Die Tomate gehört zu den liebsten Pflanzen, die von Hobbygärtnern zu Hause angebaut werden. Kein Wunder, sind doch Tomaten eigentlich sehr einfach zu ziehen und bringen viel leckere Ernte mit einem Aroma, das bei den Handelstomaten meist nicht zu finden ist. Wenn nur das Ausgeizen nicht wäre! Im nachfolgenden Artikel erfahren Sie, dass Ausgeizen eigentlich ganz einfach ist und dass Sie durchaus auch darauf verzichten können.
Tomaten ausgeizen
Tomaten ausgeizen ist ein bei vielen Tomatenpflanzen erforderliches Hilfsmittel, wenn Sie eine reiche Ernte erzielen möchten. Denn Tomatenpflanzen wachsen von Natur aus eher buschartig. Das bedeutet, dass sie ständig neue Seitentriebe ausbilden, die immer länger werden. Manche Tomatensorten entwickeln Triebe von bis zu vier Metern erreichen. Die schlängeln sich dann natürlich auf dem Boden entlang. Natürlich hält sich ein Trieb mit diesem Gewicht nicht alleine in der Luft. Außerdem steckt eine solche natürlich wachsende Tomatenpflanze ihre ganze Kraft in das Wachstum dieser Triebe, und nicht in die Ausbildung der Früchte. Von denen produziert sie nur so viel, dass die nächste Generation gesichert ist.
Wir möchten jedoch, dass unsere Tomaten ganz anders wachsen, aufrecht in die Höhe und unter Entwicklung möglichst vieler Früchte. Deshalb hindern wir die Tomatenpflanzen daran, ihre natürliche Wuchsform zu entwickeln. Wir zwingen sie stattdessen, einen starken, aufrechten Haupttrieb zu entwickeln, von dem regelmäßig stabile, fruchttragende Seitentriebe abgehen. Dazu müssen Sie die in den Blattachsen ständig neu erscheinenden Jungtriebe regelmäßig entfernen, und das nennt man in Gärtnerkreisen „ausgeizen“.
Ausgeizen kommt von „Geiztriebe entfernen“, und der Begriff Geiz hat sich in der mittelhochdeutschen Sprache aus den Worten für Gier und Habgier entwickelt. Man sah also die sich im Geiz ausdrückende übertriebene Sparsamkeit als eine der Formen, in denen sich Gier äußern kann. Der Geiztrieb ist demgemäß in der Landwirtschaft und im Weinbau der Nebentrieb, der die Entwicklung des Haupttriebes beeinträchtigt. Er saugt der Pflanze „gierig“ den Saft aus – und der wird ausgegeizt.
Richtige Aussaat erspart Arbeit beim Ausgeizen
Ob Sie wenig oder viel Arbeit mit dem Ausgeizen haben werden, hängt maßgeblich davon ab, ob Sie kräftige Jungpflanzen heranziehen, die nicht auf einmal vor lauter Panik (Lichtmangel) lauter kleine Seitentriebe entwickeln.
Die Tomatensamen sollten im warmen Gewächshaus/Fensterbank im Zimmer frühestens Ende Februar in Vorkultur gehen. Im kalten Gewächshaus nicht vor Mitte März, und wenn Sie direkt ins Freie aussäen möchten, sollten Sie mindestens bis Ende März warten. In sehr kühlen Regionen sogar bis nach den Eisheiligen Mitte Mai. Alle Tomatenpflanzen, die früher mit ihrer Entwicklung starten (müssen), werden während des Aufwachsens unter einer zu geringen Lichtstärke leiden und deshalb anfangen, wie verrückt neue Triebe zu bilden.
Nur eine Tomatenpflanze, die bei uns unter ausreichend freundlichen Bedingungen gezogen wird, wächst so gleichmäßig heran, dass Sie durch Ausgeizen einige kräftige Haupttriebe heraussuchen können.
Zeitplan zum Ausgeizen
Wenn die Tomatenpflanzen ins Beet kommen, dürfen sie sich erst kurz akklimatisieren. Dann werden sie aufgebunden. Nun beginnt auch schon das Ausgeizen, normalerweise ab Juni.
Grundsätzlich gilt, dass Sie jeden in den Blattachseln sichtbar werdenden Seitentrieb immer so früh wie möglich ausgeizen sollten. Je kleiner die Wunde der Tomatenpflanze ist, desto schneller schließt sie sich auch wieder, und die Pflanze kann sich wieder um Wachstum kümmern.
Ausgegeizt wird bis in den September hinein. Bis nach der Ernte werden die Tomatenpflanzen nicht aufhören, Konkurrenztriebe zum Haupttrieb wachsen zu lassen.
Geiztrieb oder Fruchttrieb
Wer sich das erste Mal mit dem Ausgeizen beschäftigt, äußert regelmäßig die Befürchtung, mehr Fruchttriebe als Geiztriebe zu entfernen.
Dabei kann das überhaupt nicht passieren, denn Sie können einen Geiztrieb nie mit einem Blütentrieb verwechseln. Die Geiztriebe erscheinen nämlich wirklich ganz ordentlich nur in den Blattachseln, also genau an der Stelle, wo von einem Trieb aus ein anderer Trieb ansetzt und zu wachsen beginnt.
Die Blütentriebe entwickeln sich dagegen niemals in einer Blattachsel (wie sollten sie da auch eine Tomate entwickeln können, ist ja gar kein Platz), sondern direkt am Ende eines Triebes, sie wachsen gerade nach vorne heraus.
