Mit einem jährlichen Pro-Kopf-Verzehr von mehr als 20 kg im Jahr, führen Tomaten seit Jahren unangefochten das Ranking der beliebtesten Gemüse an. Gleichwohl lässt das Angebot an Sorten im Einzelhandel seit jeher zu wünschen übrig. Eine eigene Tomatenpflanzung ermöglicht freilich den kulinarischen Streifzug durch neue Züchtungen, traditionelle Sorten und Wildtomaten, gespickt mit aromatischen Überraschungen. Es bedarf keines ausgefeilten Gärtnerwissens, um interessante Spezies auf dem Balkon, im Garten oder Gewächshaus anzubauen. Eine unkomplizierte Anleitung zum Säen und Pikieren geleitet selbst unerfahrene Hobbygärtner durch die Startphase, die völlig zu Unrecht als hoch anspruchsvoll gewertet wird.
Materialliste
Es bedarf nicht vieler Arbeitsmittel, um den Plan vom eigenen Anbau in die Tat umzusetzen.
- Saatgut
- Saatschale oder Torfpresstöpfe
- evtl. ein Zimmergewächshaus
- Anzuchterde
- Pikierstab
- Sprühflasche
Vorbereitung
Samen
Die zwischen 2 und 3 mm langen und 0,5 mm bis 0,8 mm starken Samen erhalten eine Vorbehandlung, um ihre Keimfreudigkeit zu forcieren. Diese Maßnahme ist durchaus sinnvoll, denn – je nach Sorte – weisen sie eine samtige bis zottig behaarte Oberfläche auf, die es gilt aufzuweichen.
- Tomatensamen einen halben Tag in zimmerwarmem Kamillentee einlegen.
- Wahlweise verdünnten Knoblauchsaft im Verhältnis 1:10 verwenden.
Beide Flüssigkeiten beugen zugleich schädlicher Schimmelbildung vor, einer der größten Gefahren bei der Aussaat und Anzucht von Tomaten.
Substrat
Die simpelste und zugleich kostenintensivste Bereitstellung des optimalen Anzuchtmediums stellt handelsübliche Aussaaterde dar. Diese birgt hingegen das Risiko, durch Viren, Pilzsporen oder Insekteneier belastet zu sein. Darüber hinaus kann nicht mit völliger Sicherheit davon ausgegangen werden, dass sie ungedüngt ist. Dieser Aspekt stellt indes eine zentrale Voraussetzung für die gelungene Aussaat dar. Je nährstoffarmer das Substrat, desto emsiger bemühen sich die Keimlinge darum, ein kräftiges Wurzelsystem zu entwickeln, um es auszubreiten auf der Suche nach Stickstoff, Phosphor, Kalium und Spurenelementen. Aussichtsreichere Naturprodukte zum Säen von Tomaten sind:
- Kokosfasern
- Steinwolle
- Perlite oder Seramis
Da Kokosfasern über eine extreme Wasserspeicherfähigkeit verfügen, mischen kundige Hobbygärtner noch ein wenig feinkörnigen Sand unter. Perlite punktet indes mit guter Durchlässigkeit und keiner Verseuchung durch Bakterien oder Schädlinge, weil der Stoff nicht mit Erdreich in Berührung kommt. Darüber hinaus können die Tonschaumkügelchen wiederholt verwendet werden, sodass sich der etwas höhere Anschaffungspreis rasch amortisiert.
Säen im Zimmerkultur
Im Anschluss an die vorbereitenden Arbeiten, wird Ende Februar/Anfang März die Aussaat in Angriff genommen. Die Saatschale, Anzuchttöpfchen oder Torfpresstöpfe werden darauf kontrolliert, ob sie im Boden über kleine Öffnungen als Wasserablauf verfügen. Ist dies nicht der Fall, sorgt eine stärkere Nähnadel für Abhilfe, denn ohne 2 bis 3 kleine Löcher könnte sich im Gefäß Staunässe bilden, was unweigerlich das Absterben der Sämlinge nach sich zieht.
- Das Aussaatgefäß zu 2/3 mit feuchtem Substrat, Kokoshum oder Perlite füllen.
