ex Nauenburg & Buttler – einfach vergessen! Das fiel erst im Jahr 1986 einem Herrn Nauenburg auf, der über Stiefmütterchen promovierte. Er ging mit seinem Kollegen Herrn Buttler an die „wissenschaftliche Vervollständigung“ der Namensgebung. Damit sie selbst auch etwas davon haben, fügten sie ihre eigenen Namen dabei gleich hinzu. Das ist die Erklärung dafür, warum das Gartenstiefmütterchen „Viola wittrockiana Gams ex Nauenburg & Buttler“ heißt.
Fazit
Stiefmütterchen gehören schon sehr lange in unsere Gärten. Sie sind pflegeleicht, charmant und bringen viel Farbe in den Garten. Falls Sie doch einmal ein wenig neidisch auf den Nachbarn sein sollten, der seinen Garten mit viel Aufwand, weißem Kies, Bonsai-Wacholdern und japanischen Laternen aus dem Internet in einen Zen-Garten verwandelt hat – legen Sie doch einfach einen Stiefmütterchen-Zen-Garten an. Das Stiefmütterchen gehört immerhin zu den Symbolen der japanischen Stadt Osaka. Sie müssen aber nicht auf diese Art von „gärtnerischem Mainstream“ setzen, sondern können sich auch auf die kontemplative Wirkung der einheimischen Gartenkultur besinnen. Die hat außer Stiefmütterchen noch unglaublich viele wunderschöne und detailreiche Pflanzen zu bieten. Dann wird Ihr Garten auch noch schön aussehen, wenn der Japangarten längst wieder aus der Mode ist.