Wer kennt sie nicht, die großen, apfelartigen, orangeroten bis korallenroten Beeren der Eberesche, die sogenannten Vogelbeeren. Sie sind äußerst dekorativ und für Vögel und Insekten eine wertvolle Futterpflanze. Auch in der Mythologie spielen sie eine besondere Rolle. Bis heute hält sich die Meinung hartnäckig, dass man Vogelbeeren nicht essen kann. Aber entspricht das der Wahrheit oder ist es nur Aberglaube?
Essbar oder giftig?
Im botanischen Sinne sind die farbenprächtigen, kugeligen Beeren der Eberesche (Sorbus aucuparia) Apfelfrüchte. Meist hängen sie bis in den Winter hinein in dichten Dolden am Baum. Das Vorurteil über die Giftigkeit der Vogelbeeren und dass man sie nicht essen kann, ist weit verbreitet. Bestärkt wird dieser Irrglaube dadurch, dass die Beeren roh sehr bitter schmecken. Aber genau das Gegenteil ist der Fall.
- Vogelbeeren sind nicht giftig
- Voll ausgereift, gekocht und/oder gut durchgefroren, essbar
- Im rohen Zustand ungenießbar und unverträglich
- In höheren Dosen roh verzehrt, schwach giftig
- Sowohl für Menschen als auch Haustiere
- Parasorbinsäure, für bitteren Geschmack verantwortlich
- Wird beim Kochen und durch Frosteinwirkung weitestgehend zerstört
- Wandelt sich in Sorbinsäure um
- Bitterer Geschmack verschwindet
- Früchte danach bedenkenlos essen
Wichtigste Inhaltsstoffe
Die enthaltene Parasorbinsäure ist maßgeblich für den unangenehmen Geschmack verantwortlich. Besonders viel davon befindet sich in den Kernen, von denen jede Beere etwa drei Stück besitzt. Neben Parasorbinsäure enthalten sie viele Vitamine, insbesondere Vitamin C und das Provitamin A, sowie Mineralstoffe, Spurenelemente, sekundäre Pflanzenstoffe, ätherische Öle, Ballaststoffe wie z.B. Pektin, Anthocyane (Pflanzenfarbstoffe) und Sorbit.
Roh für Menschen und Haustiere unverträglich
Unverträglichkeiten treten nur beim Verzehr größerer Mengen roher und unreifer Beeren auf. Beim Menschen können Übelkeit, Erbrechen, Schmerzen im Unterbauch und Durchfall sowie rauschartige Zustände und Reizungen der Schleimhäute auftreten. Erst Hilfemaßnahmen sind aber meist nicht erforderlich. Besonders gefährdet sind Kinder und Haustiere. Kinder sollten am besten komplett auf den Genuss von Vogelbeeren verzichten. Für Hunde gelten die rohen Beeren als schwach giftig. Auch hier können Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Speicheln auftreten.
Ernte der Beeren
Die leuchtend roten Früchte der Eberesche sind ab Ende August nicht mehr zu übersehen. Sie hängen in großen Dolden am Baum und bleiben auch bei Vögeln und Insekten nicht unbemerkt.
- Bevor es ans Ernten geht, Früchte probieren
- Gehalt an Bitterstoffen kann von Jahr zu Jahr variieren
- Extrem bitterer Geschmack verschwindet beim Kochen nicht vollständig
- Erntereif, wenn Beeren intensiv orangerot oder rot sind
- Voll ausgereifte Früchte leicht vom Stängel zu lösen
- Nach dem Ernten zügig verarbeiten
- Bei zwischenzeitlicher Lagerung schnell trocken und schrumpelig
Nach kühlen und sonnenarmen Sommern kann sich der Erntezeitpunkt bis in den Oktober hinein verschieben. Das ist aber nicht schlimm, ganz im Gegenteil, denn lässt man die Früchte bis nach dem ersten Frost hängen, kann das, wie bereits erwähnt, den herb-bitteren Geschmack deutlich mildern, sie werden süßer. Je länger sie durchfrieren, desto besser schmecken sie.