Tomaten richtig ausgeizen
Nachdem Sie jetzt wissen, (ab) wann Sie ausgeizen sollten und was Sie wegnehmen müssen, erfahren Sie jetzt, wie Sie die Tomaten am besten ausgeizen:
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Geiztriebe früh entfernen
- bis sie etwa 3 bis 5 cm lang sind, dürfen Sie warten
- ersten Geiztriebe sind noch ziemlich weich
- am besten zwischen zwei Fingernägeln abknipsen
- Ältere Geiztriebe am besten ausbrechen
- sind Geiz-Triebe aus Versehen zu alt und damit sehr fest und hart, können Sie auch Messer oder Schere einsetzen
- entfernten Stängel färben und riechen
- das Tragen von dünnen Einmalhandschuhen empfiehlt sich
- als Alternative Hände gut eincremen, Tomaten-Farbstoff lässt sich dann leichter abwaschen
- verwenden Sie ein Werkzeug oder die Fingernägel, zwischen zwei Tomatenpflanzen eine Wäsche einlegen, sonst könnten Viruserkrankungen übertragen werden
- Tomaten an einem warmen, trockenen Tag ausgeizen
- dann schließen sich die Wunden der Pflanze am schnellsten
- etwa einmal in der Woche das Ausgeizen auf den Arbeitsplan setzen
- beste Zeit zum Ausgeizen morgens
Tipps rund ums Tomaten ausgeizen
- ausgegeizte Triebe weiterverwenden
- aus diesen Ablegern neue Tomatenpflanzen ziehen
- kleine Triebe in Töpfe setzen und Nachbarn sowie Freunde mit Tomatenpflanzen versorgen
- die aus ihnen herangezogenen Tomaten meist noch in der aktuellen Saison erntereif
- Geiztriebe zunächst in ein Wasserglas stellen
- nach ungefähr einer Woche haben sich Wurzeln ausgebildet
- dann in die Erde
- entfernten Triebe zum Mulchen verwenden
Nachteile des Ausgeizens von Tomaten
Durch das Ausgeizen erzielen Sie in aller Regel eine höhere Ernte. Es hat aber auch Nachteile, die nicht verschwiegen werden sollen:
- Tomaten mit Rankhilfen stabilisieren, damit sie senkrecht wachsen
- Gärtner lehnen diesen unnatürlichen Wuchs ab
- halten das Ausgeizen für ökologisch nicht vertretbar, übersehen jedoch, dass die Tomate nicht zu unserem ökologischen Umfeld gehört
- Nach anderer Meinung ist das Ausgeizen schädlich, weil es Wunden verursacht
- jede Wunde ist eine Eintrittspforte für Keime
Insgesamt kann es für Feinschmecker eine Option sein, auf das Ausgeizen zu verzichten:
Sie zwingen hier die Pflanze dazu, einen kräftigen Haupttrieb statt Dutzender Triebe zu entwickeln. An diesem Haupttrieb wachsen dann wenige und große Früchte. Wenn Sie die Tomaten natürlich wachsen lassen, werden Sie mehr und kleinere Früchte entwickeln. Wenn diese heranreifen, könnten das wahre Aromapakete werden. Allerdings ist das in unserem Klima schwierig. In eher kühlen Lagen können die Tomaten häufig während der Saison nicht ausreifen .
Sie könnten jedoch auf das Ausgeizen verzichten und die Tomate am Boden in die Breite wachsen lassen. Das könnte ein Vorteil für die Pflanze sein, weil Tomatenpflanzen eigentlich nicht darauf ausgelegt sind, in die Höhe zu wachsen und dort starke Triebe auszubilden. Eigentlich wollen sie in die Breite wachsen und sollen stärkere Triebe entwickeln, wenn sie das dürfen. Je nach Sorte ist es also vielleicht durchaus einmal einen Versuch wert, auf das Ausgeizen zu verzichten. Erproben Sie was die Tomate bei natürlichem Wuchs an Früchten hervorbringt.
Diese Tomatensorten besser nicht ausgeizen
Bei einigen Sorten wird ohnehin empfohlen, auf das Ausgeizen zu verzichten:
- Eigentlich werden immer nur alle „Stabtomaten“ ausgegeizt, also für einen Wuchs an einem Spalier geeigneten Sorten.
- Diese werden auch häufig im Gewächshaus gezogen, wo das Ausgeizen und Aufbinden auch der guten Belüftung dient und so Pilzkrankheiten vorbeugt.
- Bei Strauchtomaten ist das buschige Wachstum aber gerade das Ziel, bei ihnen entfällt also das Ausgeizen entfällt folglich bei diesen Sorten.
- Auch alle Sorten, die sich Buschtomaten, Cocktailtomaten oder Partytomaten nennen, müssen nicht ausgegeizt werden.
- Zu diesen Sorten gehören auch die meisten „Wildtomaten“, „Johannisbeer-Tomaten“ wie die „Rote Murmel“ oder „Golden Current“ und die Balkontomaten-Sorten.
- Weil diese Sorten bei uns ganz natürlich und ohne ausgeizen wachsen können, und die kleinen Früchte trotzdem ausreifen, werden sie auch immer beliebter.
Fazit
Tomaten ausgeizen ist wirklich kein Geheimnis. Es ist jedoch durchaus möglich, darauf zu verzichten, am besten durch Auswahl einer neuen Tomatensorte. Strauchtomaten müssen Sie niemals ausgeizen. Worauf Sie auf keinen Fall verzichten sollten, ist die parallel zum Ausgeizen erforderliche Pflege, von eventueller Hilfe bei der Befruchtung über Bewässerung und Düngung bis hin zur Abwehr von Pilzen und Schädlingen.