- Die Tomatensamen einzeln im Abstand von 3 cm darauf verteilen.
- Anschließend das verbliebene 1/3 des Behälters, maximal 0,5 cm hoch, befüllen.
- Zuletzt wird das Anzuchtmedium mit Wasser aus der Sprühflasche benetzt.
Wer sich für die Verwendung von Torfpresstöpfen entschieden hat, sät in jeden Topf einen einzelnen Samen. Die Keimlinge von 2 oder 3 Samen würden – sofern sie allesamt sprießen -, ihre zarten Wurzeln derart ineinander verschlingen, dass sie später kaum ohne Verletzungen zu entwirren sind.
Pflege bis zur Keimung
Idealerweise steht für die Behälter mit der Saat ein Zimmergewächshaus zur Verfügung. Einfache Modelle aus Kunststoff sind bereits für unter 10 Euro erhältlich, verfügen über einen Klarsicht-Deckel und eine Einlage aus 24 bis 36 Töpfchen, die immer wieder verwendet werden können. Etwas luxuriöser sind beheizbare Mini-Treibhäuser, die dank einer Heizmatte eine konstante Wärme garantieren und für unter 30 Euro angeboten werden.
- Die Container mit der Aussaat am hellen, warmen Fensterplatz aufstellen.
- Die ideale Keimtemperatur bewegt sich zwischen 18° und 24° Celsius.
- Während der folgenden 10 bis 14 Tage das Anzuchtmedium konstant feucht halten.
- Die Abdeckung täglich für ca. 10 Minuten lüften, damit kein Schimmel entsteht.
Wichtig zu beachten ist, dass die Saat zu keiner Zeit austrocknet. Von einem derartigen Trockenstress, selbst wenn er nur kurzzeitig vorherrscht, erholen sich die Sämlinge nicht mehr.
Pikieren
Nach durchschnittlich 10 Tagen zeigen sich zwei Keimblätter, die signalisieren, dass die Aussaat planmäßig verläuft. Erst wenn sich mindestens 2 echte Tomatenblätter gebildet haben, ist die Zeit für das Pikieren gekommen. Den Unterschied zwischen Keimblättern und ‚echten Blättern‘ erkennt übrigens selbst der unerfahrene Laie auf Anhieb.
- 9-cm-Töpfe mit handelsüblicher Blumen- oder Gemüseerde füllen und anfeuchten.
- Mit dem Pikierstab das Wurzelwerk vorsichtig aus der Erde heben.
- Zu lang geratene Wurzeln mit einer desinfizierten Schere auf 2 cm einkürzen.
- Die Pflänzchen bis zum Blattansatz einsetzen (Rollkragen) und die Erde andrücken.
- Mit dem Pikierstab zuvor kleine Löcher vorbohren, um die Wurzeln zu schonen.
- In der Folge Tomaten und Substrat weiterhin feucht halten, jedoch nicht durchnässen.
Geübte Hobbygärtner, die sich auf die Qualität gekaufter Blumenerde nicht verlassen wollen, mischen die Anzuchterde selbst. Bewährt hat sich ein Gemenge aus Gartenerde (10-30 %), Kompost (20-40 %), Lauberde (30-40 %) sowie scharfem Sand (5-10 %).
In den folgenden 2 bis 3 Tagen ist ein Standort unter voller Sonne zu vermeiden, weil die gestressten Tomatenpflanzen welken könnten. Anschließend dürfen die Jungpflanzen wieder ans Fenster, nun jedoch möglichst nicht mit Ausrichtung nach Süden, weil es dort nun vor allem während der Mittagszeit zu heiß wird.
Pflanzenlampen gegen Vergeilen
Tomaten sind ausgesprochen lichthungrige Pflanzen. Mangelt es im Verlauf von Säen und Pikieren an einer ausreichenden Lichtmenge, neigen die Pflanzen bereits im frühen Stadium der Keimung zum Vergeilen. Das bedeutet, dass sie ihre Triebe in Richtung des Lichtes ausstrecken, während sie glasig, weich und zusehends schwächer werden. Mit diesem Problem sind Hobbygärtner verstärkt während der dunklen Monate Februar und März konfrontiert, sofern sie eine Aussaat im Zimmer vornehmen. Um kompakt wachsende Tomatenpflanzen zu kultivieren, ist folglich die Verwendung von Pflanzenlampen empfehlenswert.