Vielfältige Verwendungsmöglichkeiten
In der Ernährung
Wer Vogelbeeren essen möchte, sollte sie zuvor entsprechend zubereiten z.B. zu leckeren Marmeladen, Gelees und Kompott sowie Saft oder alkoholische Spezialitäten wie Likör und Vogelbeerbrand. Aber auch als Bestandteil von Smoothies oder als Soßeneinlage. Zusammen mit Quitten, Birnen oder Äpfeln lässt sich ein schmackhaftes Vogelbeermus zaubern.
Liebhaber der indischen Küche können ein leckeres Chutney daraus herstellen. Zudem passen sie sehr gut zu Wildgerichten. Denkbar ist auch die Verwendung als Zutat in Kuchen und Gebäck. Nutzen kann man auch die getrockneten Beeren, beispielsweise für einen wärmenden Früchte- oder Kräutertee. Wie beim Frosten und Kochen soll sich auch beim Trocknen die Parasorbinsäure verflüchtigen.
In der Heilkunde
Man kann Vogelbeeren nicht nur essen, sondern von ihnen geht auch eine gewisse Heilwirkung aus. Aufgrund des hohen Vitamin C-Gehaltes wurden sie früher häufig gegen Skorbut (Vitamin-Mangelkrankheit) eingesetzt. Sorbit wurde als Zuckerersatz für Diabetiker gewonnen. Das Provitamin A wirkt als Antioxidant und verleiht den Früchten ihre intensive Farbe. Auch heute noch nutzt man ihre Inhaltsstoffe bei verschiedensten Beschwerden wie z.B. Rheuma, Gicht, Nierenerkrankungen oder Bronchitis.
So kann das Kauen frischer roher Beeren gegen Verstopfung helfen. Im Gegensatz dazu helfen die getrockneten Früchte bei Durchfall. Zudem sollen sie ein sehr probates Mittel gegen Heiserkeit, Mandelentzündungen und Stoffwechselprobleme sein und den Körper entwässern. Auch in der Tiermedizin kommen sie zum Einsatz, beispielsweise als Mittel gegen den sogenannten Ziegen- oder Schweinerotlauf.
Verwechslungsgefahr
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Verwechslungsgefahr mit dem Speierling
- In Wuchsform, bei Blättern und Früchten, beide sehr ähnlich
- Deutliche Unterschiede bei Borke, Knospen und Früchten
- Vogelbeere hat eine glatte Borke
- Ist roh ungenießbar
- Knospen sind schwarzbraun und behaart
- Rinde des Speierlings kleinschuppig-rissig
- Früchte klein, apfel- oder birnenförmig
- Bräunlich-grün und sonnenseits rötlich
- Rohverzehr der Beeren möglich
- Knospen des Speierlings grünbraun
Essbare Sorten
Sorbus aucuparia ‚Edulis’/Mährische Eberesche
Die Mährische Eberesche präsentiert sich von Mai bis Juni in einer wunderschönen, strahlend weißen Blütenpracht. Die verströmt einen zarten, angenehmen Duft. Aus den, in flachen Rispen angeordneten Blüten, entwickeln sich äußerst dekorative, leuchtend korallenrote, große, runde Beeren. Die sind essbar und ab August erntereif. Aufgrund dessen, dass sie weniger Gerbsäure als andere Sorten enthalten, sind sie weniger bitter. Sie eignen sich vor allem zur Herstellung von Gelee, Marmelade und Kompott.
Sorbus aucuparia ‚Rosina‘
Auch diese Eberesche erfreut ihre Besitzer im Frühjahr mit einer reichen Blütenpracht, die eine Vielzahl nützlicher Insekten anzieht. Die Beeren sind groß bis sehr groß und besitzen eine intensiv orangerote Färbung. Sie erscheinen etwa Ende August und bieten sich u.a. zur Zubereitung von Likör und Kompott aber auch zum Entsaften an.
Sorbus aucuparia ‚Konzentra‘
Die strahlend weißen Blüten sind auch bei dieser Sorte das Erste, was ins Auge fällt. Die orangeroten Beeren sind etwas kleiner als die der Sorte ‚Rosina‘, enthalten dafür aber doppelt so viel Vitamin C. Geerntet werden können sie von Ende August bis Anfang Oktober. Sie lassen sich gut zur Saftgewinnung sowie zur Herstellung von Gelees, Marmeladen oder Likören verwenden.