Immer wieder wird über Kolibris in Europa berichtet. Doch tatsächlich handelt es sich um das Taubenschwänzchen, einen Wanderfalter mit eindrücklichem Flugverhalten. Hier erfahren Sie mehr über den Kolibri unter den Schmetterlingen.
Taubenschwänzchen
Biologisch wird der tagaktive Falter aus der Familie der Schwärmer (Sphingidae) mit dem sperrigen Namen Macroglossum stellatarum bezeichnet. Wegen der Haarbüsche am unteren Schwanzende und der damit verbundenen markanten Form wurden ihm allerdings verschiedene Trivialnahmen verliehen, deren Bandbreite die möglichen optischen Interpretationen lebhaft verdeutlicht. So wird das Tier häufig mit folgenden Namen bezeichnet:
- Taubenschwänzchen
- Taubenschwanz
- Karpfenschwarz
Weniger die Optik, als vielmehr das schwirrende, mit schnellem Flügelschlag in der Luft stehende Flugverhalten führte darüber hinaus zu den ebenfalls gängigen Bezeichnungen
- Kolibrifalter
- Kolibrischwärmer
Größe und Aussehen
Bereits die rein objektiven Zahlenwerte des Taubenschwänzchens beeindrucken:
- Flügelspannweite im westlichen Verbreitungsgebiet ca. 36 bis 50 Millimeter
- Flügelspannweite im östlichen Verbreitungsgebiet ca. 40 bis 76 Millimeter
- Gewicht bis zu 0,3 Gramm
- Länge Saugrüssel rund 25 bis 28 Millimeter
Darüber hinaus kann aber auch das Aussehen der Tiere trotz einer nicht zu bestreitenden Schlichtheit durchaus imponieren:
- Gedrungener Körperbau
- Stark behaarter Thorax
- Oberseite Thorax und Vorderflügel graubraun gefärbt
- Vorderflügel mit zwei gewellten dunkelgrauen Binden versehen
- Hinterflügel orangebraun mit schwarzem Rand
- Flügelansatz von unten stark gelblich getönt
- Zum Ende des Hinterleibs dunklere Farbgebung
- Seiten des Körpers mit mehreren weißen Haarbüscheln versehen
- Braun-schwarzer, zweigeteilter Haarbüschel am Ende des Hinterleibs (eigentlich verlängerte Schuppen als Navigationshilfe im Schwebeflug)
- Unterseite Kopf und Thorax hellgrau gefärbt
- Fühler keulenförmig, fein in Ringen beschuppt
- Helle Facettenaugen mit typisch dunklem Zentrum, das an eine Pupille erinnert („Pseudopupille“)
Verbreitung
Der Kolibrifalter weist ein enorm breit gespanntes Verbreitungsgebiet auf. Es reicht im Westen von der europäischen Atlantikküste bis zur östlichen Pazifikküste des Asiatischen Kontinents. In Nord-Süd-Richtung lässt sich das Gebiet ebenfalls abgrenzen, muss jedoch in drei Teilabschnitte untergliedert werden:
Eine Dauerhafte Besiedelung weist ein Streifen auf ganzer Breite auf, der im Süden etwa auf Höhe der Afrikanischen Küstenregionen am Mittelmeer endet. Im Norden endet er dagegen mit dem Alpenhauptkamm und dringt lediglich in Westeuropa auch weiter nach Norden vor.
Dort schließt sich eine Zone an, die lediglich in den Sommermonaten besiedelt wird und in etwa auf Höhe des südlichen Skandinaviens endet.
Im Süden reichen zwei lokale Zonen einer ausschließlich winterlichen Besiedelung einerseits etwas weiter ins Nordwestafrikanische Inland hinein. Andererseits werden auch der Indische Subkontinent und die östlich angrenzenden Festlandzonen Asiens während der kühleren Wintermonate besiedelt.
Vertikal betrachtet reicht die Verbreitung der Taubenschwänzchen vom Meeresniveau bis in die subalpinen Vegetationszonen um rund 1500 Meter über Meeresniveau. Die Raupen sind dagegen bis lediglich 1000 Meter Höhe anzutreffen.