- Kompaktleuchtstofflampen mit blau-weißen Lichtfarben verhindern gezielt ein Vergeilen.
- Preisgünstige Leuchtstoffröhren können dicht über der Aussaat angebracht werden.
- Moderne LED-Pflanzenlampen erzeugen punktuelles Licht mit geringem Energieverbrauch.
Im Fachhandel stehen neben Universal-Pflanzenlampen spezielle Leuchten zur Verfügung, die unterscheiden nach ‚Wachstum‘ (blau-weiß) und ‚Blüte‘ (rot-gelb).
Säen im Freiland
Wer keine Möglichkeit der Aussaat und Anzucht von Tomaten auf der Fensterbank hat, ist deshalb noch lange nicht gezwungen, auf den eigenhändigen Anbau zu verzichten. Ab Mitte Mai bzw. Anfang Juni herrscht selbst in den hiesigen Breiten ein geeignetes Klima, um Tomatensamen unter freiem Himmel zu säen. Diese Methode ist zwar risikoreicher, als im geschützten Umfeld des Zimmers oder Wintergartens, dafür gedeihen die Pflanzen an der frischen Luft umso rascher. Abhängig von der gewählten Sorte, ist eine Ernte bereits ab Mitte/Ende Juli möglich.
- Am geschützten Platz vor einer Südwand das Beet von Unkraut und Wurzeln reinigen.
- Gut verrotteten Kompost oder Lauberde in das Beet einarbeiten.
- Mit dem Spaten eine Rinne ziehen und darin Samen bzw. Saatband einsetzen.
- Das Saatgut anschließend mit gesiebtem Substrat 5 mm hoch bedecken und gießen.
Es ist von entscheidendem Vorteil, wenn die Aussaat im Beet durch ein Tomatenhaus aus Kunststoff-Wellplatten oder einen stabilen Folientunnel geschützt wird. Mit ein wenig handwerklichem Geschick ist der Überbau im Handumdrehen konstruiert, ohne dafür tief in die Tasche greifen zu müssen.
Erfahrene Hobbygärtner, die Zugang zu Stallmist haben, verwenden dieses Material als ’natürliche Heizung‘. Hierzu graben sie das vorgesehene Beet für den Anbau der Tomaten ca. 30 cm tief aus, geben eine dicke Schicht Mist hinein und decken sie mit Erde ab, bevor Gartenkompost bzw. Lauberde folgen.
Pikieren im Freiland
Sofern für das Säen von Tomaten kein Saatband verwendet wurde, ist es unter Umständen erforderlich, die Keimlinge ab einer Wuchshöhe von 10 cm bis 15 cm zu vereinzeln. Idealerweise verbleiben die kräftigsten Pflanzen im Beet in einem Abstand von 75 cm x 75 cm. Stehen sie zu nah beieinander, droht verstärkt die Gefahr von Braunfäule oder Pilzkrankheiten. Ein spezieller Pikierstab ist nun überflüssig, da man die aussortierten Keimlinge schlicht von Hand aus dem Boden ziehen und auf dem Kompost entsorgen kann.
Fazit
Hobbygärtner, die Tomaten anbauen, begeben sich damit auf eine Expedition durch das schier unendliche Spektrum an mannigfaltigen Sorten. Entgegen des Vorurteils, die aromatischen Paradiesäpfel seien anspruchsvoll in der Kultivierung, gelingt die Anzucht selbst der ungeübten Hand. Mittels einer fundierten Anleitung zum Säen und Pikieren, gedeihen innerhalb weniger Wochen die ersten Jungpflanzen. Entscheidende Prämissen für einen gelungenen Anbau sind nährstoffarme Aussaaterde, wohldosierte Wasserzufuhr und eine ausreichende Menge an Licht. Dann werden die Keimlinge bereits nach 3 Wochen zum ersten Mal pikiert und gewinnen permanent an Kraft und Größe.