Lebensweise und Vermehrung
Bevorzugt lebt der Kolibrifalter in offenem Gelände. Wichtig ist ein ausreichendes Nahrungsangebot in Form nektarreicher Futterpflanzen. Dabei ist das Taubenschwänzchen nicht wählerisch und fliegt unterschiedlichste Futterpflanzen von Klee über Fuchsien bis Veilchen an. Experimente zeigten klar, dass die Falter vor allem von besonders großen, leuchtend bunten Blüten angezogen werden.
Die Nahrungsaufnahme erfolgt im Schwebeflug, wobei der lange Saugrüssel in den Blütenkelch eingeführt wird. Hierbei tritt das bekannte und oft mit den Kolibris verwechselte schwirrende und zugleich bewegungslose Stehen in der Luft auf.
Weit eingeschränkter ist dagegen die Fülle der zur Vermehrung geeigneten Flächen. Denn Eier werden von den Weibchen nur dort abgelegt, wo sowohl ausreichend Nektar vorhanden ist, als auch die von den schlüpfenden Raupen bevorzugten Nahrungspflanzen zu finden sind. Das Nektarangebot ist deshalb besonders wichtig, weil sich die Eiablage beim Kolibrifalter über einen so langen Zeitraum hin erstreckt, dass die weiblichen Tiere während der Eiablage immer wieder Nektar zu sich nehmen müssen.
Als Futterpflanze für die Raupen sind derzeit in Deutschland lediglich vier der zwölf heimischen Labkräuter bekannt:
- Echtes Labkraut (Galium verum)
- Wald-Labkraut (Galium sylvaticum)
- Wiesen-Labkraut (Galium mollugo)
- Kletten-Labkraut (Galium aparine)
Im niederländischen Raum wird immer wieder auch die Eiablage und Ernährung der Larven von Waldmeister (Galium odoratum) und Färberkrapp (Rubia tinctorum) beobachtet.
Warum die Tiere in Südosteuropa und den weiter östlichen liegenden Verbreitungsgebieten auch andere Pflanzen akzeptieren, ist derzeit noch nicht hinreichend erforscht.
Die Entwicklung
Nach der Paarung, die meist im Bereich der Schlafplätze (Steinwände, steile Hänge etc.) erfolgt, legt das Weibchen bis zu 200 Eier ab. Jedes Ei wird an einer eigenen Pflanze an den jungen Trieben im Bereich der noch nicht geöffneten Knospen angeheftet. Aus jedem der knapp einen Millimeter großen, kugelrunden Eier schlüpft nach sechs bis 8 Tagen eine Raupe. Die Anfangsgröße von zwei bis drei Millimeter wird schnell verlassen. Besonders gut erkennbar sind sie kurz vor der finalen Verpuppung in leuchtendem Grün und mit einem seitlich längs verlaufenden schmalen gelben Streifen.
Nach rund 20 Tagen verpuppt sich die Raupe, wobei die Puppe entweder unter einem Trieb der Futterpflanze hängt, oder sich am Boden in einem lockeren Gespinst zwischen einzelnen Pflanzen positioniert. Nach etwa drei Wochen schlüpft der fertige Falter, wobei seine Entwicklung in der ockerfarbenen, leicht transparenten Puppenhülle bereits sehr früh beobachtet werden kann.
Häufig gestellte Fragen
Nein. Der Falter ist sowohl weit verbreitet als auch in hoher Zahl anzutreffen. Einen Schutzstatus genießt die Art daher nicht.
Wie viele andere Schmetterlinge auch werden die Taubenschwänzchen von Vögeln und anderen Insektenfressern gejagt. Die Raupen selbst werden besonders stark durch Schlupfwespen, Brackwespen und Raupenfliegen als hochspezialisierte Parasitoiden bedroht.
Das Taubenschwänzchen wurde 1758 erstmals durch den bekannten schwedischen Naturforscher Carl von Linné beschrieben und auch so bezeichnet.